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Mallorcas Nahverkehr ab 2023 kostenlos

Ralph Schulze Madrid
14. Dezember 2022

Deutschlands beliebteste Ferieninsel Mallorca wird um eine Attraktion reicher. Dort wird nämlich der Nahverkehr ab dem kommenden Jahr kostenlos sein. Für alle Einwohner, nicht aber für Touristen.

Linienbus nach Palma de Mallorca
Bild: DROFITSCH/EIBNER/picture alliance

Deutschland versucht es mit dem landesweit gültigen 49-Euro-Fahrschein. Österreich will die Bürger mit einem KlimaTicket zum Umsteigen auf den Nahverkehr bewegen. Die spanische Mittelmeerinsel Mallorca geht nun noch einen Schritt weiter: Sie führt das Gratisticket für alle Inselbewohner ein und gehört damit jetzt zu den Vorreitern in Europa.

Von Januar 2023 an können die mehr als 900.000 Einwohner Mallorcas Bahnen, Busse und Züge auf der Insel kostenlos benutzt. Die zunächst auf ein Jahr begrenzte Regelung gilt auch auf den anderen Balearischen Inseln Ibiza, Menorca und Formentera.

Mit dem Null-Euro-Fahrschein haben die Inseln zwei Ziele: "Wir wollen den Bürgern in Krisenzeiten helfen und zugleich eine umweltfreundliche Mobilität fördern", sagt Jose Hila, Bürgermeister der Mallorca-Hauptstadt Palma. In einigen europäischen Regionen existieren bereits ähnliche Modelle: Etwa in Luxemburg, wo der gesamte Nahverkehr seit 2020 kostenlos ist. 

Ab Januar kostenlos - aber nur für die Bewohner MallorcasBild: Augst/Eibner-Pressefoto/picture alliance

Freie Fahrt schon seit September

Mit ihrem neuen Gratisticket weitet die progressive Balearenregierung ihre Kampagne für den öffentlichen Nahverkehr aus. Schon seit 1. September haben alle Inselbewohner in den Nahverkehrszügen Mallorcas freie Fahrt. Auf der balearischen Hauptinsel gibt es drei Zugstrecken: Sie verbinden Palma mit Sa Pablo im Norden, mit Inca im Inselzentrum und mit Manacor im Osten.

Auch die beiden Stadtbahnstrecken in Palma (Metro) sind bereits seit September für alle Inselresidenten gratis. Diese beiden Metrolinien, die in weiten Teilen unterirdisch verlaufen, führen vom Bahnhof in Palmas Stadtzentrum zur Universität im Norden der Stadt und zum Vorort Marratxí im Nordosten. Der Bau einer dritten Straßenbahnlinie von der City zum Airport soll in 2023 beginnen. Für die Nutzung von Palmas Stadtbussen und für die Inselüberlandbusse gab es schon in den letzten Monaten im Zuge eines Krisen-Entlastungspakets attraktive Rabatte. Sie beliefen sich für Ticketabonnenten auf 50-70 Prozent des regulären Fahrpreises. Die Busbenutzung ist für die Inseleinwohner vom kommenden Januar an ebenfalls kostenfrei.

Erster Wohnsitz - dann Gratisticket

Urlauber und Zweithausbesitzer haben jedoch beim geplanten Gratisinselticket das Nachsehen. Sie müssen weiterhin einen regulären Fahrschein kaufen. Ein Einzelfahrschein für den Stadtbus in Palma kostet derzeit zwei Euro, für den Airport-Zubringerbus sogar fünf Euro. Nur Bürger, die auf den Baleareninseln mit erstem Wohnsitz gemeldet sind, haben Anrecht auf das Gratisticket - unabhängig der Nationalität. Damit profitieren alle Ausländer, die offiziell auf der Insel leben, ebenfalls vom Freifahrtschein, der mit Steuermillionen subventioniert wird.

Berühmt - und wird auch weiter kosten: Der sogenannte "Rote Blitz" am Port de SollerBild: Micha Korb/pressefoto_korb/picture alliance

Der Kampf gegen den wachsenden Individualverkehr und die damit einhergehende Luftverschmutzung ist auch im Natur- und Urlaubsparadies Mallorca zu einem wichtigen Thema geworden. In Palma, Mallorcas größter Stadt, sind Autostaus inzwischen keine Seltenheit mehr. Das liegt nicht nur an den vielen Touristen, die oftmals mit Mietwagen auf den Inselstraßen unterwegs sind, sondern auch am starken Bevölkerungswachstum. In den letzten 20 Jahren nahm die Zahl der Einwohner auf den Balearen um mehr als 30 Prozent auf 1,8 Millionen zu - vor allem wegen der ausländischen Residenten, die inzwischen nahezu 20 Prozent der Einwohner ausmachen.

Ticket zur Wiederwahl von Premier Sanchez?

Die Förderung des Bus- und Bahnverkehrs macht also deswegen auch auf den Inseln Sinn: "Mit jedem öffentlichen Bus fahren 50 Autos weniger", rechnete Palmas Verkehrsstadtrat Josep Marí bei der Präsentation des neuen Gratistickets vor.

Passt gut zusammen: Gratisticket für den Nahverkehr und gut ausgebauter Radweg an der Platja de PalmaBild: Augst/Eibner-Pressefoto/picture alliance

Auf den Kanarischen Inseln gilt übrigens mit Jahresbeginn ein ähnliches Gratismodell. Für das spanische Festland beschloss Spaniens Mitte-links-Regierung, dass die Nahverkehrs- und Mittelstreckenzüge der staatlichen Bahngesellschaft Renfe genauso wie die Überlandbusse wenigstens bis Ende 2023 für Pendler kostenlos sind. Zudem prüft die Regierung in Madrid derzeit, ob zudem der derzeit geltende nationale Krisenrabatt von bis zu 50 Prozent für den urbanen Bahn- und Busverkehr über den Jahreswechsel hinaus verlängert wird. Eine solche Ankündigung wäre ein willkommenes Weihnachtsgeschenk für Millionen Nahverkehrsnutzer. In Spaniens Hauptstadt Madrid reduziert sich dadurch momentan der Preis für ein Monatsabo im Innenstadtbereich auf 27,30 Euro.

Für Spaniens sozialdemokratischen Regierungschef Pedro Sánchez könnte sich diese Großzügigkeit auszahlen: 2023 ist in Spanien ein Superwahljahr: Im Frühjahr stimmen die Bürger über die Macht in Rathäusern und Regionen ab. Im Herbst steht die nationale Parlamentswahl an - mit ungewissen Aussichten für Sánchez.

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