Es ist ein besonderes Zeichen der deutsch-französischen Freundschaft: Frankreichs Präsident Macron und Kanzlerin Merkel besuchen Compiègne. Dort wurde vor hundert Jahren der Waffenstillstand besiegelt.
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Es ist eine hoch symbolische Zeremonie in der kleinen Stadt Compiègne. Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Macron legten zur Erinnerung an das Ende des Ersten Weltkriegs vor hundert Jahren einen Kranz nieder. Gemeinsam besuchten sie die Waldlichtung bei Compiègne nordöstlich von Paris, wo die Deutschen am 11. November 1918 den Waffenstillstand mit den Alliierten in einem umgebauten Eisenbahnwaggon unterzeichneten und damit ihre Kapitulation besiegelten.
Es ist das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg, dass ein deutscher Regierungschef diesen Ort besucht, an dem eine nationale Gedenkstätte mit einem eben diesem nachgebauten Waggon errichtet wurde. Merkel und Macron weihten auf der Lichtung eine neue Gedenktafel ein, welche die "Bedeutung der deutsch-französischen Aussöhnung im Dienste Europas und des Friedens" würdigt.
Zudem trugen sich beide in das Goldene Buch der Gedenkstätte ein. Es ist ein Besuch mit Symbolcharakter: Aus Macrons Umfeld hieß es, der "Ort der Revanche" werde durch den gemeinsamen Besuch mit Merkel zum Ort der "allerletzten Versöhnung" zwischen beiden Ländern.
Der 11. November ist seit 1922 in Frankreich ein gesetzlicher Feiertag in Gedenken an die rund 1,4 Millionen getöteten französischen Soldaten. Für das Wochenende hat Macron rund 70 Staats- und Regierungschefs nach Paris eingeladen, darunter auch Russlands Präsident Wladimir Putin. Während US-Präsident Donald Trumps Besuch in Paris haben sich beide Politiker für ein stärkeres europäisches Engagement in der NATO ausgesprochen.
Feierlichkeiten mit 70 Staats- und Regierungschefs
Am Sonntagvormittag ist im Beisein der Staats- und Regierungschefs eine große Gedenkzeremonie am Pariser Triumphbogen geplant, bei der Macron eine Rede hält. Am Sonntagnachmittag eröffnet Merkel gemeinsam mit UN-Generalsekretär António Guterres das sogenannte Friedensforum - eine dreitägige Diskussionsveranstaltung zu Themen wie Frieden, Umweltschutz und Entwicklungshilfe.
Merkel nimmt zum zweiten Mal in ihrer Amtszeit an einer Gedenkzeremonie zum Ersten Weltkrieg in Frankreich teil - 2009 hatte sie der damalige Präsident Nicolas Sarkozy am 11. November erstmals zu einer Feier am Pariser Triumphbogen eingeladen. Vor ihr reiste kein deutscher Regierungschef jemals zum Gedenken an das Ende des Ersten Weltkriegs nach Frankreich.
sam/uh (afp, dpa)
Unvergessene Opfer und Orte der Erinnerung
Vor 100 Jahren endete am 11. November 1918 der Erste Weltkrieg mit dem Waffenstillstand von Compiègne. In Europa erinnern zahlreiche Museen und Gedenkstätten an die Opfer grausamer und sinnloser Schlachten.
Das Beinhaus von Douaumont ist eine Grabstätte für die Gebeine der an der Westfront bei Verdun gefallenen Soldaten, die nicht identifiziert werden konnten. 1984, am 70. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges standen hier François Mitterand und Helmut Kohl Hand in Hand und erklärten: "Wir haben uns versöhnt. Wir haben uns verständigt. Wir sind Freunde geworden".
Die Schlacht von Verdun, im Nordosten Frankreichs, gilt als Sinnbild für das Grauen des Ersten Weltkriegs. Dabei kamen von Februar bis Dezember 1916 hundertausende Soldaten ums Leben. Das Museum, 1967 gegründet, wurde zum 100. Jahrestag des Gedenkens an diese Schlacht, im Beisein des französischen Staatspräsidenten François Hollande und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel wiedereröffnet.
Bild: picture-alliance/dpa/U. Baumgarten
Mémorial de Notre-Dame-de-Lorette
Das 2014 fertiggestellte Mahnmal Notre-Dame-de-Lorette listet im "Ring der Erinnerung" (L’Anneau de la Mémoire) die Namen von rund 600.000 Gefallenen, die in der nordfranzösischen Region im Ersten Weltkrieg ums Leben kamen. Dazu gehören Soldaten des britischen Empires, aus Deutschland, Frankreich und aus französischen Kolonien Afrikas.
Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Spingler
Historial franco-allemand du Hartmannswillerkopf
Die deutsch-französische Gedenkstätte am Hartmannsweilerkopf (deutsche Schreibweise) wurde im November 2017 von Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eröffnet. Sie ergänzt einen Nationalfriedhof und eine Krypta, die schon seit Kriegsende an die Toten eines sinnlosen Stellungskrieges um den gleichnamigen Berg im französischen Elsass erinnern.
Bild: picture-alliance/AP Images/P. Seeger
In Flanders Fields Museum
Zu den Hauptkriegsschauplätzen des Ersten Weltkriegs gehört auch die Region um die belgische Stadt Ypern. Im gotischen Gebäudekomplex der Tuchhallen, nach den verheerenden Zerstörungen wieder aufgebaut, befindet sich das Kriegsmuseum "In Flanders Fields". Der Name ist der Titel eines Gedichtes des kanadischen Militärarztes John McCrae, dessen Freund 1915 bei Ypern gefallen war.
Bild: picture-alliance/dpa/F. Schumann
Mons Memorial Museum
In dem 2005 eröffneten Museum im belgischen Mons stehen nicht Kriegsgerät oder -strategien im Vordergrund, sondern der Mensch. In den Vitrinen sind viele persönliche Gegenstände von Soldaten und Zivilisten zu sehen, die einen Eindruck vom Leben in der Kriegs- und Besatzungszeit vermitteln. Die Region im Nordwesten Belgiens war in beiden Weltkriegen ein umkämpfter Schauplatz.
Bild: picture-alliance/epa/O. Hoslet
Ossario Castel Dante
In der norditalienischen Stadt Rovereto erinnern ein Kriegsmuseum, das Beinhaus Castel Dante (Bild) und die Friedensglocke an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs. Die Glocke wurde 1924 aus eingeschmolzenen Kanonen der Kriegsgegner Italien und Österreich-Ungarn gegossen. Jeden Abend erinnert sie mit hundert Glockenschlägen an die Toten aller Kriege.
Bild: picture-alliance/CTK/C. Karel
Kobariški Muzej
Auch die Gegend von Kobarid im heutigen Slowenien war im Ersten Weltkrieg Schauplatz mehrerer Schlachten zwischen Österreich-Ungarn und dem Königreich Italien. Das Kobarid-Museum dokumentiert die Kämpfe an der Isonzofront ebenso wie den Kriegsalltag der Soldaten auf beiden Seiten.
Bild: picture-alliance/Arco Images/G. Lenz
Çanakkale Şehitleri Anıtı
Das Denkmal von Çanakkale erinnert wie viele andere auf der türkischen Halbinsel Gallipoli an die gleichnamige Schlacht zwischen Soldaten des Osmanischen Reiches und Truppen aus Großbritannien, Frankreich, Australien und Neuseeland. In Stein graviert ist ein dem Präsidenten Atatürk zugeschriebenes Zitat: "Da gibt es keinen Unterschied zwischen den Johnnies und Mehmets. Darum ruhet in Frieden."
Bild: picture-alliance/AA/E. Aydin
Neue Wache
In Deutschland ist das Erinnern an den Ersten Weltkrieg vor allem dezentral. Fast jede Gemeinde hat ein Denkmal für ihre Gefallenen. Als "Zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft" dient seit 1993 die Neue Wache in Berlin. Im Innenraum steht die Bronzeskulptur "Mutter mit totem Sohn" nach einem Entwurf der Künstlerin Käthe Kollwitz.