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PolitikVietnam

Vietnams Balanceakt zwischen USA und China

18. September 2023

Die ehemaligen Erzfeinde USA und Vietnam haben eine Umfassende Strategische Partnerschaft geschlossen. Es geht auch um China, aber anders als viele in den USA denken.

US-Präsident Joe Biden besucht Vietnam
Bild: Luong Thai Linh/AP/picture alliance

Knapp 50 Jahre nach Ende des Vietnamkriegs ist US-Präsident Joe Biden nach Hanoi gereist. Mit dem ehemaligen ideologischen Gegner schloss er eine"Umfassende Strategische Partnerschaft" - die höchste Stufe der diplomatischen Beziehungen, die Vietnam vergibt.

"Ich glaube, wir denken zu sehr in den Kategorien des Kalten Krieges. Darum geht es nicht", sagte Biden in Hanoi. "Es geht darum, Wirtschaftswachstum und Stabilität zu schaffen." Nach Biden richte sich diese vertiefte Partnerschaft nicht gegen China. Peking erhebt immer wieder Vorwürfe, dass die USA in den Kategorien des Kalten Krieges denken und Chinas Aufstieg verhindern würden.

USA wollen mehr Verbündete im Asien-Pazifik

Es geht aber natürlich auch um China. Die USA, so Politologe Ngyuen Khach Giang vom Yusuf Ishak Institut in Singapur, seien die Partnerschaft mit Vietnam in erster Linie wegen China eingegangen. "Das ist sehr ähnlich zur Normalisierung der Beziehungen zwischen den USA und China 1972." Damals hatte US-Präsident Richard Nixon - vollkommen unideologisch auf der Höhe des Kalten Krieges mit der Sowjetunion - erfolgreich die Beziehungen mit der Volksrepublik China normalisiert, um einen Teil des kommunistischen Lagers näher an sich zu binden.

Zwar sind China und Vietnam beide autoritäre Einparteienstaaten unter Führung einer kommunistischen Partei. Die Presse- und Meinungsfreiheit ist in beiden Ländern massiv eingeschränkt. Aber Vietnam sei für eine Partnerschaft aus US-Sicht eine "offensichtliche Wahl", um den strategischen und wirtschaftlichen Einfluss Chinas zurückzudrängen, sagt Giang. 

Bill Hayton, Associate Fellow des Asien-Programms der britischen Denkfabrik Chatham House, fügt hinzu, dass "die USA China als Bedrohung sehen, aber nicht Vietnam."

Vietnam betont strategische Unabhängigkeit

Mit dem neuen Partner betont Vietnam seine Unabhängigkeit. Seine Botschaft an Peking sei: "Vietnam hat genug von den chinesischen Schikanen und der Militarisierung des Südchinesischen Meeres", sagt Experte Giang. Vietnam und China streiten seit Jahren über territoriale Grenzen und die daraus resultierenden Ansprüche im Südchinesischen Meer.

Allerdings relativiert Vietnams Generalsekretär Nguyen Phu Trong die außenpolitische Linie seines Landes. Vietnam halte weiterhin am verteidigungspolitischen Grundsatz der sogenannten "Vier Nein" fest. Vietnam werde keine militärischen Allianzen eingehen, keine Militärbasen anderer Staaten auf seinem Territorium gestatten, nicht mit anderen gegen Dritte vorgehen und Gewalt nicht als Mittel der Außenpolitik einsetzen.

Vor der Unterzeichnung der Partnerschaft habe ein reger diplomatischer Austausch zwischen Hanoi und Peking stattgefunden, berichtet Experte Giang im DW-Interview. Vietnam habe China versichert, dass es bei der Partnerschaft mit den USA nur um wirtschaftliche Kooperation und nicht um eine Frontbildung gegen China gehe. "Ob Peking das glaubt, steht auf einem anderen Blatt." 

"Vietnam hat alles getan, um China zu überzeugen, dass es hier nicht um eine Art von Militärbündnis geht", sagt Asienexperte Bill Hayton. "Und das wird in gewisser Weise die große Symbolik der Partnerschaft mit den USA beschädigen." 

Nähe zu USA ja, "friedliche Evolution" nein!

Gleichwohl möchte sich Vietnam als eine aufsteigende offene Nation zeigen. "Vietnam will Geschäfte mit allen Partnern weltweit machen, ob den USA oder China, und gleichzeitig seine nationalen Interessen wahren", sagt Giang. Die Einschränkung sei wichtig, da das kommunistische Regime in Vietnam seit vielen Jahren eine "friedliche Evolution" durch westliche Einflüsse fürchte. Das betont auch Hayton: "Die Kommunistische Partei in Vietnam sieht in den USA eine Bedrohung für ihre Herrschaft, weil die USA in der Vergangenheit Demokratie und Pluralismus in anderen Ländern gefördert haben." 

Generalsekretär Trong betonte nach amtlichen Berichten deswegen die rote Linie gegenüber den USA: "Wir haben betont, dass die Achtung der legitimen Interessen des anderen und die Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten des anderen grundlegende Prinzipien sind. "  

Die von China beanspruchten Gewässer im Südchinesischen Meer

Mein Feind ist nicht unbedingt der meines Verbündeten

Vietnam muss auf einem sehr schmalen Grat wandern. Es will die USA näher binden, ohne Peking den Eindruck der unmittelbaren Bedrohung vor der Haustür zu vermitteln und ohne eine "friedliche Evolution" im Lande selbst auszulösen.  Allerdings darf das Band zum nördlichen Nachbarn auch nicht zu eng werden. China ist in der vietnamesischen Bevölkerung außerordentlich unbeliebt und gilt als arroganter "Bully", der die Souveränität der Vietnamesen missachtet, und zwar nicht nur im Südchinesischen Meer.  

Vietnam: Wie der Verkehr Städte zu ersticken droht

06:52

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Allerdings sei eine US-Militärpräsenz in Vietnam für Experten Hayton unrealistisch. "Es wird keine großen gemeinsamen Militärübungen zwischen Vietnam und den USA geben, schon gar keine amerikanischen Truppen in Vietnam. Die Partnerschaft ist in vielerlei Hinsicht nur ein symbolischer Schritt."  

Er sei deswegen unrealistisch, dass sich einige Politiker in Washington falsche Hoffnungen machen, wenn sie glauben, der Feind meines Feindes sei ihr Verbündeter. Bill Hayton: "In den USA geben sich viele Politiker der Illusion hin, Vietnam zu einem potenziellen US-Verbündeten gegen China machen zu können, weil Vietnam wie die USA ein Problem mit China habe. Und das ist einfach nicht wahr."

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