Machtspiele nach den Landtagswahlen
29. März 2011Nach ihrer Wahlniederlage in Baden-Württemberg haben CDU und FDP erste personelle und inhaltliche Konsequenzen gezogen: In Stuttgart gab Ministerpräsident Stefan Mappus am Montagabend (28.03.11) den Vorsitz der Landes-CDU ab, in Rheinland-Pfalz trat Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle nach dem Scheitern der Liberalen an der Fünf-Prozent-Hürde vom FDP-Landesvorsitz zurück. Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte aber, sie plane keine Umbildung des Bundeskabinetts: "Ich habe keine Anzeichen dafür und von meiner Seite auch keine Absichten", so Merkel. Hingegen stellte sie parteiübergreifende Gespräche über den Atomausstieg in Aussicht.
Vor allem die Abwahl der schwarz-gelben Landesregierung in Baden-Württemberg setzt der Koalition im Bund zu. Das erste Mal seit fast 60 Jahren stellt die CDU im Südwesten nicht mehr den Regierungschef, sondern muss das Feld einer grün-roten Mehrheit überlassen. Die FDP schaffte es nur knapp in den Landtag. In Rheinland-Pfalz gelang ihr nicht einmal das.
FDP: Neue Personaldebatte
Union und Liberale reagierten unterschiedlich auf die Wahlschlappen. Während sich die CDU um ihre Parteichefin Merkel scharte, entbrannte beim Koalitionspartner FDP die Personaldebatte aufs Neue. Führende Parteimitglieder forderten eine umfassende personelle Neuaufstellung. Parteichef Guido Westerwelle vermied vor Journalisten jede Festlegung. Es werde einen "geordneten und überlegten" Prozess der Neupositionierung geben. Die Frage des Teams, das die FDP in den nächsten zwei Jahren führen solle, werde wie geplant am 11. April beraten. FDP-Vorstandsmitglied Wolfgang Kubicki forderte jedoch bereits ebenso wie der FDP-Nachwuchs personelle Konsequenzen. Die Spitze der Bundestagsfraktion sei mit der baden-württembergischen Landeschefin Birgit Homburger "komplett fehlbesetzt". Der Chef der Jungen Liberalen, Lasse Becker, nannte Wirtschaftsminister Brüderle und die stellvertretende Bundesvorsitzende Cornelia Pieper nicht mehr tragbar.
Bundeswirtschaftsminister Brüderle zog mit dem Verzicht auf den Landesvorsitz die Konsequenz nicht nur aus dem Debakel der FDP in Rheinland-Pfalz. Ihm wurde eine Mitschuld an der Niederlage gegeben, weil er das Atommoratorium vor Wirtschaftsvertretern als Wahltaktik bezeichnet haben soll.
Kernenergie: "Meine Sichtweise hat sich geändert"
Eine weitere Folge der beiden Landtagswahlen ist, dass sich nun alle Parteien einem schnelleren Ausstieg aus der Atomkraft verpflichten. "Meine Sichtweise auf die Kernenergie hat sich durch die Ereignisse in Japan verändert", sagte Merkel. Die Energiewende müsse nun schneller erfolgen, erläuterte die Kanzlerin am Abend im ARD-Interview. Sie verwies darauf, dass auch Unionsanhänger ein schnelleres Abschalten der Atommeiler wollten. CSU-Chef Horst Seehofer und Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) forderten ebenfalls, den Atomausstieg zu beschleunigen.
SPD-Chef Sigmar Gabriel erklärte, Deutschland müsse binnen zehn Jahren aus der Atomenergie aussteigen. Er forderte die Kanzlerin zu parteiübergreifenden Gesprächen auf, um "bis spätestens 2020 aus der Atomenergie draußen zu sein".
Die Grünen, die in Baden-Württemberg in einer Koalition mit der SPD mit Winfried Kretschmann ihren bundesweit ersten Regierungschef stellen können, sehen sich nun auch von der CDU umworben. Deren rheinland-pfälzische Spitzenkandidatin Julia Klöckner kündigte Gespräche mit den Grünen an, die sich dort aber auf eine Koalition mit der SPD festgelegt haben.
Unterdessen zeichnet sich bei der CDU in Baden-Württemberg ein Machtkampf um den Parteivorsitz und die Rolle des Oppositionsführers im Stuttgarter Landtag ab. Nachdem der scheidende Ministerpräsident Stefan Mappus seinen Rückzug von den Spitzenämtern der Landespartei angekündigt hat, wollen sich sowohl die bisherige Umweltministerin Tanja Gönner als auch der Fraktionsvorsitzende Peter Hauk um die Führung der Christdemokraten im Südwesten bemühen.
Autor: Marko Langer (mit rtr, dpa, dapd)
Redaktion: Hans Ziegler