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Politik

Macron und Le Pen kämpfen um Wählerstimmen

15. April 2022

Im Endspurt vor der Stichwahl um die französische Präsidentschaft versuchen Amtsinhaber Macron und die Mitbewerberin Le Pen, Wähler für sich zu gewinnen. Dabei scheuen beide nicht vor persönlichen Anfeindungen zurück.

Illustration in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen - Emmanuel Macron und Marine Le Pen
Bild: Patrick Batard/abaca/picture alliance

Am 24. April sind die Franzosen aufgerufen, in einer Stichwahl ihren künftigen Präsidenten zu bestimmen. Wie bereits vor fünf Jahren treten der liberale Politiker Emmanuel Macron (La République en Marche) und Marine Le Pen vom extrem rechten Rassemblement National gegeneinander ein.

Die rechte Politikerin Le Pen ist dem Amtsinhaber in der Wählergunst dicht auf den Fersen. Nach den jüngsten Umfragen kann Macron in der Stichwahl mit 53 bis 56 Punkten rechnen, deutlich weniger als bei der vorigen Wahl, die er mit 66 Prozent der Stimmen gewann.

Wahlkampf mit harten Bandagen

Während der Wahlkampf vor der ersten Runde am vergangenen Sonntag eher mau verlief, haben die Kandidaten der Stichwahl nun aufgedreht. Macron und Le Pen geben reihenweise Interviews, wobei Fernsehen und Rundfunk verpflichtet sind, ihnen dieselbe Redezeit einzuräumen. Sie besuchen Märkte, lassen sich auf zahllose Selfies mit Anhängern ein und verteidigen bei Großveranstaltungen ihr Programm.

"Millionen von Franzosen sind überzeugt, dass die Regierung unter Emmanuel Macron schrecklich autoritär war, dass er allein und brutal regiert hat", sagte Le Pen dem Sender BFM. In Avignon rief sie vor 4000 Anhängern dazu auf, einen "Staudamm" gegen eine zweite Amtszeit von Macron zu errichten. Damit eignete sie sich einen Begriff an, der in Frankreich bislang für breite Wählerbündnisse gegen Rechtsextremisten benutzt wurde.

Protestplakat an der Pariser Hochschule: "Sorbonne besetzt - gegen Macron, Le Pen und deren Welt"Bild: picture alliance / abaca

Macron betonte seinerseits, Le Pen sei "auch nicht gerade die Sanftheit in Person". Bereits vor Tagen warf er Le Pen heimliche Austrittspläne aus der EU vor. "Frau Le Pen erzählt wie üblich Blödsinn", sagte Macron im elsässischen Mulhouse. Sie habe gesagt, die EU-Beträge nicht mehr bezahlen und allein die Regeln verändern zu wollen. "Das heißt, sie will austreten, aber traut sich nicht mehr, es zu sagen", warnte Macron. Sie wolle "aus Europa raus und etwas Neues machen, sicher mit ihren Freunden, sie will eine Allianz bilden mit Polen und Ungarn, das ist ein ulkiger Club", sagte der Präsident mit Blick auf enge Kontakte von Le Pen zu den beiden euroskeptischen Ländern.

Sozialisten rufen zur Wahl Macrons auf - mit Bauchschmerzen

Die konservativen Republikaner und die Sozialisten waren die großen Verlierer der ersten Wahlrunde, Macron ist nicht gerade der Traumkandidat der französischen Sozialisten, aber um Le Pen zu verhindern, rufen sie nun mit markigen Sprüchen zu dessen Wahl auf. "Wir haben alle Lust, scheiße zu sagen, aber gegenüber der Rechtsextremen - wählen wir Macron", heißt es auf einem der am Freitag veröffentlichten Kampagnenplakate.

In einer Mitteilung von Parteichef Olivier Faure hieß es, die Gefahr, dass die Rechte an die Macht kommen könne, sei echt. Um dies verhindern, müsse Macron gewählt werden. Die Plakate sind alle nach dem gleichen Schema aufgebaut. Zunächst geht es um die Wut und Enttäuschung der Wählerschaft, dann kämpferisch um ein Verhalten gegenüber der extremen Rechten. Die Wahlempfehlung für Macron folgt am Ende in kleinerer Schrift eher als Nachgedanke.

Junge Menschen enttäuscht

Frustriert sind in Frankreich insbesondere junge Menschen, von denen viele den drittplatzierten Linken Jean-Luc Mélenchon (La France Insoumise) unterstützt hatten. Um eine Präsidentin Le Pen zu verhindern, sehen sich viele gezwungen Macron zu wählen, obwohl sie mit seiner Politik nicht einverstanden sind. "Macron und Le Pen vertreten uns beide nicht, einer ist schlimmer als der andere, und wir sind es leid, zwischen Pest und Cholera zu wählen", sagte die 23 Jahre alte Clémence. "Wir sorgen uns um das Klima und soziale Missstände", fügte sie hinzu. Der Links-Außenpolitiker Mélenchon, der in der ersten Wahlrunde nur knapp hinter Le Pen landete, trichterte seinen Wählern ein: "Keine Stimme für Le Pen." Aber er brachte es nicht über sich, explizit zur Wahl Macrons aufzurufen.

Frustrierte Studenten am Donnerstag vor der SorbonneBild: Joly Victor/ABACA/picture alliance

Aus Wut über das Ergebnis der ersten Wahlrunde hatten Studierende am Mittwoch Gebäude der Pariser Sorbonne besetzt. Die Universität wurde in der Nacht zum Freitag geräumt und bleibt vorerst geschlossen. Die Hochschulleitung verurteilte "die illegale Besetzung, die zu inakzeptabler Gewalt geführt hat". "Sorbonne besetzt - Gegen Macron, Le Pen und deren Welt" war auf einem Transparent an der Fassade der Universität zu lesen.

Umfragen zufolge hat der Anteil der Nichtwähler unter jungen Menschen bis 24 Jahren mit gut 40 Prozent bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl einen neuen Höchststand erreicht.

Für kommenden Mittwoch ist die einzige Fernsehdebatte zwischen Le Pen und Macron geplant. Bei ihrer TV-Debatte vor fünf Jahren hatte Macron seine Widersacherin auflaufen lassen. Dieses Mal dürfte Le Pen besser vorbereitet sein.

qu/haz (afp, dpa)