Mali: Fünf Jahre Militärherrschaft und kein Ende in Sicht
17. August 2025
Die Sicherheitslage in Mali ist nach einem mutmaßlichen Putschversuch äußerst angespannt: Sicherheitsminister General Daoud Aly Mohammedine erklärte am späten Donnerstagabend, dass eine Gruppe von Militärs und Zivilisten mit Unterstützung aus dem Ausland, versucht haben soll, Mali zu destabilisieren.
Verantwortlich macht die Junta maßgeblich einen Franzosen, der im Auftrag seines nationalen Geheimdiensts gehandelt haben soll. Weitere Personen seien inhaftiert worden, darunter auch Brigadegeneral Abass Dembélé, ehemaliger Gouverneur der Region Mopti, Brigadegeneralin Néma Sagara und einige Offiziere und Unteroffiziere der Streitkräfte.
Neuer Putschversuch könnte zu mehr Repressionen führen
"Was auch immer passiert ist, die Ereignisse zeigen die Nervosität", analysiert Fahiraman Rodrigue Koné, der von Dakar aus für das südafrikanische Institut für Sicherheitsstudien (ISS) die Lage beobachtet.
"Das könnte die Paranoia anheizen und einen repressiveren Ansatz hervorbringen. Die Armee ist jetzt schon unfähig, die Unsicherheit zu reduzieren und erleidet manchmal schwere Verluste. Wenn dieses Klima der Angst und Paranoia sich verfestigt, wird es die Effektivität der Befehlskette untergraben und die Sicherheit weiter beeinflussen", sagt der ISS-Experte zur DW.
Der aktuelle Putschversuch ereignete sich fünf Jahre nach dem ersten Putsch, der das Regime von Ibrahim Boubacar Keita 2020 gestürzt hatte. Ein zweiter Putsch folgte im Mai 2021. Damals übernahm General Assimi Goita die Macht in Mali und stellte das Land unter Militärherrschaft.
Mali und die Sahel-Nachbarstaaten Burkina Faso und Niger, in denen das Militär ebenfalls putschte, traten aus der westafrikanischen Staatengemeinschaft ECOWAS aus und gründeten ihre eigene Allianz der Sahelstaaten (AES). Nach außen sind sie, abgesehen von ihren guten Beziehungen zu Russland, weitgehend isoliert. Und nach innen deuten viele Aktionen der jeweiligen Juntas auf Machterhalt hin.
"Mali steht derzeit vor zahlreichen Herausforderungen, die weit über die Frage des politischen Übergangs hinausgehen", sagt Paul Melly, Afrika-Analyst in der Londoner Denkfabrik Chatham House mit Blick auf den Zeitpunkt, wann das instabile Land zu einem zivil geführten System mit einer gewählten Regierung zurückkehren könnte.
Wahlen wurden zunächst für Februar 2024 angekündigt - und dann "aus technischen Gründen" auf unbestsimmte Zeit verschoben. Im Juni 2025 verabschiedete der Nationale Übergangsrat einen Gesetzentwurf, der Goita eine zusätzliche Amtszeit von fünf Jahren bescherte und seine Präsidentschaft damit mindestens bis 2030 verlängerte. In Bamako herrsche nach dieser Entscheidung erheblicher politischer Druck, so Melly.
Keine Aussicht auf Reformen
Noch ein drastischer Schritt folgte im Mai 2025, der jegliche Demokratie-Bestrebungen zunichte macht: Die malischen Behörden beschlossen die Auflösung aller politischen Parteien. Dabei hatte die Junta bei ihrer Machtübernahme versprochen, Mali zu reformieren.
Und auch ihr anderes Versprechen, für Sicherheit zu sorgen, lässt auf sich warten: "Die Sicherheitslage ist besonders schwierig geworden, da die dschihadistische Gruppe JNIM im Westen des Landes Angriffe verübt. Gleichzeitig ist die Wirtschaft zunehmend anfällig, obwohl die Goldexporte stabil sind", sagt Melly zur DW. Die dschihadistische Gruppe Jama'at Nusrat al-Islam wal-Muslimin (JNIM) ist eine terroristische Vereinigung in Mali, die in weiten Teilen Westafrikas aktiv ist, darunter auch in Teilen von Burkina Faso und Niger.
Aber auch in den nördlichen Regionen Malis gibt es Konfliktherde: Tuareg-Rebellen und bewaffnete Gruppen, darunter islamistische Organisationen, kämpfen für ihre Autonomie-Bestrebungen. Die Junta müsse neue Wege zur Stabilisierung des Nordens finden, sagt Melly.
Insgesamt sei der Ausblick auf friedliche, stabile Lösungen problematisch, bilanziert Ulf Laessing, Leiter des Regionalprogramms Sahel der Konrad-Adenauer-Stiftung mit Sitz in Bamako. Die Stiftung steht der konservativen deutschen Regierungspartei CDU nahe.
Der Kurs der Militärregierung, sich vom Westen zu distanzieren und sich voll auf die Unterstützung Russlands zu konzentrieren, sei bei den Gegnern innerhalb der Armee nicht gut angekommen: "Die sehen, dass die Russen nicht sehr effektiv sind. Im Gegenteil: Menschenrechtsgruppen werfen den Söldnern immer wieder Übergriffe gegen Zivilisten und Tötungen vor", sagt Laessing zur DW. Das trage zur Instabilität des Regimes bei, sagt er angesichts des aktuellen Putschversuchs.
Russische Söldner gegen den Terror
Russische Söldner der ehemaligen Wagner-Gruppe - jetzt unter dem Namen Afrikakorps dem russischen Verteidigungsministerium unterstellt - sollen Malis Kampf gegen den islamistischen Terror unterstützen. Es sei nicht zu erwarten, dass die wenigen Russen die Wende bringen würden, betont Laessing. Ungefähr 1500 Söldner vermutet er in Mali.
Die Militärjunta hatte Frankreich zum Abzug seiner Soldaten gedrängt. Die ehemalige Kolonialmacht war mit der "Opération Barkhane", an der zeitweise bis zu 4500 Soldaten beteiligt waren, seit 2014 in Mali im Einsatz, um den islamistischen Terror zu bekämpfen. Am 15. August 2022 verließen die letzten französischen Soldaten Mali.
Die humanitäre Lage spitzt sich zu. Hilfsorganisationen gehen davon aus, das sechs Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen sind. Tausende von Menschen flohen aus Angst vor Angriffen. Allein 105.000 Menschen haben laut Laessing die Grenze zu Mauretannien im vergangenen Jahr überquert. "Das ist ein Cocktail von Herausforderungen, die insgesamt die Lage erschweren."
Auch im Land suchen tausende Menschen Zuflucht in Flüchtlingslagern wie in Faladié, einem Stadtteil von Bamako. Dort lebt Tenimba mit ihrer Familie. Sie waren 2018 vor der Gewalt in der Region Mopti im Zentrum des Landes geflohen.
Flüchtlinge können nicht heimkehren
Sie leben in einfachen Unterkünften aus Planen und anderen recycelten Materialien, die schlechtem Wetter nicht standhalten können. Tenimba durchkämmt Abfälle nach verkäuflichen Gegenständen, um ihre Familie mit fünf Kindern zu versorgen. "Aber die Voraussetzungen für eine Rückkehr nach Hause sind nicht gegeben. Die Sicherheitslage dort ist nach wie vor unsicher", sagt sie zur DW. "Wenn unsere Verteidigungs- und Sicherheitskräfte unser Land nicht sichern, können wir den ersten Schritt nicht tun. Wenn sich die Lage beruhigt, werden wir zurückkehren, um unsere landwirtschaftlichen Aktivitäten, auch die Viehzucht, wieder aufzunehmen."
Sadou, Tenimbas Ehemann, betont die schwierigen Lebensbedingungen im Lager. Er hätte nicht gedacht, dass er so lange dort bleiben würde. "Uns fehlt hier alles. Wenn wir nicht anbauen können, wie sollen wir dann an Lebensmittel kommen", fragt er. Es fehle auch ein Gesundheitszentrum. "Und was die Bildung unserer Kinder angeht, so wurden zwar Klassenzimmer gebaut, aber bisher haben wir keine Lehrer."
Mitarbeit: Mahamadou Kane, Bamako