Mandarin - die Sprache der Zukunft in Afrika?
26. September 2025
Miradie Tchèkpo lebt in Benin, ist Dolmetscherin für Chinesisch und arbeitet bei einer chinesischen Handelsfirma. Für sie ist damit ein Traum in Erfüllung gegangen: "In der Mittelstufe schaute ich chinesische Fernsehsender und träumte davon, nach China zu reisen und die Kultur kennenzulernen", sagt sie zur DW.
Es war ein Traum, den sie konsequent verfolgte: Die erste Station nach dem Abitur war das Konfuzius-Institut an der Universität in Abomey-Calavi.
"Ich habe dort Chinesisch studiert und drei Jahre lang Kurse besucht, um einem berufsqualifizierenden Abschluss in Chinesisch zu erwerben", sagt sie stolz.
Doch ein größeres Ziel ist noch offen geblieben: "Ich möchte meinen Traum vom internationalen Handel verwirklichen, indem ich tropische Produkte aus Benin nach China bringe und Produkte aus China nach Benin", sagt Tchèkpo. "Möglichst sogar nach ganz Afrika. Wenn man eine Sprache lernt, dann um mit dem Land zusammenzuarbeiten."
Wieviel Karriere ist möglich mit Mandarin?
Das Konfuzius-Institut ist ein 2004 gegründetes staatliches Sprach- und Kulturinstitut, das dem chinesischen Bildungsministerium zugeordnet ist. Die chinesische Regierung investiert stark in den Ausbau der weltweiten Standorte.
Allein in Afrika bieten Dutzende Konfuzius-Institute Kurse an. "Eine der Möglichkeiten, wie China seine Soft Power auf dem afrikanischen Kontinent ausbaut, ist nicht nur wirtschaftlicher, sondern auch soziokultureller Natur, insbesondere durch die Verbreitung des Chinesisch-Unterrichts", sagt Simbarashe Gukurume, Sozialwissenschaftler und Dozent an der Sol-Plaatje-Universität in Kimberly, Südafrika.
Doch was Maradie Tchèkpo erreicht hat, gelingt nur wenigen Studierenden in Afrika, die Mandarin lernen. Laut Sozialwissenschaftler Gukurume vergibt China zwar großzügige Stipendien für Studierende, aber es gibt in China am Ende kaum Einsatzmöglichkeiten für sie.
Denn die chinesische Bevölkerung verfügt im Vergleich zu der Bevölkerung Afrikas über bessere Sprachkenntnisse. Umgekehrt sei China dafür bekannt, für die meisten seiner Infrastruktur-Projekte wie Häfen, Straßen oder Flughäfen auf dem Kontinent ihre eigenen Arbeitskräfte einzustellen.
Eine Karriere nach dem Studium sei nur wenigen vorbehalten, betont der simbabwische Wissenschaftler: "Fast die ganze Fakultät und das gesamte Personal des Konfuzius-Instituts an der Universität von Simbabwe besteht aus lokalen Akademikern, die Mandarin unterrichten und eine gewisse finanzielle Unterstützung für ihr Studium in China erhalten haben", sagt Gukurume zur DW.
"China profitiert von dieser Entwicklung, da die meisten dieser Institute sowie andere kulturelle Austauschaktivitäten normalerweise auf bilateralen Vereinbarungen zwischen den Regierungen beruhen und manchmal mit einem uneingeschränkten Zugang Chinas zu afrikanischen Ressourcen einhergehen", betont er. Die kulturellen Aktivitäten und Chinas führende Rolle im Lithium- und Kobaltabbau in Afrika- für ihn sind das zwei Seiten einer Medaille.
Sprache und Politik gleichzeitig vermitteln
Viele Länder haben Einrichtungen zur Förderung der eigenen Sprache und Kultur im Ausland. Doch im Gegensatz zu den deutschen Goethe-Instituten mit eigenen Standorten sind die Konfuzius-Institute oft an Universitäten angesiedelt.
Besonders in westlichen Ländern rief der Einfluss der kommunistischen Partei Chinas Kritiker auf den Plan. Denn die Institute vermittelten nicht nur Chinas Sprache und Kultur, sondern auch das politische System, betont Gukurume: "Junge Menschen, die sich mit diesem politischen System vertraut machen, übernehmen undemokratische Prinzipien", sagt der Sozialwissenschaftler.
Er sieht darin auch die Erklärung, dass manche Konfuzius-Institute in Europa und den Vereinigten Staaten geschlossen worden sind: "Weil sie die akademische Freiheit innerhalb der Universitäten beeinträchtigen, aber auch die Studierenden mit chinesischen politischen Systemen indoktrinieren, die als autoritär oder undemokratisch angesehen werden könnten."
In Afrika dagegen wächst die Zahl der Kulturinstitute rasant. Südafrika gilt mit zehn Instituten als ein Zentrum für Mandarin. Aber China investiert auch immer mehr in Theater, Museen, Film-, Musik und Medienindustrie und Bibliotheken auf dem Kontinent.
In ihrer Studie "Chinas institutionalisierte, kulturelle Präsenz in Afrika" - veröffentlicht 2023 vom Institut für Auslandsbeziehungen in Stuttgart - beschäftigt sich Avril Joffe mit der Wahrnehmung dieser kulturellen Angebote Chinas durch afrikanische Akteure.
Obwohl diese Art der Kulturförderung für ein so großes Land wie China nichts Ungewöhnliches sei, gebe es eine Debatte darüber, was dies für die Verdrängung potenzieller lokaler Inhalte auf dem Kontinent bedeutet, sagt die Leiterin der Abteilung für Kulturpolitik und -management an der Wits School of Arts der Universität Witwatersrand in Johannesburg.
Chinas Interesse an Afrika geht laut Joffe über wirtschaftliche Motive und sicherheitspolitische Interessen hinaus und schließt den Aufbau von Soft Power mit ein. Daher scheint die gestiegene Zahl afrikanischer Studierender an chinesischen Universitäten - sie kletterte von weniger als 2000 im Jahr 2003 auf über 81.500 im Jahr 2018 – nicht überraschend, sagt sie.
Chinas wachsende Investitionen in die kulturelle Infrastruktur afrikanischer Länder seien mehr als nur symbolischer Ausdruck. Joffe kritisiert fehlende Grenzen und Regeln für diese Einflüsse in Afrika: "Um die potenziell negativen Auswirkungen dieser kulturellen institutionalisierten Präsenz abzuschwächen, müssen viel gezieltere Empfehlungen ausgesprochen werden, insbesondere an die Zivilgesellschaft, die Künstler, Kreativen, Filmemacher, Musiker, sowie an die Regierungen", sagt Joffe zur DW.
Und räumt ein: "Wir haben noch keine Klarheit darüber, ob Chinas antidemokratische Ideologie in diese Investitionen einfließt. Diese Korrekturmaßnahmen sind notwendig, um sicherzustellen, dass dies nicht geschieht."
Kulturpolitik-Expertin: "Das Heft in der Hand behalten"
Eine Möglichkeit bestehe darin, sicherzustellen, dass die AU und andere regionale Gremien die afrikanischen Agenturen wirklich in ihre Verhandlungen über die Investitionen aus China einbeziehen.
Es müsse eine einheitliche Kulturpolitik geben, die es jedem afrikanischen Land ermöglicht, seine Verhandlungsmacht zu stärken und die positiven Auswirkungen der chinesischen Investitionen zu verstärken, fordert Joffe.
Außerdem müssten die afrikanischen Länder die Bedürfnisse von Künstlern und Kulturschaffenden respektieren, damit die Investitionen ihren Bedürfnissen entsprechen. Sie sorgt sich um die Identität der afrikanischen Künstler, wenn der Inhalt eher durch Einflussnahme aus China bestimmt wird. Auch Satiriker hätten schon Zeichnungen verbreitet, in denen China mit "Afrika davonläuft", gibt sie ein Beispiel für das wachsende Bewusstsein für Chinas Kulturdiplomatie.
Joffe plädiert für eine Erhöhung der nationalen Finanzierung: "Damit auch die Stipendien und Programme für Kunst und Kultur garantiert werden und sich damit das Finanzierungsmonopol verringert, das China möglicherweise hat." Und junge Menschen, die in China studiert haben, in ihrer Heimat bessere Arbeitsmöglichkeiten oder Zusatzausbildungen erhalten.
Mitarbeit: Rodrigue Guezodje, Cotonou