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Politik

Macrons Mission in Afrika: Alles neu denken

27. November 2017

Die Afrikareise von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron soll seine neue Politik demonstrieren. Mit einer Rede vor Studenten und einem Ausflug ins anglophone Ghana sucht er den Bruch mit neokolonialen Strukturen.

Gipfeltreffen in Bamako Mali
Bild: Reuters/C. Archambault

Emmanuel Macron will alles richtig machen. Der neue Mann im Élysée-Palast will eine klare Abkehr von der Politik seiner Vorgänger - und hat dafür gleich elf ehrenamtliche Berater berufen. Der "Präsidialrat für Afrika" (CPA), der sich vor allem aus Wirtschaftsvertretern mit afrikanischem Hintergrund zusammensetzt, war in den vergangenen Wochen besonders gefragt, um den französischen Präsidenten vor seiner Westafrika-Tournee in alle wichtigen Themen und Eigenheiten des Kontinents einzuführen. Macron werde andere Dinge sagen - und er werde sie anders sagen als seine Vorgänger, erfuhr der französische Auslandssender "Radio France Internationale" aus der Präsidentschaft.

Die Jugend ansprechen

Den Auftakt dieser perfekten Inszenierung soll die Rede des französischen Präsidenten an der Universität von Ouagadougou in Burkina Faso machen. Sein Publikum: Rund 800 Studenten, denen er im Anschluss Rede und Antwort stehen wird. Der Ort ist sorgfältig gewählt, um eine neue Afrikastrategie zu verkünden. "Es ist ein starkes Zeichen", sagt der kongolesische Politikwissenschaftler Tumba Shango Lokoho, der an der Pariser Sorbonne-Universität lehrt. Macrons Botschaft: Die Zukunft Afrikas gehört der jungen Generation, und die muss gefördert werden. "Wenn die afrikanische Jugend die Zukunft ist, braucht sie die Mittel, sich auszubilden, und Arbeitsperspektiven auf dem Kontinent, um die Transformation Afrikas voranzutreiben", so der Politologe über die neue Afrika-Agenda.

Junge Leute sollen stärker in den Fokus der französischen Afrikapolitik rückenBild: imago/Africa Media Online

Für den französischen Journalisten und Autoren des Buches "Arrogant comme un français en Afrique" ("Arrogant wie ein Franzose in Afrika"), Antoine Glaser, steht fest: Macron will die junge Generation auf seine Seite ziehen. Doch einfach werde das nicht: "Frankreich hat lange schon eine schizophrene Afrika-Politik gefahren. In den Diskursen gibt es das Bestreben nach Erneuerung. Doch die afrikanischen Staatschefs, die oft lange im Amt sind, sind strategische Partner Frankreichs. Und von ihnen hat sich Frankreich vereinnahmen lassen." Indem sich Frankreich das Wohlwollen der alternden Herrscher erhielt, verprellte es gleichzeitig die jungen Afrikaner und die Zivilgesellschaft.

Neue Offenheit

Nach sechs Monaten im Amt gebe es bereits erste Anzeichen, dass die Verhältnisse sich ändern könnten, sagt Tumba Shango Lokoho im DW-Interview. Mit seinen afrikanischen Amtskollegen pflege Macron eine Sprache geprägt von Respekt und Klarheit. Bei seinen ersten Besuchen - etwa in Mali - habe er deutlich gemacht, dass die Beziehungen eine neue Basis bräuchten. Dazu gehöre, dass jeder seine eigene Verantwortung wahrnehme.

Diesen Maßstab setzt Macron auch an sich selbst. Bei einem Algerienbesuch im Februar fand der damalige Präsidentschaftskandidat klare Worte zur belasteten Beziehung beider Länder: Dort bezeichnete er die französische Kolonisierung als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit", für das man sich entschuldigen müsse. In Frankreich hielt man die Luft an - in Afrika wurde er gefeiert.

Französische Soldaten in Algerien 1958 - nach dem Krieg wurde das Land unabhängigBild: picture-alliance/dpa

Seine neue Offenheit bringt Macron aber bisweilen auch Gegenwind. Eine Aussage beim G20-Gipfel in Hamburg, mit der Macron die deutsche Idee eines "Marshallplans mit Afrika" kritisierte, sorgte weltweit für Empörung: "In Ländern, wo die Frauen noch sieben bis acht Kinder kriegen, können Sie Milliarden Euro ausgeben - Sie werden dort nichts stabilisieren." Eine Aussage, die in ihrer extremen Verkürzung die Rede von Vor-Vorgänger Nicolas Sarkozy 2007 in Dakar in Erinnerung ruft. Der damalige Präsident hatte Afrika jegliche Geschichte abgesprochen.

Macron erntete für seine Aussage harsche Kritik. Nicht der Kinderreichtum bremse die Entwicklung, sagte etwa die Politologin und Feministin Francoise Vergès. Vielmehr sei es die Unterentwicklung, die die hohe Geburtenrate mit sich bringe. Politikwissenschaftler Sokoho sieht aber einen Unterschied: Macrons Aussage sei unglücklich gewesen, habe aber ein Problem im Kern erkannt, das auch afrikanische Staatschefs thematisierten - während Sarkozy mit seiner Rede vor zehn Jahren schlicht seine Unwissenheit demonstriert habe.

Die Sicherheitskomponente afrikanischer Start-Ups

Nicht alles wird Macron anders machen. Seine Sicherheitsstrategie knüpfe da an, wo Hollande aufgehört habe, sagt Journalist Antoine Glaser: Neben der eigenen militärischen Mission im Sahel setze er auf den Aufbau einer westafrikanischen Allianz gegen den Terror (die so genannte G5-Gruppe). Dafür werbe er um Unterstützung vor allem in der EU.

In Mali besuchte Präsident Macron im Mai auch die französischen TruppenBild: Reuters/C. Petit Tesson

Doch der neue Präsident gehe noch einen entscheidenden Schritt weiter, sagt Lokoho. "Man kann den Terrorismus nicht effektiv bekämpfen, wenn man die soziale und wirtschaftliche Komponente außer Acht lässt", sagt der Politikwissenschaftler. Macron habe erkannt, dass es gelte, eine gerechte und sachkundige Wirtschaftspolitik zu unterstützen, um den Extremisten den Boden zu entziehen.

Eine Diversifizierung der Wirtschaft gehört daher zu den erklärten Zielen des Präsidenten. Arbeitsmöglichkeiten in der Region - So wird wohl die Botschaft an die 800 Studenten lauten, denen sich Macron am Dienstag stellen wird. Ende der Woche wird sich Macron dann auch ein Start-Up in Ghana ansehen. Auch dies ein Besuch mit Signalwirkung: Der neu gewählte Präsident Nana Akufo-Addo, dessen anglophone Demokratie in Sachen Regierungsführung immer noch weit vorne ist - und der gerade erst Französisch zur Pflichtsprache in weiterführenden Schulen machte, wäre ein neuartiger Partner für Frankreich. Bisher verbündete sich die ehemalige Kolonialmacht oft mit autokratischen Langzeitherrschern wie Kameruns Paul Biya in oder Tschads Idriss Déby.

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