Maltas Premier Muscat will offenbar abtreten
29. November 2019
Maltas Regierung am Ende: Maltas Ministerpräsident Joseph Muscat hat gegenüber Vertrauten erklärt, dass er bald zurücktreten will. Dies berichteten die "Times of Malta" und "Malta Today" unter Berufung auf Quellen in der Regierung. Demnach plant Muscat eine Fernsehansprache.
Zuvor hatte sich das Kabinett bis in den frühen Freitagmorgen zu einer Krisensitzung zurückgezogen. Als einziges Ergebnis verkündete Muscat dann gegen 3 Uhr morgens im Fernsehen, dem Geschäftsmann Yorgen Fenech keine rechtliche Immunität zuzugestehen. Fenech hatte angeboten, Informationen zu dem Mordfall zu liefern und im Gegenzug Straffreiheit gefordert. Er war vergangene Woche festgenommen worden und gilt als einer der Verdächtigen in dem Fall.
Caruana Galizia war am 16. Oktober 2017 in ihrem Auto in die Luft gesprengt worden. Die damals 53-Jährige hatte unter anderem über Korruption bei Regierung und Geschäftsleuten auf Malta recherchiert. Drei Männer wurden festgenommen und angeklagt. Sie sollen den Sprengsatz gebaut und gezündet haben. Wer hinter ihnen steckt, ist bislang unklar.
Die Entscheidung der Regierung, Fenech keine Straffreiheit im Gegenzug für eine umfassende Aussage zuzusichern, sorgte für scharfe Kritik. Als Muscat, dem die Familie der ermordeten Journalistin schon lange vorwirft, die Täter zu decken, am frühen Morgen vor die Presse trat, waren auf dem Platz vor dem Gebäude die Rufe wütender Demonstranten zu hören.
Maltas Opposition forderte Muscat zum Rücktritt auf. Mit jeder Minute, die Muscat weiter im Amt bleibe, steige das Risiko, "dass keine Gerechtigkeit geschaffen wird", erklärte Oppositionsführer Adrian Delia. Der frühere Oppositionsführer Simon Busuttil schrieb bei Twitter, Muscat habe "das Recht in seine eigenen Hände genommen, um seinen besten Freund und sich selbst zu schützen. Unsere Demokratie ist zusammengebrochen."
Vor dem Hintergrund der Mordermittlungen war Keith Schembri, Muscats Stabschef, zu Beginn der Woche zurückgetreten. Fenech zufolge soll es Schembris Idee gewesen sein, die Journalistin umzubringen. Schembri wurde am Dienstag festgenommen, am Donnerstag aber wieder freigelassen: Die Polizei teilte am Abend mit, derzeit gehe sie nicht davon aus, dass Schembri weiter in Haft bleiben müsse. Caruana Galizias Familie regierte empört auf die Freilassung und kündigte für Freitagabend neue Proteste an.
Auch Tourismusminister Konrad Mizzi war zurückgetreten. Wirtschaftsminister Chris Cardona ließ mitteilen, dass er sein Amt ruhen lasse. Schembri, Mizzi und Cardona haben bisher bestritten, in den Fall verwickelt gewesen zu sein. Bislang wird ihnen nichts zur Last gelegt. Muscat hatte seinen eigenen Rücktritt mehrfach ausgeschlossen.
Die Enthüllungsjournalistin hatte unter anderem Schembri und Mizzi bezichtigt, Schmiergelder von Fenech angenommen zu haben. Dabei ging es um den Bau eines Gaskraftwerks, an dem Fenech Anteile hält.
Das Europaparlament will nun Mitglieder der Beobachtungsgruppe für Rechtsstaatlichkeit auf die Insel im Mittelmeer schicken, wie die Vorsitzende der Gruppe, die Niederländerin Sophie in't Veld, am Donnerstag im Europaparlament in Straßburg sagte. Absicht der Reise sei es nicht, sich in nationale Angelegenheiten einzumischen, betonte sie. Der Druck auf Valletta müsse jedoch aufrechterhalten werden, damit die Wahrheit ans Licht komme, sagte die Abgeordnete.
Der Mord an Caruana Galizia sorgt für große Empörung in Malta. Wütende Demonstranten waren in der vergangenen Woche wiederholt gegen die Regierung Muscats auf die Straße gegangen und hatten den Rücktritt des Premierministers gefordert. Sie werfen der Führung ihres Landes Korruption vor und verlangen Gerechtigkeit für Caruana Galizia.
Caruana Galizias Recherchen und Enthüllungen hatten sich zum Großteil um den "Panama Papers"-Skandal und um Korruption in Malta gedreht. Sie fand dabei Dokumente, denen zufolge der damalige Energieminister und bisherige Tourismusminister Mizzi sowie der langjährige Kabinettschef Schembri Firmen in Panama unterhielten, die rund zwei Millionen Euro von der Firma 17 Black erhielten. Die in Dubai ansässigen Firma gehört dem Geschäftsmann Fenech.
stu/hk (dpa, afp, timesofmalta.com)