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PolitikAfrika

Elfenbeinküste: Lösung in Aussicht?

13. November 2020

In der Republik Elfenbeinküste gibt es erste Anzeichen für einen Ausweg aus der Regierungskrise. Doch angesichts von Straßenkämpfen mit mehr als 80 Toten und inhaftierten Oppositionellen ist der Weg zur Aussöhnung weit.

Elfenbeinküste Abidjan | Präsident Ouattara und Ex-Präsident Henri Konan Bedie
Hoffnung auf Dialog: Präsident Ouattara und Ex-Präsident Bédié nach ihrem Treffen am MittwochBild: Luc Gnago/REUTERS

Der Ort der Begegnung war symbolträchtig: Das Golfhotel von Abidjan, de facto Hauptstadt der Elfenbeinküste, bot die Kulisse für eine erste Annäherung zwischen Alassane Ouattara und Henri Konan Bédié. Ersterer ist amtierender und nach offiziellen Angaben wiedergewählter Präsident der Elfenbeinküste, Letzterer ist Ex-Präsident und Herausforderer, der das Ergebnis der Wahlen vom 31. Oktober nicht anerkennen will und einem Übergangsrat vorsteht. Von einem Treffen, um das Vertrauen wiederaufzubauen und den Frieden zu sichern, sprach Ouattara im Anschluss. Und Konan Bédié erklärte: "Wir haben die Mauer des Schweigens gebrochen." In Zukunft wolle man sich öfter treffen und telefonieren.

Viel steht auf dem Spiel: Es gilt, eine Krise zu lösen, die für viele nicht wenige Menschen im Land Erinnerungen an die umkämpften Wahlen 2010 hervorruft. Damals hatte Ouattara monatelang aus dem komplett eingeschlossenen Hotel regiert. Der Gegner hieß damals Laurent Gbagbo, Konan Bédié hatte Ouattara in der Stichwahl unterstützt und harrte mit ihm im Golfhotel aus. Die Bilanz damals: Bis zu 3000 Tote nach erbitterten Kämpfen zwischen nationaler Armee und Milizen. 

Schlechte Erinnerungen

Auch wenn eine Wiederholung des offenen Bürgerkriegs von 2010 bislang ausgeblieben ist - Bevölkerung und Beobachter sind alarmiert angesichts der seit August anhaltenden Unruhen im Land. Rund 10.000 Menschen sind nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) bereits in die Nachbarländer geflüchtet. "Unter ihnen sind Menschen, die schon einmal vor der Gewalt nach den Wahlen 2010 geflohen sind", sagt Fatoumata Lejeune-Kaba, Leiterin des UNHCR-Regionalbüros Westafrika, im DW-Interview. "Da ist dieses Trauma, diese schlechte Erinnerung. Und sie haben es vorgezogen, in die Nachbarländer zu fliehen, anstatt abzuwarten, dass sich die Situation verschlimmert."

Bei gewaltsamen Zusammenstößen sind in der Elfenbeinküste bislang mindestens 85 Menschen ums Leben gekommenBild: Sia Kambou/AFP/Getty Images

Schon im Vorfeld der Wahlen hatten die Spannungen im Land zugenommen. Verschärft wurde die Lage durch Ouattaras Entscheidung, ein drittes Mal zu kandidieren, nachdem sein designierter Nachfolger Amadou Gon Coulibaly im Juli verstorben war. Die Verfassung erlaubt Präsidenten nur zwei Amtszeiten. Schließlich rief die Opposition zum Boykott der Wahlen auf, Henri Konan Bédié wurde Präsident eines Nationalen Übergangsrats. Nicht wenige werfen ihm allerdings vor, dadurch selbst den Verfassungsbruch vollzogen zu haben. Kaum war die Wahl gelaufen, wurde Konan Bédié unter Hausarrest gestellt.

Kompromiss dringend gesucht

Die Positionen sind verhärtet. Dass es keine zwei Wochen nach der Wahl zum Treffen der Kontrahenten gekommen ist, sei nicht zuletzt internationalen Bemühungen um eine Schlichtung zu verdanken, die schon lange vor der Wahl begannen, heißt es aus informierten Kreisen in Abidjan. Gerade der Regionalbund ECOWAS habe hier eine wichtige Rolle gespielt. "Es ist bedauerlich, dass Ouattara erst jetzt bereit ist, zu verhandeln, nachdem so viele Menschen gestorben sind", sagt Samba David von der Bürgerrechtsbewegung "Die Empörten" im DW-Gespräch. "Aber besser spät als nie."

Einer der inhaftierten Oppositionspolitiker: Pascal Affi N'Guessan, Chef der ivorischen Volksfront (FPI)Bild: Luc Gnago/REUTERS

Doch noch scheinen die Position unvereinbar. So ist eine der zentralen Forderungen der Opposition bisher weitgehend verhallt: Die Freilassung politischer Häftlinge, unter ihnen Bédiés Nummer zwei Maurice Kakou Gikahué und Pascal Affi N'Guessan, der für die Ivorische Volksfront (FPI) ins Rennen um die Präsidentschaft gegangen war und erst seit vergangener Woche in Haft ist.

"Wenn Ouattara bereit ist, mit Bédié als Präsidenten des Übergangsrats zu verhandeln, warum bleiben Guikahué, Affi N'Guessan und ihresgleichen in Haft?", fragt Samba David. "Ich erkenne in seinen Aussagen Unstimmigkeiten und eine fehlende Aufrichtigkeit." Weitere Minimalforderungen der Opposition: Aufhebung des Hausarrests und die sichere Rückkehr in die Elfenbeinküste für weitere ihrer Mitstreiter. Außerdem sollen die anstehenden Parlamentswahlen verschoben werden, um allen Seiten eine ausreichende Vorbereitung zu ermöglichen.

Symbolisches Treffen ein Anfang

Auch die Opposition müsse Zugeständnisse machen, schätzt der Soziologe und politische Analyst Fahiraman Rodrigue Koné: "Aus institutioneller Sicht ist der Nationale Übergangsrat problematisch, weil er jedes legalen Rahmens entbehrt. Außerdem dürfte die Hebelwirkung seiner Forderungen gering sein, wenn man sich die tatsächlichen Machtverhältnisse ansieht." Mit anderen Worten: Ouattaras Gegner werden erst einmal akzeptieren müssen, dass eine Lösung nur unter ihm als Präsident zustande kommen wird. 

Auf dieser Basis, vermuten Beobachter, sei das Regierungslager zu großen Eingeständnissen bereit. Wichtig ist für Analyst Koné vor allem, dass Brücken gebaut werden, die Gespräche überhaupt möglich machen. In dieser Hinsicht könnte die symbolische Begegnung im Golfhotel tatsächlich ein wichtiger Anfang gewesen sein: Denn die ethnische Gewalt, die von dem politischen Tauziehen angetrieben wurde, droht sich zu verselbständigen. Doch jetzt haben sich die Kämpfe erst einmal gelegt. So könnte es gelingen, die Krise doch noch auf politischer Ebene zu lösen.

Mitarbeit: Julien Adayé, Reliou Koubakin, Georges Ibrahim Tounkara

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