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PolitikAfrika

Mali: Wie gewonnen, so zerronnen?

Martina Schwikowski
14. September 2020

Kaum ist in Mali eine Einigung für eine Übergangszeit hin zu Neuwahlen verkündet worden, schon gibt es Konflikte. Die Opposition, deren ziviler Widerstand den Militärputsch erst ermöglicht hatte, fühlt sich übergangen.

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Bild: Getty Images/AFP/M. Cattani

Fast vier Wochen hat es gebraucht, bis nach dem Militärputsch im westafrikanischen Mali ein Fahrplan zu Neuwahlen auf dem Tisch lag. Rund 500 Vertreter politischer und zivilgesellschaftlicher Gruppen einigten sich - kurz vor Ablauf eines Ultimatums des westafrikanischen Staatenbunds ECOWAS - darauf, dass eine Übergangsregierung das Land binnen 18 Monaten aus der Krise führen und dann an eine demokratisch gewählte Regierung übergeben soll. Das Gremium, das die neue Führung auswählt, soll von der noch regierenden Militärjunta, dem Nationalen Komitee zur Errettung des Volkes (CNSP), bestimmt werden.

Opposition zieht nicht mit

Doch schon vor Beginn der eigentlichen Arbeit gibt es Widerstand. Die mächtige oppositionelle "Bewegung des 5. Juni - Versammlung patriotischer Kräfte" (M5-RFP) hat die Pläne abgelehnt. Begründung: Das Schlussdokument missachte die Mehrheitsentscheidung, dass ein Zivilist Ministerpräsident sein solle. Auch verschiedene bewaffnete Gruppen wollen Berichten zufolge bei der Vereinbarung nicht mitziehen. Ist die Bildung einer nationalen Einheitsregierung somit bereits im Keim erstickt?

Das Militär hatte sich im August an die Macht geputscht, Ex-Präsident Ibrahim Boubacar Keïta festgenommen und ihn zum Rücktritt gezwungen. Die Oppositionsbewegung M5-RFP, die monatelang für den Sturz des Präsidenten Ibrahim Boubacar Keïta gestritten hatte, prangert jetzt "Einschüchterung und antidemokratische Praktiken" an. "Die M5-RFP verurteilt die Tatsache, dass viele Punkte des Dokuments, die nie infrage standen, einseitig nicht berücksichtigt wurden.", sagt M5-Koordinator Choguel Kokalla Maiga.

Bis Sonntag wurde in Bamako verhandelt. Die Bilanz wird unterschiedlich gezogenBild: picture-alliance/AP

Der ehemalige Premierminister Moussa Mara zeigt sich im DW-Interview hingegen optimistisch: ''Das Ziel ist, dass es uns gelingt, die Malier weitgehend zusammenzubringen, auch mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten. Wir vertrauen also darauf, dass der CNSP und alle führenden Politiker sich dafür einsetzen werden, dass die Zusammenarbeit mit der ECOWAS unter den richtigen Bedingungen stattfindet", sagte Mara im DW-Interview.

Skepsis an der M5-Bewegung

In der Kritik der Protestbewegung sieht Bram Posthumus - langjähriger DW-Korrespondent in Westafrika und Mali-Experte - auch das eigene Interesse der M5-Bewegung: "Sie haben selbst das Amt des Ministerpräsidenten ins Auge gefasst. Denn in dieser Bewegung sind viele ehemalige Politiker der vorherigen Regierung. So zum Beispiel der frühere Erziehungsminister, der jetzt zu den Sprechern von M5 gehört", sagt Posthumus. "Aus Sicht der Bewegung mangelt es auch an Wertschätzung für ihre Organisation, zumal es Tote während der Demonstrationen im Juli zu beklagen gab. Das sind für M5 Märtyrer."

Massive Proteste, getragen von M5-RFP, waren der Absetzung von Präsident IBK vorausgegangenBild: Reuters/M. Rosier

Doch in Bamako teilen längst nicht alle diese Meinung. "Die M5-RFP macht eine zu große Sache daraus", findet der 68-jährige Lastwagenfahrer Ibrahim Diallo. Es sei unbestritten, dass die Bewegung den Umsturz herbeigeführt habe. "Darin sind sich sicherlich alle einig, sogar die Militärs. Ich glaube also, dass ihr Wert bereits von der Armee erkannt wurde." Aber jetzt gehe es nunmal um Mali. "Deshalb ist es jetzt am besten, wenn wir versuchen, vereinte Sache zu machen, damit unser Land vorankommen kann, damit die Dinge vorankommen."

Auch die 16-jährige Tante Mendy Berthé will der zivilen Bewegung nicht so recht trauen. Schließlich seien es die Militärs, die Tatsachen geschaffen hätten. "Ich glaube, dass das Militär der Aufgabe gewachsen sein wird", sagt sie der DW mit Blick auf die Übergangsregierung.

Weiter Weg zum staatlichen Gewaltmonopol

Die M5-Bewegung behaupte zwar, sie spreche für alle Malier. Aber das sei weit hergeholt, sagt Bram Posthumus. "Eine aktuelle Meinungsumfrage hat sogar zum Ergebnis, dass die Mehrheit der Malier mit einer vom Militär geführten Übergangsregierung einverstanden sind, weil sie den Politikern in der M5-Bewegung nicht trauen." Das Problem habe viel mit der Politik im Mikrokosmos der Hauptstadt Bamako zu tun: "Die innenpolitische Kämpfe zwischen den Meinungen der Oppositionellen und den Militärs, das ist außerhalb der Kreise von Bamako nicht von großer Bedeutung", glaubt Posthumus.

Außerhalb Bamakos gehe es darum, das Land wieder zu einen. Malier wollten die von Tuareg-Rebellen kontrollierte Region um die Stadt Kidal im Nordosten endlich wieder unter staatlicher Kontrolle sehen. Dafür brauche es eine funktionierende und gut ausgerüstete Armee. "Bis dahin ist es allerdings noch ein langer Weg", sagt Posthumus. Da werde auch das kurzfristig für Dienstag (15. September) einberufene Gipfeltreffen der ECOWAS-Staatschefs im ghanaischen Accra wenig Fortschritt für eine Lösung bringen: "Die ECOWAS hat keine konstruktive Rolle in dem Konflikt gespielt, die Malier wollen ihr Problem selbst lösen."

Mitarbeit: Mahamadou Kane

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