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EU besorgt über Ost-Ukraine

Bernd Riegert14. April 2014

Neue Sanktionen gegen Russland soll es nach Ansicht der EU-Außenminister trotz der Unruhen in der östlichen Ukraine noch nicht geben. Moskau sei mitverantwortlich, aber erst soll die Diplomatie noch eine Chance bekommen.

EU Außenminister Treffen zur Ukraine 14.04.2014 Luxembourg
Ein wenig ratlos in Luxemburg: Blick in den Konferenzsaal der AußenministerBild: Georges Gobet/AFP/Getty Images

Der ukrainische Interimspräsident, Alexander Turtschinow, überraschte die europäischen Außenminister bei ihrem Treffen in Luxemburg mit der Idee, ein Referendum über den künftigen Staatsaufbau der Ukraine abzuhalten. Die Reaktion fiel zustimmend aus: Alles, was Spannungen abbaue, sei im Prinzip zu begrüßen.

Die ukrainische Regierung und das ukrainische Parlament könnten selbst und souverän entscheiden, ob sie ein Referendum zu mehr Autonomie für die Regionen veranstalten oder nicht, so der niederländische Außenminister Frans Timmermans. "Man muss aber bedenken, dass nur ein Viertel der Bevölkerung nach Meinungsumfragen für eine größere Unabhängigkeit der östlichen Ukraine ist", merkte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn an.

Kaum Anzeichen für Besserung

In der Analyse der Lage in der Ukraine waren sich die 28 Minister relativ einig. Russland steuere die Unruhen im Osten des Landes sowie die Erstürmung von öffentlichen Gebäuden und sei für die Eskalation verantwortlich, sagten mehrere Minister. "Bis jetzt haben wir wenig gesehen aus Moskau, das hoffen lässt, dass es besser wird", bedauerte der niederländische Ressortchef Timmermans. Der Außenminister von Litauen, Linas Linkevicius, dessen Land in unmittelbarer Nachbarschaft zu Russland liegt, machte aus seiner Frustration über die vorsichtigen Worte einiger EU-Kollegen keinen Hehl.

Linkevicius: Die Zeit des Drumherumredens ist vorbeiBild: Georges Gobet/AFP/Getty Images

Jetzt sei nicht mehr die Zeit zum Drumherumreden, so Linkevicius, nach immer neuen Berichten über pro-russische Unruhen im Osten der Ukraine: "Ich glaube, man sollte sich nicht mit Kleinigkeiten abgeben, wenn das Haus bereits brennt. Man muss der Realität ins Auge sehen. Die Realität ist, dass wir immer mehr Anzeichen für eine Aggression von außen sehen. Da wird fortgesetzt, was auf der Krim begann." Russland hatte die ukrainische Krim-Halbinsel nach einer inszenierten Volksabstimmung vor einem Monat militärisch besetzt, was die EU und die USA als völkerrechtswidrig betrachten.

Vorerst keine wirtschaftlichen Sanktionen

Der britische Außenminister William Hague teilt das Verlangen der USA, härtere Strafmaßnahmen gegen Russland zu verhängen. "Weitere Sanktionen müssen die Antwort auf das russische Verhalten sein. Natürlich müssen wir innerhalb der EU einstimmig entscheiden, wie weit wir sie ausdehnen wollen. Dafür werde ich eintreten."

William Hague: Wir müssen antwortenBild: Aris Messinis/AFP/Getty Images

Über die Verhängung von wirtschaftlichen Sanktionen wurde aber in Luxemburg nicht entschieden. Die sogenannte "dritte Stufe" wird von der EU-Kommission vorbereitet. Möglich ist eine Ausweitung der Einreiseverbote und Kontosperrungen für Angehörige der russischen Führungselite oder Militärs. Vor schärferen Sanktionen schreckt die EU noch zurück, auch um die Vierer-Gespräche zwischen der Ukraine, den USA, Russland und der EU am kommenden Donnerstag in Genf nicht zu gefährden.

Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn zeigte sich überzeugt davon, dass mit verschärften Sanktionen das Problem nicht zu lösen sein werde. Er setzt auf etwas anderes: "Die Russen haben sich selbst sanktioniert. Schauen Sie auf den Rubel, wie er sich nach unten bewegt. Schauen Sie auf die Kapitalflucht, die immer größer wird. Schauen Sie, wie die Investoren zögern. Das ist eine absolute Strafe. Die ist höher als jede Strafe oder Sanktion, die durch internationale Gremien verhängt werden kann."

Der Osten der Ukraine will - wie die Krim - zu Russland gehören

"Atempause" ist vorbei

Erst vor zehn Tagen hatten sich die EU-Außenminister in Athen bei ihrem informellen Treffen intensiv mit den Spannungen zwischen Russland und der Union beschäftigt. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte von einer "Atempause" gesprochen.

Die scheint jetzt vorbei zu sein. Alle Hoffnungen ruhen nun auf dem direkten Gespräch mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow in Genf, so die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton vor Reportern: "Das Treffen soll der Beginn von Gesprächen darüber sein, wie wir die Lage in der Ukraine entschärfen. Wie stellen wir sicher, dass der souveräne Staat im Interesse aller seiner Menschen handeln kann? Ich erhoffe mir von allen Außenministern ein entsprechendes Mandat für die Konferenz."

Der deutsche Staatsminister Michael Roth, der Außenminister Steinmeier wegen dessen China-Reise in Luxemburg vertritt, warnte vor einem Rückfall in die Kategorien des Kalten Krieges. Russland müsse einsehen, dass es in der Ukraine-Frage überhaupt keine Verbündeten habe, so Roth.

"Russland ist weltweit weitestgehend isoliert. Die OSZE, der Europarat, die Europäische Union und der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen haben ein klares Signal gesetzt, dass die Annexion der Krim inakzeptabel sei, dass die territoriale Integrität der Ukraine gewahrt bleiben müsse. Insofern geht es hier nicht um einen Kampf des Kalten Krieges zwischen dem vermeintlichen Westen und dem vermeintlichen Osten. Es gibt eine hohe Geschlossenheit der internationalen Staatengemeinschaft."

Hilfskredit für Kiew beschlossen

Wie bereits länger angekündigt, beschlossen die EU-Außenminister die Freigabe eines Hilfskredits von einer Milliarde Euro, der die Zahlungsfähigkeit der Ukraine sichern soll. Außerdem werden am 25. April Einfuhrzölle auf ukrainische Waren in der EU aufgehoben. Das soll der Ukraine einen Vorteil von 500 Millionen Euro verschaffen.

Hilferufe nach Moskau? Prorussischer Protest in LuganskBild: Dimitar Dilkoff/AFP/Getty Images

Ende des Monats soll der Internationale Währungsfonds ein Hilfsprogramm von bis zu 15 Milliarden Euro für die Ukraine freigeben. Die EU prüft außerdem weiter, wie sie Gas in die Ukraine liefern kann. Damit soll die Verhandlungsposition Kiews im Streit um Gaspreise mit Moskau verbessert werden. Großbritannien, Schweden und Polen wollen mit der Unterstützung eine Mission zur Ausbildung der Polizei in die Ukraine schicken. Diese EU-Initiative dürfte in Moskau für neue Irritationen sorgen.

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