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Politik

Bei Idlib stellt sich Lawrow taub

Fabian von der Mark
14. September 2018

Bei seinem Berlin-Besuch hört der russische Außenminister, was Deutschland in Syrien erwartet, und warum Russland besser darauf eingehen sollte. Sergej Lawrow wirkt nicht überzeugt.

Deutschland russischer Außenminister Sergej Lawrow in Berlin
Bild: Getty Images/AFP/O. Andersen

Geschlagene 45 Minuten spricht Sergej Lawrow unter prächtigen Kronleuchtern im Hotel Adlon über die "jetzige Situation", über die "globale geopolitische Landschaft" und über "vertrauensbildende Maßnahmen". Syrien erwähnt er dabei mit keinem Wort. Dabei droht dort ein Blutbad, Berlin drängt Moskau seit Wochen, den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zu bremsen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich dazu bereits mit Präsident Waldimir Putin getroffen und Außenminister Heiko Maas war dazu in Moskau.

Deutschland will einen Großangriff auf die letzte syrische Rebellenhochburg Idlib vermeiden und sich nur am Wiederaufbau Syriens beteiligen, wenn Assad nicht "einfach so" im Amt bleibt. Im Hotel Adlon fragt nach einer Stunde der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter, was Russlands Außenminister denn zu den Themen Idlib und Wiederaufbau sage.

Roderich Kiesewetter (CDU): "Die Frage, wie er sich den Wiederaufbau vorstellt, hat Lawrow nicht ausreichend beantwortet."Bild: picture-alliance/dpa/S. Pilick

Hört Assad auf Moskau?

Lawrow nutzt die Frage eher als Stichwort, um seine ganz eigene Sicht auf Idlib zu offenbaren. Einen Giftgaseinsatz würden, wenn überhaupt, nur die Rebellen planen. In Zusammenarbeit mit der Hilfsorganisation Weißhelme würden sie an einer "Inszenierung" arbeiten. Es gebe aber "keinen einzigen Nachweis", dass sich die syrische Regierung auf einen Chemiewaffen-Einsatz vorbereite.

Roderich Kiesewetter ist nicht zufrieden mit der Antwort, sagt er danach der DW. "Mir kommt es schon darauf an, dass Russland auch international deutlicher macht, dass man von Assad erwartet, keine Fassbomben und keine Chemiewaffen auf die eigene Bevölkerung zu werfen. Diese Chance hat er hier leider verspielt." Zuletzt hatte es im April in Ost-Ghouta einen Giftgaseinsatz gegeben, den die USA, Großbritannien und Frankreich Assad zugeschrieben hatten.

Rund drei Millionen Menschen leben in der syrischen Region Idlib, darunter eine Million Kinder, aber auch zehntausende Kämpfer und Terroristen. Es ist die letzte Region Syriens, die Assad noch nicht unter seiner Kontrolle hat. Deutschland fürchtet, dass er mit einer Großoffensive viele Zivilisten töten und eine neue Flüchtlingsbewegung auslösen könnte. Russland, das in Syrien an der Seite Assads kämpft, so die Einschätzung von Diplomaten, könnte dies noch verhindern.

Mit improvisierten Gasmasken bereiten sich Kinder in Idlib auf mögliche Angriffe vorBild: Getty Images/AFP/M. Haj Kadour

Wiederaufbau ohne Assad?

Beim Deutsch-Russischen Forum im Hotel Adlon klingt Lawrow nicht, als habe er das deutsche Anliegen verstanden. Außenminister Maas aber legt bei seinem Treffen im Außenministerium nach. Maas und Lawrow sind freundlich zueinander, aber Maas macht auch klar, dass es in Idlib nicht so sein kann, dass "zigtausende" Menschen einfach sterben müssten, weil sie "zur falschen Zeit am falschen Ort" seien. Der SPD-Politiker fordert Russland auf, seinen Einfluss auf Assad zu nutzen.

Beim Thema Wiederaufbau liegen Deutschland und Russland vielleicht noch weiter auseinander. Man brauche "nicht drum herum zu reden, dass wir da noch nicht einig sind", so Maas. Deutschland wolle sich nur am Wiederaufbau beteiligen, wenn in Syrien ein politischer Neuanfang gemacht würde. Mit Demokratie und ohne Assad. Jedenfalls kann sich Maas "beileibe nicht vorstellen", dass die Syrer, Vertriebene und Geflüchtete eingeschlossen, sich am Ende in freien Wahlen für Assad entscheiden würden.

Für Kiesewetter ist am Ende des Lawrow-Besuchs nicht ganz klar, ob Moskau sich seiner Situation in Syrien bewusst ist. "Russland droht dort ein Vietnam", sagt der CDU-Politiker der DW. Das Land habe sich verzettelt und drohe sehr viel internationale Reputation zu verlieren. Aus Berlin sollte Lawrow seiner Meinung nach mitnehmen, "dass es darauf ankommt, zu kooperieren, abzurüsten und auf den Iran genauso wie auf Assad einzuwirken". Noch ist es nicht zu spät.

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