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Politik

Madrid löst katalanische Regionalregierung auf

27. Oktober 2017

Ministerpräsident Mariano Rajoy setzte darüber hinaus Neuwahlen für den 21. Dezember an. Zuvor hatte das katalanische Parlament sich von der Zentralregierung in Spanien losgesagt.

Spanien PK Ministerpräsident Mariano Rajoy in Madrid
Bild: Reuters/S. Vera

Madrid greift durch - Einschätzungen

07:19

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Die spanische Regierung hat die Absetzung der katalanischen Regionalregierung in Barcelona und ihres Präsidenten Carles Puigdemont beschlossen. Das gab der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy (Artikelbild) nach einem außerordentlichen Treffen des Ministerrats am Freitagabend in Madrid bekannt. Die Absetzung und weitere beschlossene Maßnahmen werden erst mit der Veröffentlichung im spanischen Amtsblatt wirksam.

Zu den beschlossenen Maßnahmen gehören auch die Auflösung des Parlaments in Barcelona und die Vorbereitung von Neuwahlen. "Das Parlament habe ich aufgelöst", sagte Rajoy. Die Neuwahlen sollen bereits am 21. Dezember stattfinden. "Ich habe beschlossen, so schnell wie möglich freie, saubere und rechtmäßige Wahlen auszurufen, um die Demokratie wiederherzustellen. Wir wollten nie, dass es soweit kommt", so Rajoy.

Ministerpräsident Rajoy erhielt vom Senat in Madrid die gewünschte Unterstützung für das Vorgehen gegen KatalonienBild: Reuters/S. Vera

Am Nachmittag hatte der spanische Senat bereits mit 214 zu 47 Stimmen eine Entmachtung der katalanischen Regionalregierung unter Präsident Carles Puigdemont und andere Zwangsmaßnahmen gebilligt. Damit konnte - erstmals seit 1978 - der Artikel 155 der Verfassung aktiviert werden. Er ermöglicht es, "aufrührerischen" Regionen die Autonomie zu entziehen.

Das Singen der katalanischen Hymne war gleichsam der krönende Abschluss des Parlamentsvotums in BarcelonaBild: Reuters/A. Gea

"Eine katalanische Republik als unabhängiger und souveräner Staat" 

Kurz zuvor hatte das katalanische Parlament mehrheitlich für einen Prozess zur Gründung eines unabhängigen Staates gestimmt. Die Abgeordneten verabschiedeten eine Resolution über die Konstituierung "einer katalanischen Republik als unabhängigen und souveränen Staat", ohne allerdings eine Frist für die Ausrufung festzulegen. Die Resolution wurde in geheimer Abstimmung mit 70 Ja-Stimmen gegen zehn Nein-Stimmen bei zwei Enthaltungen angenommen. Allerdings hatten viele Oppositionsabgeordnete den Saal vor dem Votum verlassen.

Im Parlament sangen die Abgeordneten nach der Abstimmung die katalanische Hymne. Viele recken die linke Faust zum Gruß. Auf den Straßen Barcelonas brach unter Tausenden von Demonstranten Jubel aus. Vor dem Parlament versammelten sich nach Medienschätzung mehr als 15.000 Anhänger der Unabhängigkeitsbewegung.

Nach dem historischen Votum: Jubelnde Unabhängigkeitsbefürworter auf den Straßen BarcelonasBild: Reuters/Y. Herman

Verfahren gegen Puigdemont wegen "Rebellion"

Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy rief die Bürger angesichts der Lage in Katalonien zur Besonnenheit auf. "Ich bitte alle Spanier um Ruhe. Der Rechtsstaat wird die Legalität in Katalonien wieder herstellen", twitterte Rajoy nur Minuten nach der Abstimmung in Barcelona. Am Abend kam die spanische Regierung zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen, um über erste Zwangsmaßnahmen zu entscheiden. Zudem leitete das Verfassungsgericht in Madrid ein Verfahren wegen der katalanischen Unabhängigkeitserklärung ein. Die Generalstaatsanwaltschaft kündigte bereits ein Verfahren gegen Puigdemont wegen "Rebellion" an. Die Behörde werde in der kommenden Woche Anklage gegen den Regionalpräsidenten erheben, sagte ein Sprecher. Auf "Rebellion" steht in Spanien eine Höchststrafe von 30 Jahren Haft.
      
Die Krise um Katalonien hatte sich in den vergangenen Wochen dramatisch zugespitzt. Bei dem vom Verfassungsgericht für illegal erklärten Referendum am 1. Oktober hatten in Katalonien etwa 90 Prozent für die Unabhängigkeit der wirtschaftsstarken Region gestimmt. Allerdings beteiligten sich nur gut 40 Prozent der Wahlberechtigten.

EU erkennt Erklärung von Barcelona nicht an 

Die Europäische Union erkennt die Unabhängigkeitserklärung Kataloniens nicht an. "Für die EU ändert sich nichts", schrieb EU-Ratspräsident Donald Tusk im Kurzbotschaftendienst Twitter. "Spanien bleibt unser einziger Gesprächspartner." Tusk rief die Regierung in Madrid gleichzeitig auf, vom Einsatz von Gewalt abzusehen. "Ich hoffe, die spanische Regierung bevorzugt die Stärke des Arguments, nicht das Argument der Stärke."

Auch die Bundesregierung hat sich klar gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens gestellt. "Die Souveränität und territoriale Integrität Spaniens sind und bleiben unverletzlich. Eine einseitig ausgerufene Unabhängigkeit Kataloniens verletzt diese geschützten Prinzipien", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Die Bundesregierung unterstütze die klare Haltung des spanischen Ministerpräsidenten zur Gewährleistung und Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung. Seibert: "Wir hoffen darauf, dass die Beteiligten alle bestehenden Möglichkeiten zum Dialog und zur Deeskalation nutzen werden."

Die Linkspartei rief zu einer internationalen Vermittlung auf. "Die Eskalationsschraube muss zurückgedreht und jegliche Gewaltanwendung verhindert werden", erklärten die Fraktionschefs Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht in Berlin. "Im Sinne der Friedenssicherung" sei Vermittlung von außen "von größter Dringlichkeit".

Vereinte Nationen beobachten die Entwicklung

UN-Generalsekretär António Guterres forderte alle Beteiligten in Madrid und Barcelona zu einer Lösung des Konflikts um die katalanischen Unabhängigkeitsbestrebungen auf. Es müssten "Lösungen innerhalb des Rahmens der spanischen Verfassung" gefunden werden, ließ Guterres in New York über seinen Sprecher Farhan Haq ausrichten. Zudem müssten "politische und gesetzliche Kanäle" eingerichtet werden. Guterres verfolge die Lage in Spanien sehr genau, sagte Haq.

Die USA stärkten der Regierung in Madrid den Rücken. Katalonien sei ein integraler Teil Spaniens, und Washington unterstütze die verfassungsmäßigen Maßnahmen der spanischen Regierung, um das Land zusammenzuhalten, erklärt eine Sprecherin des US-Außenministeriums.

sti/mak (afp, dpa, rtr)

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