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KonflikteMali

Mali: Junta hebelt die Demokratie aus

Martina Schwikowski
2. Mai 2025

In Mali will die Militärjunta ihre Herrschaft - ohne demokratische Wahlen - bis 2030 verlängern und zudem die Existenz politischer Parteien einschränken. Die Opposition kritisiert den Angriff auf die Demokratie.

Mali | Colonel Assimi Goita in Militäruniform
Assimi Goïta, Chef der malischen Militärregierung, will seine Amtszeit um fünf Jahre verlängern - ohne WahlenBild: OUSMANE MAKAVELI/AFP/Getty Images

Fünf Jahre ist Malis Militärjunta an der Macht - nun will sie ihre Herrschaft dauerhaft ausbauen: Der bisherige Übergangspräsident General Assimi Goïta soll ohne demokratische Wahlen zum Staatspräsidenten ernannt werden - und zwar bis 2030, was einer fünfjährigen Verlängerung der Amtszeit gleichkommt. 

Die neuen politischen Schritte in Mali sind das Ergebnis von Beratungen einer vom Regime organisierten - und von den führenden Oppositionsparteien boykottierten - "Nationalen Konferenz" in Bamako. Die mehr als 400 Delegierten stimmten diese Woche für einen Gesetzentwurf, der die bestehende "Charta der politischen Parteien" aus dem Jahr 2005 aufhebt. Darin sind die Regeln für die Gründung, Finanzierung und Führung von Parteien festgelegt.

Nur noch fünf Parteien

Die Konferenz hat vorgeschlagen, die Anzahl der in Mali zugelassenen Parteien auf fünf zu begrenzen. Gleichzeitig sollen die Bedingungen für Partei-Neugründungen verschärft werden. Demnach müssten dafür künftig 100 Millionen CFA-Franc (malische Franc) aufgebracht werden. Für die Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen sei Berichten zufolge eine Summe von 250 Millionen CFA-Franc vorgeschlagen worden.

Das hält Nouhoum Togo, Vorsitzender der Partei USR (Union pour la Sauvegarde de la République) für fatal: Man sollte die Putschländer Niger und Burkina Faso nicht mit Mali vergleichen, sagte er der DW. "Denn sie haben keine Verfassung, im Gegensatz zu Mali, das eine Verfassung hat, die politische Parteien schützt. Es gibt kein Beispiel auf der Welt, wo man 100 Millionen CFA-Francs aufbringen muss, um eine politische Partei zu gründen."

Auch das "politische Nomadentum", also der Wechsel der Parteizugehörigkeit während einer Amtszeit, soll laut der Konferenz in Bamako beendet werden.

Nach dem Militärputsch 2020 feierten viele Malier den Einzug der Militärregierung in BamakoBild: AP/picture alliance

Amnesty International verurteilte den Schritt als "Vorschlag, alle politischen Parteien in Mali aufzulösen". Der Sahel-Forscher der Menschenrechtsorganisation, Ousmane Diallo, nannte ihn "einen eklatanten Angriff auf die Rechte, auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit".

"Manipulation des Volkes"

Boulan Baro, Mitglied der Partei CNID-Faso Yiriwa Ton des ehemaligen Ministers Mountaga Tall, spricht von einem Manipulationsversuch: "Es ist, als würde man ein Rechtsvakuum schaffen, das die Organisation, die Funktionsweise und die Aktivitäten politischer Parteien nicht mehr fördert." 

Der Entwurf soll in Kürze dem nationalen Übergangsrat vorgelegt werden, den die Junta nach ihren Putschen 2020 und 2021 eingerichtet hatte. Die Militärs regieren das durch zahlreiche islamistische Terrorangriffe destabilisierte Land mit eiserner Faust. Im Juni 2022 hatte die Junta die Rückkehr zu einer zivilen Regierung bis März 2024 angekündigt, verschob aber später die Wahlen aus "technischen Gründen". Im April 2024 wurden alle politischen Aktivitäten verboten.

Die existierenden politischen Parteien reagierten empört auf die geplanten Änderungen und prangerten ihre Unterdrückung durch die Militärführung an. "Diese Konsultationen sind nicht repräsentativ für das malische Volk, weil wir selbst, die wir die politischen Parteien vertreten, nicht teilgenommen haben", sagte Abdoulaye Yaro, Stabschef des der Yelema-Partei des ehemaligen Premierministers Moussa Mara, der amerikanischen Nachrichtenagentur Associated Press. Die Umsetzung der Empfehlungen sei eine Katastrophe für Mali.

Die Bevölkerung von Mali protestierte 2021 gegen den Einfluss der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich - ihr Versprechen einer demokratischen Wahl hielt die Militärregierung indes nichtBild: Michele Cattani/AFP

"Verstoß gegen die Verfassung"

Laut Yelema-Sprecher Hamidou Doumbia verstoßen die Ergebnisse der "Nationalen Konferenz" gegen die malische Verfassung, die im Juli 2023 von der Übergangsregierung verabschiedet wurde. "Es kann nicht sein, dass ein paar Leute, die in einem Raum versammelt sind, einem Präsidenten ein Mandat erteilen können - das haben wir noch nie gesehen. Was die Auflösung von politischen Parteien betrifft, gibt es kein rechtliches Dokument, die malische Gesetzgebung erlaubt ihnen das nicht", sagt er im DW-Interview. Die Empfehlungen seien verfassungswidrig. "Der Präsident ist der Garant der Verfassung und es ist seine Aufgabe, die Verfassung zu schützen", fordert Doumbia.

Viele malische Oppositionsparteien befürchten, dass die vom Militär geführte Regierung - wie auch ihre westafrikanischen Verbündeten in Niger und Burkina Faso - die Charta nutzen wird, um das ohnehin schon harte Durchgreifen der Junta gegen politisch Andersdenkende zu verschärfen. Tatsächlich ist die Existenz politischer Parteien in der malischen Verfassung von 1992 verankert - sie ist somit älter als die "Charta der politischen Parteien" aus dem Jahr 2005, die jetzt aufgehoben werden soll.

Nach der Machtübernahme durch die Junta unter Führung von Assimi Goïta stimmten die Malier 2023 für eine neue VerfassungBild: Baba Ahmed/AP/dpa/picture alliance

"Angriff auf die Demokratie"

"Wir wissen, welcher Wille dahintersteckt", sagt Mohamed Cherif Coulibaly. "Deshalb haben sich die politischen Parteien seit sehr langer Zeit zusammengeschlossen, um sich dem zu widersetzen, was derzeit vorbereitet wird", so der Vorsitzende der nationalen Jugendbewegung der Partei ADEMA PASJ gegenüber der DW. "Für uns ist das schlichtweg ein Versuch, die Demokratie anzugreifen, die das malische Volk nach der Volksrevolution von März 1991 mühsam errungen hat."  

Unter den Reaktionen in Mali ist auch die des ehemaligen Ministers Mohamed Salia Touré, der in der ersten Übergangsregierung unter Moctar Ouané (September 2020 bis Mai 2021) im Amt war. In den sozialen Netzwerken nennt er die Abschaffung des Mehrparteiensystems einen "historischen Fehler".

Mitarbeit: Mahamadou Kane, Mali