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Kein Billig-Wein

30. Juni 2009

Weinbau in Ungarn und Rumänien hat eine jahrhundertelange Tradition. Weintourismus-Angebote sind dort aber immer noch selten. Dabei haben viele Regionen landschaftlich und geschmacklich viel zu bieten.

Blick auf ein Weingut im Weinberg (Foto: von Degenberg)
Auch in Ungarn und Rumänien finden sich gute Weine und schöne LandschaftenBild: von Degenfeld

In Rumänien wird seit Jahrhunderten mit regionaler Spezialisierung Weinbau betrieben. Mit 250.000 Hektar Rebfläche bietet das Land ein großes Potential. Der aus Tirol stammende Baron Jacob Kripp bewirtschaftet in Dragasan im Südwesten Rumäniens einen kleinen Teil des Wein-Schatzes.

Die Familie seiner Frau Iliana war von den Kommunisten nach dem Zweiten Weltkrieg enteignet worden. Durch Restitutionsansprüche erhielt das Paar in den 90er-Jahren das Weingut "Prince Stirbey" und restaurierte es, so dass es in neuem Glanz erstrahlte.

Qualität statt Masse

Weintourismus könnte eine neue Einnahmequelle seinBild: DW

20 Hektar Rebland bewirtschaftet Baron Jacob Kripp heute mit seinen Angestellten im südrumänischen Dragasan. Ein Minibetrieb im Vergleich zu den staatlichen und auch neuen privaten Anlagen, die oft über mehr als 1000 Hektar Weinfläche verfügen. Das Weingut "Prince Stirbey" produziert dennoch mit modernen Mitteln auf hohem Niveau.

Obwohl die Weine zu den teuersten im Land zählen, wird der größte Teil der Produktion in Rumänien selbst getrunken. Alte und ursprüngliche Rebsorten der Region, wie die weiße Cramposie, werden hier besonders gepflegt. Ihren Geschmack wollen Jacob und Iliana zum vollen Ausdruck bringen, das ist ihr erklärtes Ziel.

Malerisch wie die Toskana

Als Baron Jacob Kripp das erste Mal nach Dragasan kam, dachte er spontan an die Toskana. Dort hatte er, wegen der Nähe zu seiner Südtiroler Heimat, oft seinen Urlaub verbracht: Eine sanfte Hügellandschaft mit malerischen Weinbergen, durch die Täler ziehen sich ausgedehnte Eichen- und Akazienwälder.

In der Nähe des Weinguts gibt es zwei Klöster mit modern ausgestatteten Gästezimmern und ausgezeichneten Gerichten der Region, die von Nonnen zubereitet werden. Die Idee, mit dieser Landschaft speziell Weintouristen anzulocken, lag deshalb nahe. Für die Zukunft schwebt Baron Jacob Kripp vor, zusammen mit anderen Weingütern eine Art Weinstraße einzurichten, so wie sie in Deutschland und Frankreich schon lange existieren.

Süß und edel

Mit dem Schlosshotel hat die Winzerin von Degenberg eine Nische gefundenBild: von Degenfeld

Im nordungarischen Tokaj ist Tourismus dagegen seit langem etabliert. Allerdings gab es in der Region des legendären Süßweins noch nie so viele Besucher wie in den vergangenen Jahren. Grund dafür ist unter anderem das Weingut von Marie Gräfin von Degenfeld. In der landschaftlich reizvollen Gegend, die früher einmal zu Rumänien gehörte, wurde sie geboren.

Auch ihre Familie war nach dem Zweiten Weltkrieg enteignet worden und hat nach der Restitution in ein Weingut investiert. Von Anfang an war das Ziel klar: Die hier produzierten Weine sollten zu den "Top Ten" des Landes gehören.

Familiär mit Niveau

Eher durch Zufall entstand nach der Einrichtung des Weingutes auch ein Hotel für gehobene Ansprüche. Eigentlich war die Familie von Degenfeld auf der Suche nach einem großen trockenen Keller.

Den gab es aber nur zusammen mit einem alten heruntergekommenen Herrenhaus zu kaufen. Klaus und Marie von Degenfeld renovierten die Gebäude und die dazugehörige Parkanlage aufwändig und verwandelten das Haus so in ein Schlosshotel mit 20 Zimmern und familiärer Atmosphäre.

Durch Keller und Weinberg

Ungarn ist vor allem für seinen Tokajer bekanntBild: von Degenfeld

Mit der luxuriösen Unterkunft ergänzt das Hotel die zahlreichen Angebote der einfachen Pensionen in der Region. Besonders ist hier aber nicht nur der gehobene Standard. Es ist auch das einzige Hotel der Gegend mit angeschlossenem Weingut. Die Touristen können nicht nur zwischen Swimmingpool und Tennisplatz wählen, sondern auch mit dem Mountain-Bike durch die Weinberge radeln und im Keller die verschiedenen Weine des Hauses probieren.

Einfache Qulität - niedrige Preise

Ein Luxus, der vielen deutschen Konsumenten weitgehend unbekannt ist, wenn es um Weine aus Osteuropa geht. Hierzulande kennen die Menschen den osteuropäischen Wein vor allem aus dem unteren Teil des Weinregals: einfache Qualität, niedrige Preise - so das über Jahrzehnte geprägte Bild. Vielleicht wird sich dieses "Billig-Image" der osteuropäischen Weine bald ändern, wenn immer mehr Touristen auf den Spuren der Reben in Rumänien und Ungarn wandeln.

Autor: Günther Birkenstock
Redaktion: Heidi Engels

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