1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Malta nimmt Flüchtlinge von privatem Rettungsschiff auf

23. August 2019

13 Tage fuhren sie im Ungewissen durch das Mittelmeer, jetzt können die 356 Flüchtlinge an Bord des Rettungsschiffs "Ocean Viking" aufatmen. Sie haben einen Hafen gefunden, der sie aufnimmt.

Seenotrettung "Ocean Viking" rettet weitere Migranten
Bild: Getty Images/AFP/A. Chaon

Wohl vor allem, weil sich mehrere europäische Länder bereit erklärt hatten, Geflüchtete aufzunehmen, kann das norwegische Schiff "Ocean Viking" nun Malta anlaufen. Das erklärte die maltesische Regierung. Regierungschef Joseph Muscat sagte, sein Land werde die Menschen erst einmal an Land lassen, er fügte aber hinzu: "Keiner wird in Malta bleiben." Zur Lösung hätten, berichtete die Regierung weiter, intensive Gespräche zwischen Frankreich, Deutschland und der EU-Kommission beigetragen. 

Prekäre Lage zuvor an Bord

Zuletzt war die "Ocean Viking" zwischen Malta und Italien auf  See hin- und her gefahren, weil kein Land bereit war, das Schiff in einen seiner Häfen zu lassen. Die Mannschaft vermied es dabei, in Sichtweite der Küsten zu geraten, da in vergleichbaren Fällen alle Geretteten auf die Küstenseite des Schiffes gelaufen seien und die Gefahr des Kenterns bestehe. Experten befürchteten, der Zustand einiger Migranten verschlechtere sich zusehends, die Essens-Rationen reichten nur noch für rund fünf Tage.

Die "Ocean Viking" vor ihrer Odysee im MittelmeerBild: picture-alliance/dpa/S. Friedel

Seibert forderte schnelle Lösung

Kurz bevor sich Malta nun zur Aufnahme bereit erklärte, äußerte sich in Berlin der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Steffen Seibert. Es sei bedauerlich, dass noch immer nichts geschehen sei, so Seibert. Auf Nachfrage der DW fügte er hinzu: "Wir wünschen uns , dass sich für die Menschen auf dem Schiff schnell eine Lösung abzeichnet, insbesondere nachdem sich mehrere europäische Länder inklusive Deutschland schon bereit erklärt haben, Gerettete von diesem Schiff aufzunehmen." Am Morgen hatte es Meldungen gegeben, Portugal  werde etwa 35 Flüchtlinge aufnehmen,  außerdem seien Frankreich, Deutschland, Rumänien und Luxemburg bereit zu helfen.

Der Hafen von La Valetta auf Malta: Hier werden die Gerettete zunächst an Land gehen. Bild: Fotolia/schneiderpics

Organisatoren sind erleichtert

Am Vormittag gaben die beiden Hilfsorganisationen, die die "Ocean Viking" betreiben, in Berlin Einblicke in die Situation an Bord. Das Schiff, betrieben von "Ärzte ohne Grenzen" und "SOS Méditerraneé", hatte die Menschen zwischen dem 9. und dem 12. August vor der Küste Libyens aufgenommen, die meisten von ihnen stammen aus Afrika. Jana Ciernioch von "SOS Méditerraneé Deutschland" sprach mit der DW, nachdem während der Veranstaltung die Meldung kam, Malta öffne seinen Hafen: "Wir sind jetzt natürlich erst mal wahnsinnig erleichtert, dass es einen menschenwürdige Lösung für die 365 Menschen an Bord der "Ocean Viking" gefunden wurde. Nichtsdestotrotz - das darf hier jetzt nicht aufhören, diese Fälle dürfen sich nicht so einfach wiederholen. Wir brauchen jetzt ein verlässliches Ausschiffungssystem." Sam Turner, Einsatzleiter der "Ocean Viking", schilderte in einer Video-Schalte aus Libyen, welche Traumata viele der Flüchtlinge schon vor der Zeit auf See erlitten hätten: "Sie waren Opfer von etwas, was wir nur als Folter bezeichnen können. Sie wurden geschlagen, es gab sexuelle Gewalt und alle Arten von furchtbarsten Erfahrungen, die wirklich unvorstellbar sind."

Jana Ciernioch von "SOS Méditerraneé Deutschland".Bild: Susanne Friedel

Private Seenotrettung – ein Spiel mit den Nerven

Immer wieder geraten Schiffe privater Hilfsorganisationen auf dem Mittelmeer in Schwierigkeiten, weil die Küstenstaaten wie Italien den Schiffen die Einfahrt verweigern. Erst vor einigen Tagen war die Fahrt des spanischen Schiffes "Open Arms" glimpflich zu Ende gegangen. Das Schiff konnte einen Hafen auf Sizilien anlaufen, nachdem verzweifelte Flüchtlinge bereits von Bord gesprungen waren.

Fordert eine neue europäische Rettungsaktion: Bundeskanzlerin Merkel (CDU). Bild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Hintergrund der immer wieder eskalierenden Dramen auf See ist auch, dass es keinen europäischen Seenotrettungs-Einsatz mehr gibt. Die Mission "Sophia", die seit  2015 zehntausende Migranten aus dem Mittelmeer gerettet hatte, wurde auf Druck Italiens eingestellt. Zuletzt hatte sich Bundeskanzlerin Merkel dafür ausgesprochenen, die organisierte Seenotrettung wieder aufzunehmen. "Sicherlich wäre es gut, wir hätten auch heute wieder eine Mission Sophia und staatliche Schiffe, die retten würden", sagte Merkel.

Dafür gibt es aber in der EU zurzeit keine Mehrheit. Experten bezweifeln auch, dass allein eine koordinierte Rettungsaktion mehrere Staaten die Zahl der auf dem Meer ums Leben kommenden Flüchtlinge wirklich senken kann. Die beiden Hilfsorganisationen wollen nach dem Ende dieser Fahrt weitere Flüchtlinge aus dem Meer aufnehmen.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen