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Politik

Macron will hart gegen Illegale vorgehen

17. Januar 2018

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron plant ein neues Einwanderungs- und Asylgesetz. Das setzt vor allem auf Abschiebung abgelehnter Asylbewerber. Kritiker werfen Macron vor, seine Ideale zu verraten.

Frankreich Emmanuel Macron in Calais
Bild: picture-alliance/dpa/MAXPPP/J.B. Azzouz

Der Wahlsieg Emmanuel Macrons vergangenes Jahr gegen Marine Le Pen vom Front National galt auch als Sieg der Humanität gegenüber der Fremdenfeindlichkeit. In Fragen der Migration gibt sich Macron aber jetzt härter, als viele erwartet hatten. Das zeigte sich vielleicht nirgendwo so deutlich wie beim Besuch am Dienstag in der nordfranzösischen Hafenstadt Calais, wo immer wieder Migranten versuchen, illegal auf die Fähren nach Großbritannien zu kommen. Macron sagte dabei, wer in Zukunft dabei erwischt werde, gegen den werde der Staat "automatisch" die Abschiebung einleiten. Der Präsident wetterte auch gegen Flüchtlingsorganisationen, die gemeinsame Sache mit illegalen Einwanderern machten und unter ihnen "falsche Informationen" verbreiteten.

Es war nicht die erste Äußerung Macrons, die auf eine neue harte Linie schließen lässt: "Nichts von dem, was die Regierung tut, stellt das Asylrecht infrage", hatte Macron bereits vergangene Woche gesagt, "aber Asyl bedeutet nicht, unterschiedslos jeden aufzunehmen." Frankreich erlebe zur Zeit "Migrationswellen, wie sie es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben hat", sagte der Präsident und nannte selbst die jüngsten Zahlen. Danach gingen bei den französischen Behörden im Jahr 2017 gut 100.000 Asylgesuche ein, 17 Prozent mehr als im Jahr davor, von denen allerdings nur gut ein Drittel einen Flüchtlingsstatus zuerkannt bekam. Innenminister Gérard Collomb fügte später hinzu: "Falls alle bleiben würden, müssten wir jedes Jahr eine mittlere Stadt bauen." Im Vergleich zu Deutschland ist das allerdings wenig: In Deutschland waren es 2017 mit 187.000 fast doppelt so viele wie in Frankreich, allerdings mit stark rückläufiger Tendenz.

Macron: Wer beim Versuch erwischt wird, nach England zu gelangen, wird abgeschoben Bild: Getty Images/R. Stothard

Sehr geringe Abschiebungszahlen

Macron steht unter dem Druck einer verbreiteten ausländerfeindlichen Stimmung im Land. Politisch sorgt dafür nach wie vor der Front National, aber zunehmend auch die konservativen Republikaner unter ihrem neuen Vorsitzenden Laurent Wauquiez. Wauquiez will die Einwanderung auf ein "striktes Minimum" verringern und bekommt Beifall dafür.

Um das Problem zu lösen, hat Macron ein neues Einwanderungsgesetz versprochen, das im kommenden Monat im Kabinett beraten werden soll. Tenor: Alle Asylsuchenden sollen gut behandelt werden - was bisher offenbar nicht immer selbstverständlich war -, die Integration Asylberechtigter soll verbessert werden. Dagegen sollen alle, deren Asylanträge abgelehnt wurden, viel konsequenter abgeschoben werden. Im Moment würden gerade einmal vier Prozent der Abgelehnten tatsächlich abgeschoben, sagt Christophe Castaner, Vorsitzender von Macrons Partei La République en Marche, das sei "nicht hinnehmbar". Und mit Blick auf die Mittelmeerroute fügt er hinzu: "Wir können nicht eine Million Menschen aus Libyen willkommenheißen." Das war ungefähr die Zahl, die Deutschland allein in einem Jahr aufnahm.

Macron-Vertrauter Castaner: "Wir können nicht eine Million Menschen aus Libyen willkommenheißen"Bild: Getty Images/AFP/A. Solaro

Einige sind von Macron tief enttäuscht

Was bisher von dem neuen Einwanderungs- und Asylgesetz durchgesickert ist, betont denn auch vor allem das Abschieben und Abschrecken. So sollen zum Beispiel "mobile Einheiten" die Notunterkünfte gezielt nach Personen ohne Papiere durchkämmen. Bisher nahmen es Regierungen verschiedener Couleur bei den "Sans Papiers" meist nicht so genau. Asylanträge sollen außerdem schneller bearbeitet werden. Das geschieht aber nach Meinung von Kritikern zuungunsten der Antragsteller und läuft auf einen "Wettlauf mit der Zeit" für sie hinaus. Statt bisher 120 sollen sie in Zukunft nur noch 90 Tage Zeit haben, um den Behörden ihre Papiere vorzulegen. Hilfsorganisationen bemängeln, man brauche allein einen vollen Monat, um überhaupt einen Termin beim zuständigen Amt zu bekommen. Die Abschiebehaft soll von bisher 45 Tage auf 90 Tage verdoppelt werden. Personen sollen zur Feststellung ihrer Identität statt bisher 16 bald 24 Stunden festgehalten werden dürfen. Die Residenzpflicht soll verschärft und die Berufungsmöglichkeiten für angelehnte Asylbewerber verringert werden.

Laurent Giovannoni von der Hilfsorganisation Secours Catholique sagte im Sender France info dazu: "Diese Politik ist rückwärtsgewandt." Es werde zur Ausweisung aller führen, die nicht im engsten Sinne als Kriegsflüchtlinge eingestuft würden. Der Literatur-Nobelpreisträger Jean-Marie Gustave Le Clézio hält die "Trennung" zwischen politischem Asyl und Wirtschaftsmigration für eine "unerträgliche Verweigerung von Menschenlichkeit". Am Dienstag hatte sogar Jean Pisani-Ferry, bis vor kurzem einer der einflussreichsten und engsten Berater des Präsidenten, zusammen mit anderen Kritikern Macron in einem offenen Brief in der Zeitung "Le Monde" angegriffen und ihn aufgefordert, er solle "unseren Idealen gerecht werden" und eine Politik beenden, die darauf abziele, Asylsuchende von Frankreich fernzuhalten.

Viele haben eine andere Politik von Macron erwartetBild: DW/D.Pundy

Macron: Flüchtlinge und Wirtschaftsmigranten auseinanderhalten

Macron twitterte auf die geballte Kritik mit der philosophischen Antwort: "Wenn es um das Thema Migration geht, dann sind Entschlossenheit, Effektivität und Menschlichkeit notwendig. Menschlichkeit ohne Effektivität sind nur schöne Worte. Effektivität ohne Menschlichkeit - das ist Ungerechtigkeit." Die Zeitung "Les Echos" zitierte Macron außerdem mit den Worten: "Man vermischt die Migranten, die Flüchtlinge, das Asylrecht und die Migration aus wirtschaftlichen Gründen." Man solle die einzelnen Gruppen strikt auseinanderhalten.  

Macron, der für eine deutliche Stärkung der EU ist, beklagt auch auf europäischer Ebene eine "unzureichende und unzusammenhängende" Migrationspolitik. In Calais stimmte er zu, die Hauptankunftsländer Griechenland und Italien müssten entlastet werden. Doch dann relativierte er auch das wieder, als er betonte, Asylbewerber sollten sich nicht das Asylland selbst aussuchen dürfen. Sonst, so der Präsident, "wird dem Erstaufnahmeland die Verantwortung abgenommen". 

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