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KonflikteMadagaskar

Kann die Afrikanische Union Militärputsche verhindern?

Adwoa Domena
26. Oktober 2025

Die Suspendierung Madagaskars durch die Afrikanische Union löst eine Debatte aus, wie wirksam der Staatenbund bei Militärputschen handeln kann. Laut Experten hat die AU hauptsächlich symbolische Mittel.

Mitglieder der CAPSAT-Einheit der madagassischen Armee werden bei einer Kundgebung der Zivilgesellschaft begrüßt
Die Vereinten Nationen und die Afrikanische Union haben den Militärputsch in Madagaskar verurteilt Bild: Luis Tato/AFP/Getty Images

Die letzten Wochen waren turbulent für Madagaskar: Rund drei Wochen lang dauerten Proteste, angeführt von der Generation Z. Der Präsident Andry Rajoelina wurde daraufhin durch einen Militärputsch Mitte Oktober gestürzt und der Putschist Oberst Michael Randrianirina wurde als neuer Präsident vereidigt. Randrianirina kommandierte die Armee-Einheit CAPSAT, die sich den Demonstrierenden anschloss und schließlich die Machtübernahme durch das Militär verkündete. Inzwischen setzte er einen zivilen Regierungschef ein. Nun entzog die neue Regierung dem ins Exil geflohenen Rajoelina Medienberichten zufolge die madagassische Staatsbürgerschaft, weil er seit 2014 auch die französische besitzt.  

Kurz nach dem Putsch setzte die Afrikanische Union (AU) die Mitgliedschaft von Madagaskar aus. Damit reiht sich der Inselstaat im Südosten des Kontinents in eine wachsende Liste afrikanischer Staaten ein - darunter Sudan, Mali, Guinea, Burkina Faso, Niger und Gabun - deren AU-Mitgliedschaft nach ähnlichen Umstürzen ebenfalls suspendiert wurde. In einer Stellungnahme nach einer Dringlichkeitssitzung erklärte AU-Vorsitzender Mahmoud Ali Youssouf: "Die Rechtsstaatlichkeit muss Vorrang vor der Herrschaft der Gewalt haben." Die Suspendierung begründete er als "auf Recht und Dialog gegründet".

Andry Rajoelina verurteilte den versuchten Militärputsch, während er sich aus "Sicherheitsgründen" weiterhin außerhalb des Landes aufhält (Archivbild)Bild: Siphiwe Sibeko/REUTERS

Doch diese Entscheidung stößt auf Kritik. Der Sicherheitsanalyst Fidel Amakye Owusu, spezialisiert auf afrikanische Geopolitik, bezeichnet das Protokoll der AU im Umgang mit Staatsstreichen als "reaktionär".

Eine Suspendierung sieht Ryan Cummings als nahezu einziges Mittel der AU gegen "undemokratische Handlungen". Zur DW sagte der Direktor für Analyse bei Signal Risk, einem auf Afrika fokussierten Risikomanagementunternehmen, das Beispiel Madagaskar zeige, "dass die panafrikanische Organisation nur über begrenzte Mechanismen verfügt, um eine gewisse Form der Rechenschaftspflicht oder Konsequenzen sicherzustellen".

Was bezweckt die AU mit Suspendierungen?

Laut Cummings dienen Suspendierungen vor allem dazu, die Missbilligung verfassungswidriger Machtwechsel in Mitgliedsstaaten zum Ausdruck zu bringen. Auch das südafrikanische Institute for Security Studies (ISS) sieht darin ein Mittel, um das Verhalten säumiger Mitgliedstaaten zu beeinflussen und gemeinsame Normen zu fördern.

In der Praxis jedoch zeigen sich die Grenzen dieser Maßnahmen deutlich. "Die gegen den Sudan, Mali und Burkina Faso verhängten Sanktionen haben es nicht verhindert, dass sich Staatsstreiche in diesen Ländern wiederholen. Auch haben sie die unrechtmäßige Machtübernahme durch das Militär in Guinea, Niger, Tschad und Gabun nicht verhindert", heißt es im ISS-Bericht von 2023. Viele dieser Länder haben bis heute weder die verfassungsmäßige Ordnung wiederhergestellt noch sind sie zur Demokratie zurückgekehrt.

Militär in Madagaskar meldet Machtübernahme

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Welche weiteren Möglichkeiten hat die AU?

Zur Konfliktprävention hat die AU den Rat für Frieden und Sicherheit geschaffen. Dieser soll laut AU als Frühwarnsystem dienen und "zeitnahe und effiziente Reaktionen auf Konflikte und Krisensituationen in Afrika ermöglichen" - also idealerweise bevor Krisen eskalieren. Kritiker bemängeln jedoch, dass die Umsetzung dieses Mandats oft zu spät erfolgt.

"Die AU hätte auf der Grundlage von Frühwarnindikatoren Präventivmissionen entsenden sollen", heißt es im ISS-Bericht. Solche Missionen könnten etwa Fakten prüfen, ob Verfassungsänderungen in Betracht gezogen werden könnten - zumindest um zu zeigen, dass alle verfassungswidrigen Entwicklungen ernst genommen werden, nicht nur Militärputsche."

Laut Cummings liegen die Verzögerungen zum Teil daran, dass die AU die Souveränität ihrer Mitgliedstaaten respektiert. Diese sei einer der Grundsätze der AU, die Organisation würde daher ohne formelle Anfrage in keine Angelegenheit eingreifen.

"Selbst wenn sie darum gebeten wird, wird sie die Folgen ihres Handelns abwägen", sagte er zur DW. "Wenn ihre Maßnahmen zu mehr Instabilität führen könnten, wird sie ihre Intervention wahrscheinlich auf den Dialog beschränken."

Im Fall Madagaskars rief die AU am 12. Oktober zum Dialog zwischen Demonstrierenden, der gestürzten Regierung unter Rajoelina und den Sicherheitskräften auf. Die AU erklärte: "Der Vorsitzende der Kommission begrüßt das erneute Bekenntnis der Regierung zum Dialog und fordert alle madagassischen Akteure, sowohl zivile als auch militärische, auf, Ruhe und Zurückhaltung zu üben."

Grenzen der AU - und die Rolle anderer Akteure

Für Amakye Owusu, Analyst für internationale Beziehungen und Sicherheit, kann die AU nur solche warnenden Erklärungen abgeben, um der Instabilität in der Region entgegenzuwirken. "Sie ist eine regionale Organisation, keine souveräne Institution, und daher sind ihre Möglichkeiten begrenzt. Derzeit sind die einzelnen Staaten als Einzelakteure mächtiger als die regionale Organisation", sagte er der DW.

Owusu schlägt vor, dass die Southern African Development Community (SADC), der Madagaskar angehört, eine aktivere Rolle übernehmen könnte. Der regionale Wirtschaftsblock habe in der Vergangenheit oft erfolgreich vermittelt und stabilisiert. Dennoch bleibt Owusu skeptisch: "Kaum eine Gruppe kann kurzfristig eine Kursänderung bewirken." Vielmehr liege die Zukunft in den Händen der Bevölkerung: "Sie hat es losgetreten und könnte nun auch bestimmen, wie es weitergeht."

Aus dem Englischen übersetzt von Silja Fröhlich

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