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Geheime Geschäfte in Steueroasen enthüllt

Rayna Breuer/Insa Wrede4. April 2013

Eine anonyme Quelle wirft Licht auf ein weltweites Netz von Steuerhinterziehern. Den Tricks hat der deutsche Staat wenig entgegenzusetzen. Experten sprechen auch von mangelndem politischem Willen.

Ein Demonstrant hält am einen Wegweiser mit der Aufschrift "Steueroase" in der Hand (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

260 Gigabyte an Dokumenten, ausgedruckt wären das 500.000 Ausgaben der Bibel - so riesig ist der Datensatz, den ein anonymer Hinweisgeber vor über einem Jahr dem Internationalen Konsortium für investigative Journalisten (ICIJ) in Washington übergeben hat. Mehr als zwei Millionen E-Mails und andere vertrauliche Dokumente zeichnen die Umrisse einer dubiosen Schattenwelt: Über 130.000 Personen aus 170 Ländern sollen ihr Geld in Steueroasen angelegt haben. Die Auswertung - eine gewaltige Aufgabe, die längst nicht abgeschlossen ist.

"Die Daten sind von der anonymen Quelle über das Internet von zwei Firmenservern abgeschöpft worden. Im Sinne des Quellenschutzes kann man leider nicht mehr über die Art und Weise sagen. Es ist aber eindeutig, dass es ein umfangreiches Leck gegeben hat", sagt der deutsche Datenjournalist Sebastian Mondial, der an der Datenauswertung beteiligt ist. Das bedeute, dass die Geheimnisse dieser Firmen zu einem bestimmten Zeitpunkt so zugänglich waren, "dass jemand eine Kopie erstellen konnte", sagt Mondial im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Wie Steueroasen anderen Ländern schaden

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Viele Daten seien nicht fein sortiert gewesen, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Manche Dokumente hätten erst maschinenlesbar gemacht werden müssen. "Wir hatten das Glück, dass wir eine spezielle Forensik-Software hatten, die sonst im kriminalistischen Bereich eingesetzt wird", sagt Mondial. Diese ermögliche, solche Datenbestände zu erfassen und zu durchleuchten - also Antworten auf Fragen zu bekommen, wie etwa: "Welche Bezüge gibt es in den Daten, wann sind die Dokumente erstellt worden, wann sind die E-Mails versendet worden und an welche versteckten Empfänger sind diese E-Mails gegangen", erklärt Mondial.

Sonnen-, Strand- und Steuerparadies

Die Britischen Jungferninseln, die Cookinseln, die Seychellen oder Panama - sie bieten das, was für einige Firmen und Privatpersonen sehr verlockend klingt: Anonymität. "'Kommt zu uns, ihr braucht nicht den Blick des Finanzamtes zu fürchten' - mit solch und ähnlich verlockenden Angeboten werben diese sogenannten Offshore-Inseln bei den reichen Leuten", sagt Thomas Eigenthaler von der Deutschen Steuergewerkschaft. Begünstigt werde die Steuerflucht außerdem dadurch, dass die betroffenen Steuerzahler das nicht selbst machen müssten. Es hätte sich eine beratende Industrie entwickelt, die maßgeschneiderte Lösungen anbiete, sagt Eigenthaler. Viele Steueroasen führten zudem keine Register, wo Informationen über Firmeneigentümer oder Vermögen notiert würden, meint Mondial.

Die EU schätzt, dass ihr durch Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung etwa eine Billion Euro an Steuern pro Jahr verloren geht. Nach einer Studie der Nichtregierungsorganisation Tax Justice Network (Netzwerk für Steuergerechtigkeit) ist ein Finanzvermögen in Höhe von 21 bis 32 Billionen Dollar in Steueroasen angelegt. Zum Vergleich: Das Bruttoinlandsprodukt der USA betrug 2011 rund 15,1 Billionen Dollar. Dabei sind im Ausland geparkte Sachvermögen, Goldbestände, Auslandsimmobilien oder Luxus-Yachten, die unter fremder Flagge fahren, noch nicht eingerechnet.

Kreativität ist gefragt

"Laut meiner Kollegen im Projekt ist ein besonders raffinierter Trick, wenn sich eine Person von einer Offshore-Firma verklagen lässt. Dann schließt sie einen Vergleich und somit wird die Klage fallen gelassen", erklärt Sebastian Mondial. Die Vergleichssumme könne steuerfrei überwiesen werden, weil das Teil eines Rechtsstreits sei. Der Betrag lande dann auf dem Offshore-Konto.

Datenjournalist Sebastian MondialBild: Sebastian Mondial

Es gibt auch andere Tricks: Das Unternehmen kann etwa eine Tochterfirma für seine Auslandsgeschäfte in einer Steueroase gründen, um so Steuern auf Auslandsgewinne zu vermeiden.

Deutschland - auch eine Steueroase?

Privatpersonen, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben, müssen bis zu 45 Prozent an Einkommenssteuer bezahlen. Unternehmen, die ihren Firmensitz in Deutschland haben, müssen Körperschafts- und Gewerbesteuer abführen. Doch auch in Deutschland gibt es Schlupflöcher, die Steuerfüchse nutzen können: "Wenn sich hier ein Unternehmen von einer Offshore-Firma beraten lässt, stellt diese eine Rechnung und das Geld wird überwiesen. Für das Finanzamt sieht es wie eine ganz normale Transaktion aus", sagt Mondial. Damit sei das Geld aber außer Landes geschafft und darauf werde auch keine weitere Steuer gezahlt. In Deutschland liegt die Beweislast beim Finanzamt und nicht bei den Firmen.

Und genau mit dieser Aufgabe sei das deutsche System überlastet, sagt Eigenthaler. "Wir haben nicht die Prüfungskapazitäten. Teilweise warten wir Jahre auf eine Antwort von ausländischen Behörden. Aber es mangelt auch am politischen Willen. Ich habe immer das Gefühl, dass indirekt Steuerhinterziehung von oben her zu lasch verfolgt wird", meint Eigenthaler.

Außerdem ende der Einfluss des deutschen Staates an der Grenze. "Wenn Geld von Deutschen ins Ausland verbracht wird, hat der deutsche Fiskus keine Möglichkeit, das aufzudecken. Es sei denn, Deutschland hat ein Steuerabkommen über einen Informationstausch mit dem jeweiligen Staat." Doch warum sollten zum Beispiel die Cayman Islands Interesse daran haben, durch ein Abkommen mit Deutschland ihr Geschäftsmodell zu torpedieren, sagt Eigenthaler. "Und selbst wenn man einen Vertrag abschließen würde, heißt es nicht, dass er eins zu eins eingehalten wird."

Das Datenleck und seine Folgen

Seit Jahren versuchen internationale Organisationen wie die OECD, Maßnahmen gegen Steuerbetrug zu entwickeln und die Regelungen zu vereinheitlichen. Laut der OECD sind seit 2009, als eine schwarze Liste mit damals vier Ländern als Steueroasen veröffentlicht wurde, Fortschritte gemacht worden: 700 Abkommen über den Austausch von Informationen wurden geschlossen, fast 40 Gerichtsurteile haben Rechtsänderungen bewirkt.

Briefkastenfirmen in Steueroasen - eine Möglichkeit, Steuern zu sparenBild: dpa

Können die neuen Datensätze beim internationalen Kampf gegen Steuerbetrüger helfen? Ja, aber indirekt, meint der Datenjournalist Sebastian Mondial. "Die Daten selber werden hoffentlich nie veröffentlicht." Der Sinn bestehe ja nicht darin, alle Daten dieser Firmen einfach ins Netz zu stellen und die Leute dann darauf schauen zu lassen, wer hat wie viel Geld verschoben oder wer hat welche Firma besessen. "Die Transparenz müssen die Gesetzgeber und die jeweiligen Länder irgendwie selber regeln."

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