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PolitikGuatemala

Machtkampf um Stichwahl in Guatemala geht in neue Runde

13. Juli 2023

Nach wochenlangem Gezerre hat das oberste Wahlgericht in Guatemala das angezweifelte Ergebnis der Wahl vom 25. Juni endlich bestätigt. Doch nun funkt ein Sonderstaatsanwalt dazwischen.

Das Oberste Wahlgericht bei der Präsentation
Das oberste Wahlgericht bestätigte auf einer Pressekonferenz das WahlergebnisBild: Johan Ordonez/AFP/Getty Images

In Guatemala hat das oberste Wahlgericht den Weg für eine Stichwahl zur Präsidentenwahl im August freigemacht und damit versucht, eine Reihe juristischer Manöver nach der ersten Wahlrunde zu beenden. Bei der Abstimmung am 25. Juni hatte sich neben Favoritin Sandra Torres von der zentristischen Partei UNE unerwartet Bernardo Arévalo de León von der linken Bewegung Semilla für eine Stichwahl qualifiziert. Torres ist die Ex-Frau des ehemaligen Präsidenten Alvaro Colom und Arévalo ist der Sohn des reformorientierten ehemaligen Präsidenten Juan Jose Arévalo. Im ersten Wahlgang erhielt Torres 15,86 Prozent der Stimmen und Arévalo 11,77 Prozent, das waren die höchsten Werte von 22 Kandidaten.

Bernardo Arévalo de León und Sandra Torres Bild: AP/Picture alliance;NurPhoto/imago

Rechtsgerichtete und rechtsextreme Kandidaten verloren dagegen deutlich. Auch der Kandidat der konservativen Vamos-Partei des amtierenden Staatspräsidenten Alejandro Giammattei bekam nur wenige Stimmen. Das Wahlergebnis wurde von Wahlverlierern wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten angefochten. Das Resultat sei aber nun offiziell gültig, sagte Mario Velazquez, Generalsekretär des Obersten Wahlgerichts.

Sollte die Stichwahl wie geplant am 20. August stattfinden, würde das zentralamerikanische Land, das von Armut, Korruption und Bandengewalt heimgesucht wird, erstmals seit mehr als einem Jahrzehnt einen linksgerichteten Präsidenten oder eine linksgerichtete Präsidentin bekommen.

Ein Sonderstaatsanwalt interveniert

Gleichsam in letzter Minute scheint nun ein Sonderstaatsanwalt einen Strich durch die Rechnung zu machen. Denn der Staatsanwalt für Korruptionsbekämpfung, Rafael Curruchiche, gab bekannt, dass ein Strafgericht auf seinen Antrag hin die Partei Semilla des zweitplatzierten Kandidaten Bernardo Arévalo de León von Arévalo disqualifiziert und ihren Rechtsstatus aufgehoben habe. Curruchiche begründete dies mit Unregelmäßigkeiten bei der Unterschriftensammlung zur Zeit der Gründung der relativ jungen Partei.

Steht selbst unter Korruptionsverdacht: Sonderstaatsanwalt Rafael CurruchicheBild: Moises Castillo/AP/picture alliance

In einem Video erklärte er, dass im Mai 2022 ein Bürger berichtet habe, dass seine Unterschrift fälschlicherweise in die Unterschriftensammlung von Arévalos Partei hinzugefügt wurde. Eine Untersuchung der Staatsanwaltschaft habe zudem ergeben, dass zwölf verstorbene Personen auf der Liste gestanden hätten. Es gebe Hinweise darauf, dass mehr als 5000 Unterschriften illegal für die Partei gesammelt worden seien. Die Semilla-Bewegung war 2015 aus dem Widerstand gegen mutmaßlich korrupte Kooperationen zwischen Regierung, Unternehmen, Militär und organisierter Kriminalität hervorgegangen. Arévalo kündigte umgehend gegenüber dem US-Fernsehsender CNN an, er werde den Beschluss des Staatsanwalts anfechten.

Neuer Streit um Semilla-Partei

Die Entscheidung des Sonderstaatsanwalts dürfte zu neuer Unsicherheit in der guatemaltekischen Politik führen. Das Wahlgesetz des Landes verbietet die Suspendierung von politischen Parteien zwischen der Einberufung und der Durchführung der Wahlen. Nach Ansicht von Beobachtern darf die Semilla-Partei demnach jedoch nicht suspendiert werden, weil die Wahl mit dem ausstehenden zweiten Durchgang noch nicht abgeschlossen ist.

Demonstrierende vor dem obersten Wahlgericht in Guatemala CityBild: Orlando Estrada/AFP/Getty Images

Unterdessen wurde erste Aufrufe an die Guatemalteken bekannt, auf die Straße zu gehen. Demonstranten versammelten sich daraufhin vor dem obersten Wahlgerichtshof, bis starker Regen sie vertrieb.

Die Präsidentin des Obersten Wahltribunals, Irma Palencia, sagte, dass sie von der Entscheidung des Staatsanwalts nichts wisse. In Anspielung auf die Intervention des Staatsanwalts fügte sie hinzu: "Wir wissen, dass Wahlen an den Wahlurnen gewonnen werden, mit dem heiligen Wahlrecht des Volkes".

Irma Palencia, die Präsidentin des obersten WahltribunalsBild: Johan Ordonez/AFP/Getty Images

Deutliche Kritik der USA

Klare Worte kommen auch aus den Vereinigten Staaten von Amerika. Der US-Spitzendiplomat für Lateinamerika, Brian Nichols, begrüßte auf Twitter die Entscheidung des Wahlgerichts, die Ergebnisse der ersten Runde zu bestätigen. Nichols äußerte sich besorgt über den Schritt der Staatsanwaltschaft und sagte, dies sei eine "Bedrohung für Guatemalas Wahldemokratie". Er fordert: "Die Institutionen müssen den Willen der Wähler respektieren."

Auch die Wahlbeobachtergruppe der Europäischen Union hatte von den guatemaltekischen Behörden gefordert, den "eindeutigen Willen der Bürger zu respektieren".

Bereits im Jahr 2021 hatte die US-Regierung erklärt, sie habe das Vertrauen in Guatemalas Engagement im Kampf gegen die Korruption verloren, nachdem Generalstaatsanwältin Consuelo Porras Curruchiches Vorgängerin entlassen hatte. 2022 nahm das Außenministerium in Washington Curruchiche auf seine Liste der korrupten und undemokratischen Akteure aufgenommen, da er Korruptionsermittlungen behindert haben soll.

Bereits vor der Präsidentenwahl hatte es Kritik gegeben, weil drei oppositionelle Kandidaten von der Abstimmung ausgeschlossen wurden, unter ihnen die indigene Kandidatin Thelma Cabrera von der linken Bewegung MLP. Menschenrechtsorganisationen kritisierten zudem ein repressives Vorgehen gegen Journalisten und Juristen, die sich der Aufklärung der korrupten Machenschaften widmen, in die auch Präsident Giammattei verstrickt sei.

kle/fab (ape, afpe, rtre, epd)