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Forscher finden Wirkstoff gegen Malaria

Hanna Pütz
15. Februar 2017

Wissenschaftler der Universität Tübingen haben eine neue Impfung gegen Malaria getestet. Sie soll zu 100 Prozent schützen. Wie es funktioniert, erklärt Forscher Peter Kremsner im DW-Interview.

Mosquito Mücke
Bild: picture-alliance/AP Photo/J. Miller

Deutsche Welle: Eine neue Impf-Methode gegen Malaria, den Sie an 67 gesunden Personen getestet haben, war in ersten Tests zu hundert Prozent wirksam. Ist das jetzt der Durchbruch im Kampf gegen Malaria?  

Peter Kremsner: Das hoffen wir doch sehr. Dass wir es mit diesem neuen Ansatz der Malariaimpfung so weit gebracht haben, hat uns selbst überrascht.

Neue Impfstoffe gegen Malaria sind schon oft auf den Markt gekommen. Was ist das Neue an Ihren Forschungsergebnissen?

Für Peter Kremsner ist die jüngste Impf-Testreihe ein Wendepunkt im Kampf gegen Malaria. Bild: picture-alliance/dpa/Michael Latz

Wir nehmen dabei die gesamten lebendigen Parasiten und verabreichen diese in Form einer Impfung zusammen mit einem Anti-Malaria-Mittel. Das wird oral eingenommen. Die Parasiten können zwar in die Leber gelangen. Die Krankheit bricht aber erst aus, wenn sie ins Blut übergehen. Und dort werden sie dann von dem Malariamittel erwischt und abgeschwächt beziehungsweise abgetötet und können dann nichts mehr anrichten. 

Was ist der Unterscheid zum Impfstoff RTS,S (Mosquirix), der 2015 von der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA zugelassen wurde? 

Dieser Impfstoff besteht aus einem Teil des Oberflächenmoleküls der Malariaparasiten, der dann mit anderen Molekülen versetzt wird. Wir haben hier die ganzen Parasiten genommen und diese gleichzeitig mit der Malariatherapie gegeben, damit sie abgeschwächt werden. Das ist ein neues Prinzip. Wir sind weggegangen von den Antigenen, das heißt irgendwelchen Teilen der Moleküle, die bisher für die Impfstoffherstellung auch bei der Malaria verwendet wurden. 

Woran liegt es, dass das funktioniert?

Wenn man einen Wirkstoff nimmt wie Mosquirix ist das nur ein Teil eines Moleküls. Ein sehr wichtiges zwar, aber damit wird man vielleicht auch nur einen Teil der Parasiten erkennen können. Die Ergebnisse haben ja gezeigt dass es bei Mosquirix nur etwa 30 bis 50 Prozent Wirksamkeit gibt. Das allein war ein Durchbruch, denn es ist die erste antiparasitäre Impfung gegen Malaria, die es beim Menschen überhaupt gibt. Das ist uns aber nicht genug.

Mit dem Ganzzellimpfstoff haben wir die Möglichkeit, dass sehr viele verschiedene Moleküle frühzeitig vom Immunsystem erkannt werden. Die Malariaparasitenmoleküle lösen dann eine Immunantwort aus, die, wie wir gezeigt haben, zu 100 Prozent schützend ist.    

Wie genau sind Sie bei dem Versuch vorgegangen?

Wir haben gesunden jungen Tübingern, die noch nie Malaria hatten, die Malariaparasiten gespritzt und ihnen gleichzeitig die Anti-Malaria-Therapie gegeben. Das haben wir in mehreren Etappen getestet, mit unterschiedlichen Dosierungen und in unterschiedlichen Zeitabständen. Das hat bei Dosen von 50.000 Parasiten und gleichzeitiger Zugabe von Malariamitteln gut funktioniert. 

Für den Versuch haben Sie 67 Personen getestet. Wie aussagekräftig ist der Versuch?

Das ist eine allererste Studie dieser Art. Die Anzahl der Testpersonen ist natürlich erstmal sehr gering. Aber immerhin haben wir neun von neun Probanden in jeder der Testgruppen mit dieser Art der Immunisierung schützen können. Das ist ein großer Durchbruch und daran arbeiten wir jetzt weiter.

Der Kampf gegen Malaria nimmt Form an.

Woran genau wollen Sie weiterarbeiten?

Wir schauen uns an, ob es mit anderen Malariamitteln noch besser wird. Wir schrauben zum Beispiel an der Dosis herum und am Schema, das heißt, dass man es auch kürzer geben kann, damit es in der Reisemedizin besser einsetzbar wird. Vor allem arbeiten wir daran weiter, die Impfung und das Anti-Malaria-Mittel in einer Spritze zu verabreichen. Es gibt schon jetzt andere Anti-Malaria-Mittel, die intravenös verabreicht werden. Das kriegen wir also hin. 

Wann soll das Medikament auf den Markt kommen?

Wir sind sehr optimistisch und rechnen damit, es in zwei Jahren zur Lizensierung parat zu haben. 

Können Menschen, die in Malaria-Gebieten leben, dann auf Moskitonetze verzichten?

Wenn der Impfstoff auch mit einer einzigen Spritze wirklich zu 100 Prozent wirksam ist, können die Menschen darauf verzichten. Aber erstmal würde ich das nicht so sagen. Außerdem bieten die Mückennetze ja auch Schutz gegen andere Tropenkrankheiten, die durch Mücken übertragen werden - wie das Dengue-Fieber. Ganz verzichten können wird man darauf also nicht. 

Peter Kremsner ist Direktor des Institut für Tropenmedizin (ITM) in Tübingen. Seine Forschungsschwerpunkte sind Tropenkrankheiten wie Malaria, Filariasis, Schistosomiasis sowie klinische Medikamenten- und Impfstoffstudien. 

Das Interview führte Hanna Pütz. 

 

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