1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Macron will bis zu 14 neue AKWs bauen lassen

10. Februar 2022

Im Vergleich zur deutschen Energiepolitik scheint diejenige Frankreichs von einem anderen Stern zu kommen - nicht erst seit Amtsantritt des derzeitigen Präsidenten. Der Wahlkampf-Vorwurf greift daher entschieden zu kurz.

Der französische Staatschef während seiner Rede in der Produktionsstätte für AKW-Turbinen in Belfort
Der französische Staatschef während seiner Rede in der Produktionsstätte für AKW-Turbinen in BelfortBild: POOL/AFP/Getty Images/JEAN-FRANCOIS BADIAS

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat einen massiven Ausbau der Atomkraft angekündigt. Sechs neue Atomkraftwerke sollten gebaut sowie die Errichtung von acht weiteren Kraftwerken bis 2050 geprüft werden, sagte Macron im ostfranzösischen Belfort. "Das ist die Renaissance der französischen Atomkraft."

Laufzeit 50 Jahre und länger?

Zugleich werde die Laufzeit aller bestehenden Kernkraftwerke verlängert, wenn die Sicherheit es erlaube. Es solle kein Kraftwerk mehr vom Netz gehen, wenn es keine zwingenden Sicherheitsgründe dafür gebe. Der Stromkonzern EDF sei angewiesen worden zu prüfen, ob die Laufzeit der Atomkraftwerke über 50 Jahre hinaus verlängertwerden kann.

Frankreich: Atomkraft? Ja bitte!

04:24

This browser does not support the video element.

Frankreich ist der nach den USA zweitgrößte Atomstrom-Produzent der Welt. Aktuell verfügt das Land über 56 Kraftwerke. Auch nach der Katastrophe im japanischen Fukushima 2011 hielt Frankreich an der Kernkraft fest. "Frankreich wählt seine Unabhängigkeit und Freiheit", sagte Macron, der die Atomkraft als unverzichtbaren Baustein der Energiewende bezeichnete.

Auf dem Weg zur Kohlenstoffneutralität werde der Strombedarf um 60 Prozent steigen, erneuerbare Energien alleine könnten dies nicht abdecken. Der sicherste und sauberste Weg dazu sei die Atomenergie, die zudem Arbeitsplätze schaffe und die Industrialisierung des Landes vorantreibe.

Emmanuel Macron im Gespräch mit Mitarbeitern in Belfort. Dort hat (noch) der US-Konzern GE das SagenBild: Jean-Francois Badias/AP Photo/picture alliance

Parallel kündigte Macron einen Ausbau der erneuerbaren Energien an. Diese seien inzwischen rentabel und wettbewerbsfähig und schneller verfügbar als neue Atommeiler. Vor allem die Solarenergie solle ausgebaut werden, auch aber die Offshore-Windkraft mit rund 50 neuen Windparks im Meer bis 2050. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen solle bis 2030 verdoppelt und bis 2050 weiter gesteigert werden.

Frankreich bei erneuerbaren Energien "spät dran"

Bislang hat das küstenreiche Frankreich noch keinen funktionierenden Windpark im Meer. Macron räumte in diesem Zusammenhang ein, "dass wir da spät dran sind". Er zeigte zugleich Verständnis für diejenigen, die eine Verschandelung der Landschaften befürchteten. Künftig sollten Frankreichs Bürgermeister besser in die Entscheidungen über Standorte eingebunden werden, bürokratische Hürden sollten wegfallen, sagte der Präsident.

Macron verkündete die neuen Energie- und Atompläne in Belfort am Produktionsstandort der derzeit leistungsfähigsten Turbinen für Atomkraftwerke. Zuvor hatte Frankreichs überwiegend staatlicher Energiekonzern EDF eine Vereinbarung zum mehrheitlichen Rückkauf der Atomturbinensparte GE Steam Power vom US-Unternehmen General Electric (GE) mit Belfort als wichtigstem Standort angekündigt. Die ehemals zum Alstom-Konzern gehörende Atomsparte in Belfort war 2015 zu Macrons Zeit als Wirtschaftsminister an das US-Unternehmen verkauft worden und kehrt nun in französische Hände zurück.

Acht Meiler in schlechtem Zustand

Aktuell bereiten EDF jedoch schadhafte Atomkraftwerke Sorgen. Wegen möglicher Korrosionsschäden gingen im vergangenen Jahr bereits fünf Kraftwerke für Wartungsarbeiten vom Netz. Vor drei Tagen kündigte EDF eine Revision von drei weiteren Kraftwerken wegen möglicher Schäden an und korrigierte seine für 2021 erwartete Atomstromproduktion nach unten. Ausufernde Kosten und technische Probleme hatten den Ausbau der Atomkraft durch EDF zuletzt behindert. Für einen umstrittenen Atomreaktor in Flamanville am Ärmelkanal, dessen Bau bereits 2007 begann, wurde erst kürzlich die Betriebsgenehmigung erteilt.

Der Bau des Meilers in Flamanville begann bereits 2007, doch erst vor kurzem wurde die Betriebsgenehmigung erteiltBild: AFP/CHARLY TRIBALLEAU

Die Umweltorganisation Greenpeace nannte die Ankündigung Macrons "komplett unvernünftig". Der grüne Präsidentschaftskandidat Yannick Jadot warf dem Präsidenten ein Wahlkampf-Manöver vor und kritisierte einen "geplanten Verschleiß" in der Energieversorgung.

sti/kle (afp, dpa)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen