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Politik

Macron und Tsipras drängen SPD-Chef Schulz

3. Dezember 2017

Nicht nur die Union sitzt der SPD im Nacken, eine große Koalition einzugehen. Auch von europäischen Partnern sieht sich SPD-Chef Martin Schulz inzwischen gedrängt.

Frankreich Macron und Tsipras
Bild: Getty Images/AFPL. Marin

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (Archivbild links) und der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras (rechts) drängen SPD-Chef Martin Schulz zu einer Zusammenarbeit mit CDU und CSU, um eine Regierungskoalition einzugehen. Er habe von Macron und Tsipras entsprechende Signale bekommen, bestätigte Schulz der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". In Telefonaten und SMS-Botschaften sei es darum gegangen, wie Deutschlands Sozialdemokraten europäische Reformen in einer Bundesregierung voranbringen könnten.

Macron setzt sich für eine Reform der Europäischen Union ein und ist dazu auf Deutschland angewiesen. Auch Schulz sieht eine Chance in verstärkter europäischer Zusammenarbeit: "Das Schutzversprechen des Staates, dass die Sozialdemokratie einst den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen erkämpft hat, kann nur über eine europäisierte Sozialdemokratie erneuert werden, weder im französischen noch im deutschen Alleingang", sagte er der Zeitung.

Der französische Präsident Emmanuel Macron, hier bei einem Treffen im Elysee-Palast mit SPD-Chef Martin Schulz Bild: picture alliance/dpa/POOL Stern/M. Weiss

Tsipras habe ihm geschrieben: "Vergiss nicht, dass eine wahrhaft linke und fortschrittliche Position nicht darin besteht, die eigene Identität möglichst sauber zu halten", berichtete der SPD-Chef. Vielmehr müsse man für wirkliche Veränderungen und Reformen kämpfen. "Ich bin sicher, du wirst die richtige Entscheidung treffen", so die Botschaft von Tsipras.

SPD will sich nicht unter Druck setzen lassen

Mehr als zwei Monate nach der Bundestagswahl ist noch immer keine neue Regierung in Sicht. Führende Sozialdemokraten warnten die Union davor, ihre Partei bei der Regierungsbildung zeitlich unter Druck zu setzen.

"Die CDU kann sich jetzt nicht hinstellen und von der SPD verlangen, dass sie innerhalb kürzester Zeit ihren Weg in eine nächste Bundesregierung klärt", sagte die rheinland-pfälzische SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer der "Welt am Sonntag". Nach der Bundestagswahl hätten CDU und CSU wochenlang über die Flüchtlingspolitik diskutiert und dann Union, FDP und Grüne wochenlang über das gescheiterte Jamaika-Projekt.

"Das braucht seine Zeit", sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu DreyerBild: picture alliance / Arne Dedert/dpa

Die Kanzlerin hätte schon vor Weihnachten Zeit

Der SPD-Vizevorsitzende Ralf Stegner sagte dem Blatt: "Wir stehen unter keinem Zeitdruck." Für ihn reiche "es völlig aus, wenn jedwede Gespräche zur Regierungsbildung im Januar beginnen". Nach dpa-Informationen hatte Kanzlerin Angela Merkel in einer Telefonkonferenz des CDU-Vorstands deutlich gemacht, dass es von ihr aus ein erstes Treffen im kleinen Kreis schon vor Weihnachten geben könne, falls der SPD-Parteitag Gesprächen zustimme.

Aus der Union hatte es in den vergangenen Tagen mehrfach Stimmen gegeben, die zur Eile bei der Bildung einer großen Koalition mahnten. Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) äußerte jedoch Verständnis für die Lage der SPD und betonte, den Sozialdemokraten müsse genügend Zeit für die Regierungsbildung gelassen werden. "Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Schon 2013 hat die damalige GroKo von September bis Mitte Dezember gebraucht, bis sie im Amt war. Wir sollten uns also nicht unter Zeitdruck setzen" sagte Altmaier der "Bild am Sonntag". Er fügte hinzu: "Die SPD ist in einem schwierigen Entscheidungsprozess, ob sie zu einer Großen Koalition bereit ist. Das sollten wir in Ruhe abwarten."

Stellt der SPD-Bundesparteitag die Weichen?

Die Sozialdemokraten treffen sich von Donnerstag bis Samstag kommender Woche zum Bundesparteitag in Berlin. Parteichef Martin Schulz, der mit satten 100 Prozent in das Amt geholt worden war, will sich auf dem Parteitreffen wiederwählen lassen. Außerdem will er sich von den Delegierten ein Mandat abholen, um mit der Union über eine mögliche Regierungsbeteiligung zu reden - über eine große Koalition, eine tolerierte Minderheitsregierung oder auch über andere Konstellationen.

Die Klärung dieser Fragen ist nötig geworden, weil die Sondierungen von Union, FDP und Grünen über eine Jamaika-Koalition gescheitert sind. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte daraufhin CDU, CSU und SPD gedrängt, doch noch über eine Regierungsbildung zu sprechen - obwohl die SPD nach der krachend verlorenen Bundestagswahl zunächst den Gang in die Opposition angekündigt und dies nach dem Jamaika-Scheitern auch noch einmal bekräftigt hatte. Schulz und die Parteispitze hatten ihr kategorisches Nein nach der Intervention des Bundespräsidenten dann aber zurückgezogen.

Schulz verteidigte im "Spiegel" seinen Zick-Zack-Kurs und bemühte sich vor dem entscheidenden Bundesparteitag um ein Signal der Geschlossenheit. "Sie können davon ausgehen, dass wir nun alle Wallungen hinter uns haben und die Partei geschlossen steht", sagte er zum innerparteilichen Streit über seine Führung. Durch das Scheitern der Jamaika-Sondierungen habe sich eine neue Lage ergeben, die nicht absehbar gewesen sei und auf die man habe reagieren müssen. Er gestand aber zugleich ein: "Ich habe kein Problem damit, wenn man das als Fehler bezeichnet."

Fraktionschefin Nahles tendiert zur GroKo

SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles signalisierte unterdessen Interesse an einer neuen GroKo. Sie ließ jedenfalls erhebliche Bedenken am Modell einer Minderheitsregierung erkennen. Sie könne sich zwar durchaus vorstellen, dass die Wähler für eine Übergangszeit eine solche Lösung akzeptieren würden. "Aber ob es unser Land wirklich voran bringt, bezweifle ich", sagte Nahles wenige Tage vor dem SPD-Bundesparteitag dem Berliner "Tagesspiegel".

Die Tolerierung einer CDU/CSU-Minderheitsregierung ist eine Variante, die in der SPD diskutiert wird  - neben Gesprächen über eine neue große Koalition oder einer Neuwahl. SPD-Fraktionsvize Axel Schäfer plädierte für den Fall einer erneuten großen Koalition dafür, dass Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel dann Außenminister bleibe. "Sigmar Gabriel ist einer der besten Außenminister, die Deutschland je hatte. Sofern die SPD weiter regieren sollte, muss sie auf Gabriel als Außenminister setzen."

pg/haz/jj (dpa, rtr)

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