Magnetischer Nordpol wandert von Kanada Richtung Sibirien
25. Januar 2025
Der Kompass zeigt nach Norden, so viel ist sicher. Aber wo der magnetische Nordpol genau liegt, ist längst nicht so klar: Er wandert jedes Jahr etliche Kilometer. Und das hat gravierende Auswirkungen auf die globale Navigation. Kleinste Gradabweichungen können die angepeilten Koordinaten um hunderte Kilometer verschieben.
Wie entsteht der magnetische Nordpol?
Das Erdmagnetfeld entsteht tief im Erdinneren, wo sich gewaltige Ströme aus geschmolzenem Eisen an der Grenze zwischen Erdkern und Erdmantel bewegen. Sie werden durch die Erdrotation ständig in Bewegung gehalten. Diese Bewegung erzeugt elektrische Ströme, ein Magnetfeld mit zwei Polen entsteht: Der magnetische Nord- und Südpol.
Da sich diese Prozesse im Erdinnern aber ständig verschieben, verändert sich auch das Erdmagnetfeld. Wenn sich diese Ströme etwa durch eine tektonische Erdplattenverschiebung ändern oder verlangsamen, wandert auch der magnetische Nordpol umher.
Welche Navigation basiert auf dem Erdmagnetfeld?
Entscheidend für eine präzise Navigation aller militärischen und zivilen Flugzeuge, Schiffe, U-Boote und GPS-Geräte ist das World Magnetic Model (WMM), das alle fünf Jahre von der US-Wetterbehörde NOAA und der British Geological Survey (BGS) aktualisiert wird.
Das WMM wird unter anderem von der NATO, dem US-Verteidigungsministerium, der US-Luftfahrtbehörde Federal Aviation Administration und der Internationalen Hydrographischen Organisation genutzt. Eine präzise Navigation ist gerade in diesen konfrontativen Zeiten, in denen einzelne Staaten wie Russland und China regelmäßig Ortungs- und Navigationssysteme stören, für die Sicherheit von großer strategischer Bedeutung.
Auch fast alle Karten- und Kompass-Apps sowie GPS-Dienste von Smartphones orientieren sich am WMM. Sie haben alle ein entsprechendes Update bekommen.
Die Fachwelt musste lange auf eine aktuelle Berechnung warten. Das jetzt endlich veröffentlichte "World Magnetic Model 2025" soll bis 2029 gültig sein. Erstmals wurde zusätzlich ein zweites hochauflösendes Modell veröffentlicht, das eine deutlich höhere Richtungsgenauigkeit bietet. Das Standard-WMM hat eine räumliche Auflösung von etwa 3.300 Kilometern am Äquator, das hochauflösende Modell hat eine viel genauere räumlichen Auflösung von etwa 300 Kilometern am Äquator.
Das Modell liefert weltweit auch die "Deklination", also den Winkel zwischen der Richtung zum magnetischen und geographischen Nordpol. Dieser Winkel ändert sich umso stärker, je weiter man nach Norden kommt und muss insbesondere bei der Navigation mit dem Kompass berücksichtigt werden.
Wohin wandert der magnetische Nordpol?
Noch Anfang des Jahrhunderts befand sich der magnetische Nordpol in der Nähe der Nordostpassage in Kanada, einer der wichtigsten Schifffahrtsrouten der Welt. Jetzt liegt er viel weiter nördlich, in der Nähe des geographischen Nordpols. 2018 überquerte er die internationale Datumsgrenze in Richtung der östlichen Hemisphäre.
In den vergangenen 20 Jahren wanderte er überraschend schnell Richtung Sibirien, jährlich um etwa 50 Kilometer. Aber vor fünf Jahren verlangsamte sich die Wanderung plötzlich auf nur noch 35 Kilometer pro Jahr. "Das derzeitige Verhalten des magnetischen Nordpols haben wir nie zuvor beobachtet", so William Brown vom British Geological Survey. "Das ist die größte Verlangsamung, die wir je erlebt haben."
Warum sind starke Magnetfelder wichtig?
Für das Leben auf der Erde ist weniger entscheidend, wo die jeweiligen magnetischen Pole liegen, sondern wie stark sie sind. Und aus bislang unbekannten Gründen ist das Erdmagnetfeld seit Beginn der Aufzeichnungen vor 175 Jahren um zehn Prozent schwächer geworden.
Ein starkes Erdmagnetfeld schützt die Erde außerdem vor aggressiver kosmischer Strahlung und Sonnenwinden. Bei einem schwachen Magnetfeld reduziert sich die schützende Ozonschicht und die gefährlichen UV-Strahlen dringen vor allem in den Polregionen leichter durch.
Auch geostationäre Satelliten sind bei einem schwachen Erdmagnetfeld weniger geschützt. Strahlungen oder Teilchen aus dem All könnten ihnen erheblich zusetzen und die Kommunikation massiv einschränken.
Quelle:
World Magnetic Model (WMM)
https://www.ncei.noaa.gov/news/world-magnetic-model-2025-released