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Politik

"Wir brauchen ein stärkeres Europa"

3. Juli 2017

In einer Grundsatzrede hat Präsident Macron die Richtlinien seiner Politik vorgestellt. Dabei hat er für einen "radikal neuen Weg" in der Politik und eine Erneuerung Frankreichs in einem starken Europa geworben.

Frankreich Emmanuel Macron, Rede in Versailles
Bild: Reuters/E. Feferberg

Nach zwei Monaten im Amt hat Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron sich einen Auftritt im Pomp des Königsschlosses von Versailles gegönnt, um seine Agenda für die fünf Jahre seiner Präsidentschaft vorzulegen. Sein Publikum: Hunderte Abgeordnete und Senatoren.

Zu dem vom sozialliberalen Präsidenten vorgestellten "radikal neuen Weg" in der Politik zählen unter anderem die Vereinfachung der Gesetzgebung, eine Änderung des Wahlrechts, um die verschiedenen politischen Strömungen des Landes besser in der Nationalversammlung abzubilden sowie die Verringerung der Zahl der Abgeordneten der Nationalversammlung um ein Drittel. Zudem soll der Ausnahmezustand im Herbst beendet werden. Dieser war Ende 2015 nach den Anschlägen auf das Pariser "Stade de France" und den Konzertsaal "Bataclan" ausgerufen und seitdem immer wieder verlängert worden.

Er werde die geplanten institutionellen Reformen notfalls per Volksabstimmung durchsetzen, sagte Macron. Sollte das Parlament diese nicht binnen eines Jahres verabschiedet haben, werde er sie den Wählern direkt vorlegen. Das starke Mandat, das die Nationalversammlung bei der Wahl im Juni bekommen habe, schaffe eine "kollektive Verpflichtung zur tiefgreifenden Veränderung der Gesellschaft nach Jahren des Stillstandes". Dem müssen wir treu bleiben, appellierte er an die Abgeordneten. "Wir möchten die Erneuerung Frankreichs für das Volk erreichen." Die Franzosen seien verzweifelt gewesen, dass wolle er gemeinsam mit Parlament und Regierung ändern. Die Bevölkerung fordere eine tiefgreifende Reform der Gesellschaft. "Fürchten wir das nicht, sondern nehmen das an", sagte Macron. All jene, auch die, die nicht zur Wahl gegangen seien müssten überzeugt werden, genauso wie alle, die ganz rechts und ganz links gewählt hätten.

Mit der Veränderung des Wahlrechts, hin zu "einer Dosis Verhältniswahlrecht", wie Macron formulierte, will er kleineren Parteien den Sprung ins Parlament erleichtern. Mit der Verkleinerung der Nationalversammlung will der Präsident das Parlament "schlagkräftiger und effizienter" machen, indem die dann kleinere Zahl der Abgeordneten personell und finanziell besser ausgestattet werden soll.

Dem Terror nicht nachgeben

Dem Terrorismus erklärte Macron mit deutlichen Worten den Kampf. "Wir dürfen nicht dem Nihilismus dieser Mörder weichen, wir werden die Terroristen ohne Gnade verfolgen." Frankreich müsse sich fragen, was es denen schulde, die in Folge der Dummheit und dem blinden Hass der Terroristen gestorben seien.

Plädoyer für Europa

Der Präsident erneuerte sein klares Bekenntnis zu Europa. "Wir haben nie ein so starkes Europa gebraucht wie heute. Dieses Projekt müssen wir mit Leben erfüllen." Europa die Schuld an allem Übel zu geben, wäre ein Verrat an den Generationen, die das geschaffen haben, sagte Macron. Er glaube fest an Europa.

Die Skepsis an dem Projekt sei nicht gerechtfertigt, auch wenn das letzte Jahrzehnt ein schwieriges für Europa war. Eine neue Generation müsse die Idee wieder aufnehmen. Die gemeinsame Politik und Kultur für die europäischen Völker stehe für gemeinsame Werte. Hier müsse Frankreich die Initiative übernehmen, auf der Grundlage der Ideen, die er mit Bundeskanzlerin Angela Merkel besprochen habe. "Wir müssen den visionären Gedanken Europas wieder aufnehmen."  Die Europäische Union werde uns in die Lage versetzen, die Herausforderungen der Zukunft in einer schwierigen und komplexen Welt zu meistern.

Heute ein Sonnenkönig

Mit der Ansprache vor dem französischen Kongress hat der junge Staatschef bereits im Vorfeld teils scharfe Kritik der Opposition auf sich gezogen: Sie wirft Macron das Selbstverständnis eines "Sonnenkönigs" vor und warnt vor einer ungeheuren Machtfülle des neuen Präsidenten.

Der Einzug des Hoffnungsträgers in Schloss VersaillesBild: Reuters/E. Laurent

Mit der Rede vor dem in Versailles versammelten Kongress überschreite Macron "eine neue Schwelle in der pharaonischen Dimension der präsidentiellen Monarchie", poltert der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon. Seine Bewegung und die Kommunisten verkündeten schon vergangene Woche einen Boykott des Kongresses.

Affront gegen Macrons Regierungschef Philippe?

Dazu muss man wissen: Eine Rede des französischen Präsidenten vor den versammelten Abgeordneten und Senatoren ist höchst selten. Bislang ergriffen nur Macrons Vorgänger Nicolas Sarkozy und François Hollande je ein Mal vor beiden Parlamentskammern das Wort - und keiner von beiden so kurz nach Amtsantritt. Möglich ist das in Frankreich ohnehin erst seit einer Verfassungsänderung im Jahr 2008. Zuvor konnte vor den Parlamentskammern lediglich eine Botschaft des Präsidenten verlesen werden.

Besondere Kritik hat sich an dem von Macron gewählten Datum entzündet. Denn am morgigen Dienstag wird sein Premierminister von der bürgerlichen Rechten, Edouard Philippe, vor der Nationalversammlung seine Regierungserklärung zu den Grundzügen der Politik der kommenden Jahre abgeben. Der Präsident stehle ihm mit seinem Auftritt komplett die Show, so die Sichtweise der Kritiker. Premier Philippe teilte indessen mit, er stehe über dieser Debatte. "Der Präsident hat mich darüber informiert, es ist alles abgesprochen", sagte er. Das bemühte sich Macron auch in seiner Grundsatzrede deutlich zu machen, indem er mehrfach auf Philippe verwies und diesen auch konkret ansprach.

qu/uh (afp, dpa, rtr, APE, phoenix)

 

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