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Macht und Ohnmacht der Europäer in Burundi

Antonio Cascais21. Mai 2015

In Burundi werden die Parlaments- und Kommunalwahlen verschoben. Der Opposition reicht das aber nicht, ihr geht es vor allem um den Machthunger von Präsident Nkurunziza. Wer kann die Lage im Land beruhigen?

Bujumbura Burundi Protest Gewalt (Foto: epa)
Bild: picture-alliance/D. Kurokawa

Die Nachricht, die an diesem Mittwoch in der burundischen Hauptstadt Bujumbura die Runde macht, kam für viele Beobachter wenig überraschend: Die für kommende Woche geplanten Parlaments- und Kommunalwahlen werden um zehn Tage auf Anfang Juni verschoben. "Die Burundier sind am 5. Juni zu den Wahlen der Kommunal- und Regionalparlamente aufgerufen", ließ Präsident Pierre Nkurunziza mitteilen. Er habe sich damit einer Empfehlung der Wahlkommission angeschlossen, hieß es, und gehe auf Forderungen der Opposition sowie der internationalen Gemeinschaft ein.

Doch seine Gegner sind alles andere als zufrieden. Eine Woche Aufschub sei nicht genug, um faire, freie Wahlen abzuhalten, sagt Agathon Rwasa von der Oppositionspartei FNL. "Leider versucht der Präsident immer wieder uns zu veralbern. Wie kann er die Wahlen um ein paar Tage verschieben, wenn er doch genau weiß, dass auch dann die Straßen nicht sicher sein werden?". Außerdem würden Oppositionelle gezielt am Wahlkampf gehindert. "Gestern haben einige unserer Mitstreiter versucht, im Süden des Landes Kampagnenmaterial zu verteilen. Dabei wurden sie festgenommen", so Agathon.

Man hoffe, auch die Oppositionsparteien würden "die extra Zeit zu ihrem Vorteil nutzen", kommentierte dagegen der Sprecher der regierenden CNDD-FDD, Daniel Gelase Ndabirabe, den neuen Wahltermin. Auch den Bürgern käme der Aufschub zu Gute, so könnten sie sich besser über die Wahlen informieren.

Druck aus Europa - und aus Afrika

Mehr Zeit für Wahlkampf und Vorbereitung? Julia Grauvogel, wissenschaftliche Mitarbeiterin am GIGA-Institut für Afrika-Studien in Hamburg, ist sich sicher, dass der Druck aus dem Ausland, und vor allem aus Europa, entscheidend für die Verschiebung der Wahlen war. "Die Finanzierung der Wahlen durch die westlichen Länder spielt eine große Rolle. Verschiedene Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 90 Prozent des Budgets von internationalen Gebern kommt. Das heißt, die Entscheidung Belgiens aber auch der Niederlande und der Schweiz, diese Gelder zurückzuziehen, hat auf jeden Fall Folgen für Burundi."

Julia Grauvogel vom GIGA-InstitutBild: GIGA/Marein Kasiske

Tatsächlich hatte der internationale Druck auf Nkurunziza, die Wahlen zu verschieben, zuletzt zugenommen. Nicht nur in Europa, sondern vor allem in Afrika selbst. Auch die Ostafrikanische Gemeinschaft (EAC) und die Vertreter der Region der Großen Seen in Afrika drängten die Regierung in Bujumbura zu diesem Schritt.

Was wird aus der Präsidentschaftswahl?

Allerdings hat die Staatsführung in Burundi bislang keinerlei Angaben dazu gemacht, ob auch die für den 26. Juni angesetzte Präsidentschaftswahl verschoben wird. Das sei die eigentlich wichtige Frage, sagt Julia Grauvogel vom GIGA, denn die wochenlagen Proteste, gegen die die Polizei mit großer Härte vorgegangen war, richteten sich vor allem gegen Nkurunzizas Kandidatur für eine dritte Amtszeit als Staatschef. Seine Gegner sehen darin einen Verstoß gegen die Verfassung, denn die sieht nur zwei Amtszeiten vor. "Es ist schwer zu sagen, ob jetzt auch die Präsidentschaftswahlen verschoben werden", betont Grauvogel und gibt zu bedenken, dass so eine Entscheidung Nkurunziza als Präsidentschaftskandidat schaden würde. "Ich glaube, dass er andere Optionen in Erwägung zieht, bevor er sich für eine Verschiebung der Präsidentschaftswahlen entscheidet."

Präsident zurück im Amt: Pierre NkurunzizaBild: Reuters/G. Tomasevic

Was sagt Deutschland?

Auch die deutsche Politik beobachtet die Entwicklungen in Burundi kritisch. Die bloße Verschiebung der Parlamentswahlen um zehn Tage werde auch in Berlin als nicht ausreichend erachtet, den inneren Frieden in Burundi wieder herzustellen, meint die GIGA-Expertin. "Außenminister Steinmeier hat in einem Brief an Nkurunziza, aber auch an die Präsidenten der Region, seine Beunruhigung zum Ausdruck gebracht und auch angedeutet, dass Entwicklungsgelder an Burundi eingefroren werden könnten, wenn es nicht zur Befriedung der Region kommt, wenn nicht Demokratie und Rechtsstaatlichkeit eingehalten würden".

EU-Abgeordnete nimmt die AU in die Pflicht

"Die Europäische Union hat ein großes Druckmittel gegen die Machthaber in Burundi in der Hand und sollte es auch nutzen", meint die sozialistische Europa-Abgeordnete Ana Gomes. Sie Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte. Dieses Druckmittel sei das Geld, das im Zuge der Entwicklungszusammenarbeit sowie im Rahmen des Cotonou-Abkommens aus Europa nach Burundi fließt. Aktuell sei eine Präsidentschaftswahl in Burundi unter Beteiligung des jetzigen Präsidenten einfach nicht vertretbar und das müsse der Führung in Bujumbura auch deutlich vermittelt werden. "Ich denke, sowohl die EU-Außenbeauftragte als auch der für die Entwicklungszusammenarbeit zuständige Kommissar sollten sich koordinieren und eindeutige Botschaften an die Regierung Burundis richten. Dabei sollten sie sich auch mit ihren Kollegen von der Afrikanischen Union koordinieren. Mehr denn je ist es wichtig, dass die Afrikanische Union Verantwortung übernimmt und angemessen reagiert."

Die EU-Abgeordnete Ana GomesBild: Europäische Union - Referat Audiovisuelle Medien

Auch Julia Grauvogel vom Hamburger GIGA-Institut setzt in der Burundi-Krise auf eine "afrikanische Lösung". Vor allem die Länder in Ostafrika sieht sie in der Pflicht. Die westlichen Länder, auch die EU, sollten sich ihrer Meinung nach auf unterstützende Maßnahmen der "diplomatischen Bemühungen innerhalb der Region" beschränken. Das habe bereits beim Friedensabkommen von Arusha aus dem Jahr 2000 funktioniert.

In Burundi gab es am Mittwoch wieder neue Proteste der Regierungsgegner. In der Hauptstadt Bujumbura gingen nach Berichten der Nachrichtenagtentur AFP tausende Menschen auf die Straße. Soldaten gaben Schüsse ab und setzten Tränengas ein. Mindestens ein Mensch soll getötet worden sein. Seit Ende April kamen bei gewalttätigen Zusammenstößen mehr als 20 Menschen ums Leben.

Mitarbeit: A. Lattus, A. Niyirora

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