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Magische Harfenklänge

8. September 2011

Myanmar, Gambia, USA, Wales, Paraguay und Deutschland. Beim TFF Rudolstadt trafen Harfenisten aus vier Kontinenten aufeinander und beeindruckten mit einem gemeinsamen Konzertprogramm.

Harfen in einer fantasievollen Grafik
Bild: Fotolia/crimson

Was haben die Harfe Xaung Gauk aus Myanmar und die westafrikanische Kora gemeinsam?

Zunächst so viel nicht. Sie klingen sehr unterschiedlich, und die höfische Musikkultur von Myanmar und die Tradition der Griots aus Westafrika sind weit von einander entfernt.

Die Instrumente sind anders gebaut und anders gestimmt. Dennoch passen sie sehr gut zusammen, wie man im Stück "Together" eindrücklich hören kann. U Kyaw Myo Naing aus Myanmar und Lamin Jobarteh aus Gambia brachten ihre Musiktraditionen zusammen und ließen ihre Harfentöne so beeindruckend verschmelzen, dass man beim Zuhören nicht mehr entscheiden konnte, was jetzt Westafrika war und was Südostasien. Solche musikalisch inspirierenden Momente sind keine Seltenheit bei den Magie-Konzerten des TFF Rudolstadt, des größten deutschen Festivals für Folk- und Weltmusik.

In jedem Jahr steht dort ein Instrument oder eine Instrumentenfamilie im Mittelpunkt, und Musiker verschiedenster Herkunft erarbeiten ein gemeinsames Konzertprogramm.

Das "alte" Ägypten

Soweit man das heute nachvollziehen kann, wurden schon im Ägypten vor über 3.000 Jahren Bogenharfen gespielt. Von dort aus verbreiteten sie sich über Persien und Indien nach Südostasien, über Rom und Griechenland nach Europa und später durch den schwarzen Kontinent nach Westafrika. So gesehen sind die Saung Gauk und die Kora doch irgendwie verwandte Instrumente.

Seit gut 1.000 Jahren wird auch in Europa Harfe gespielt, zunächst auf den britischen Inseln, später überall auf dem Kontinent. Wie sich Harfenmusik des späten Mittelalters anhört konnte das Rudolstädter Publikum im "Lamento di Tristano" erfahren, der Klage des mythischen Barden Tristan aus dem Italien des 13. Jahrhunderts.

Sooooo viele Saiten!

Doch wie macht man es nun, dass sechs Harfenspieler mit ihren Unmengen von Saiten und lang nachklingenden Instrumenten nicht ein einziges Durcheinander erzeugen?

Wie oft bei den Rudolstädter Magie-Konzerten liegt die Kunst in Arrangement.

Wolfgang Meyering ist seit langem der musikalische Direktor und dafür zuständig, dass das Aufeinandertreffen der unterschiedlichen Musikkulturen nicht in Beliebigkeit endet. Er leitet die Probentage, sorgt für transparente Arrangements, entscheidet auch mal wer bei welchem Stück was spielt, und gibt durchaus auch zu, dass man bei einer Probenzeit von nur vier Tagen längst nicht alles im Ensemble spielen kann. Die burmesische Hofmusik zum Beispiel ist, wie er sagt, so komplex, dass man sich dafür entschieden hat, U Kyaw Myo Naing und seine Musik nur von der Perkussionistin Nora Thiele begleiten zu lassen. Das so entstandene Stück "Father" hat der Musiker aus Myanmar seinem wenige Wochen zuvor verstorbenen Vater gewidmet.

Mit dem Milchzug in die Hauptstadt

Auch die Harfen Südamerikas stammen letztendlich aus dem alten Ägypten. Spanische Eroberer brachten ihre bis dahin schon weit gereisten Instrumente mit übers Meer, wo sie seit dem 16. Jahrhundert in die Volksmusiktraditionen verschiedener Ländern von Mexiko bis Chile eingegangen sind. Sixto Korbalan aus Paraguay, der südamerikanische Harfenbotschafter in Rudolstadt, brachte einen der virtuosen Höhepunkte mit ins Konzert.

"El tren lechero" (Der Milchzug) ist ein Harfenklassiker aus Paraguay. Ein Stück Programmmusik, in dem die Fahrt des Zuges hörbar wird, der jeden Morgen auf dem Land startet um die Milch für die Hauptstadt Asunción zu bringen. Man hört Anfahrt, Beschleunigung und Ankunft des Zuges, das Rattern der Räder, sogar die Pfeife des Stationsvorstehers, und man hört die technische Brillanz lateinamerikanischer Harfenkunst.

Autor: Matthias Klaus
Redaktion: Rick Fulker
 

Vom Schattendasein im Orchester zum Rampenlicht in Rudolstadt: die HarfeBild: ullstein - CARO/Westermann
Sixto Corbalán beim TFF RudolstadtBild: Uli Anders
"David mit der Harfe" von Marc ChagallBild: DW
Das Rudolstädter Projekt "Magic Harps"Bild: Uli Anders