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Politik

Magnitski-Gesetze gegen Korruption

Roman Goncharenko
16. November 2019

Zehn Jahre ist es her, dass der Wirtschaftsprüfer Sergej Magnitski in einem Moskauer Gefängnis zu Tode kam. Er hatte Korruptionsfälle aufgedeckt. Sein Tod setzte eine Sanktionsspirale in Gang, die sich bis heute dreht.

Russland Sergej Magnitski im Untersuchungshaft gestorben
Am 16. November 2009 starb Sergej Magnitski in Untersuchungshaft in MoskauBild: dapd

Im Westen steht Sergej Magnitski in einer Reihe mit Anna Politkowskaja oder Boris Nemtsov, prominenten und ermordeten Kreml-Kritikern. Der Moskauer Anwalt Magnitski war jedoch kein Oppositioneller. Der damals 37-jährige Wirtschaftsprüfer hatte Offiziere des Innenministeriums beschuldigt, den Staat um mehr als 230 Millionen US-Dollar geprellt zu haben. Daraufhin hatten ihn russische Sicherheitskräfte wegen angeblichen Steuerbetrugs festgenommen. Er soll 2009 in einem Moskauer Gefängnis zu Tode gekommen sein. Ein Gericht hat den früheren Wirtschaftsprüfer posthum dann auch schuldig gesprochen. Magnitski wurde erst nach seinem Tod vor genau zehn Jahren, am 16. November 2009, berühmt. Denn kaum ein Fall steht Korruption und Justizwillkür im heutigen Russland. Sein Tod setzte eine Sanktionsspirale in Gang, die sich bis heute dreht. Doch was geschah damals?

Wer war Magnitski und warum er starb?

Sergej Magnitski wurde 1972 in Odessa in der damals sowjetischen Ukraine geboren und arbeitete als Wirtschaftsprüfer in Moskau. Einer seiner Kunden war die Firma Hermitage Capital Management von William Browder, einem US-Unternehmer mit britischem Pass, der seit Ende der 1990er Jahre zu den größten Kapitalanlegern in Russland zählte. Doch Browder fiel Berichten zufolge in Moskau in Ungnade und wurde mit einem Einreiseverbot belegt. Er selbst sieht sich als Wladimir Putins "Staatsfeind Nr. 1". Seine Firma wurde 2007 wegen Verdachts auf Steuerhinterziehung durchsucht. 

Magnitski wiederum deckte 2008 nach eigenen Angaben ein Korruptionsschema auf, bei dem Steuerrückzahlungen in Höhe von umgerechnet mehr als 230 Millionen US-Dollar bei der russischen Steuerpolizei versickert sein sollen. Das Geld soll später unter anderem über eine skandinavische Bank im Baltikum gewaschen worden sein.

Im selben Jahr wurde Magnitski selbst wegen Steuerhinterziehung verhaftet, verbrachte fast ein Jahr in Untersuchungshaft, fühlte sich zunehmend krank und starb im Alter von 37 Jahren. Als Todesursache gaben die Behörden Herzversagen an, doch die Hinterbliebenen bezweifelten das. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) urteilte im August 2019, Magnitski habe keine ausreichende medizinische Hilfe in Haft erhalten. Auch die Umstände seines Todes seien unzureichend aufgeklärt worden.

Wer steht auf der Magnitski-Liste in den USA?

Kurz nach Magnitskis Tod trieb vor allem US-Senator Benjamin Cardin von den Demokraten Sanktionen gegen Verantwortliche in Russland voran. Ende 2012 wurde das so genannte Magnitski-Gesetz vom Kongress verabschiedet und vom damaligen Präsidenten Barack Obama unterzeichnet. Es sieht Kontosperrungen und Einreiseverbote vor. Auf der Liste der Betroffenen standen zunächst einige russische Justizmitarbeiter, die laut US-Behörden, in die Verfolgung von Magnitski involviert waren.

2016 wurde das Magnitski Gesetz ergänzt. Das erweiterte Gesetz erlaubt es der Regierung, weltweit gegen Personen vorzugehen, denen Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden. Auf dieser Grundlage wurden unter anderem Sanktionen gegen den berüchtigten tschetschenischen Anführer Ramsan Kadyrow eingeführt. Zuletzt diente das Magnitski-Gesetz etwa auch für Sanktionen gegen Personen im Zusammenhang mit der Ermordung des saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi. 

Russlands Reaktion: Urteile gegen Browder und Adoptionsverbot?

Nach Ermittlungen in Russland zu den Umständen des Todes von Magnitski hieß es, er sei eines natürlichen Todes gestorben. Das Verfahren wurde eingestellt. Magnitski selbst wurde 2013 posthum wegen Steuerhinterziehung schuldig gesprochen. Auch Browder wurde zweimal in Abwesenheit wegen Steuerhinterziehung zu langjährigen Strafen verurteilt. Moskau schrieb den Putin-Kritiker mehrmals zur Fahndung bei Interpol aus, jedoch ohne Erfolg.

Browder: Magnitski-Urteil ist ein Meilenstein

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Auf das erste Magnitski-Gesetz antwortete Russland Ende Dezember 2012 mit einem Gesetz, das seither Einreiseverbote für US-Bürger vorsieht. Das Außenministerium führt eine Namensliste. Für Aufsehen und Kritik sorgte der Teil des Gesetzes, das US-Bürgern verbietet, russische Waisenkinder zu adoptieren. Nach dem Zerfall der UdSSR war dies eine verbreitete Praxis. Tausende Kinder wurden adoptiert. Das Gesetz wurde in russischen Medien inoffiziell nach Dima Jakowlew benannt, einem russischen Jungen, der kurz nach der Adoption in den USA starb, weil ihn sein Adoptivvater bei Hitze im Auto gelassen hatte.

In welchen Ländern gibt es Magnitski-Gesetze?

Außerhalb der USA beschäftigte sich der Europarat intensiv mit dem Fall Magnitski. In einem Bericht 2013 wurde zu Sanktionen aufgerufen, die in einigen Ländern eingeführt wurden. Nach den USA haben Kanada, Estland, Lettland und Litauen Magnitski-Gesetze verabschiedet. In Großbritannien trifft die entsprechende Klausel im Rahmen des Gesetzes über Kampf gegen Geldwäsche voraussichtlich nach dem Austritt aus der Europäischen Union in Kraft. Auch in Deutschland sprachen sich manche Parteien und einzelne Politiker - wie Norbert Röttgen von der CDU - für ein Magnitski-Gesetz aus. Bisher gibt es das in Deutschland aber nicht. 

Im EU-Parlament gibt es inzwischen eine neue Initiative, eine sogenannte Magnitski-Liste zu verabschieden, die aufgrund von Menschenrechtsverletzungen Einreiseverbote in die EU und Kontosperrungen vorsehen würde. Die Initiative richtet sich - ähnlich wie in den USA - gegen Verstöße weltweit und nicht nur in Russland.  

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