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Mit Feinstaub-Filtern gegen dicke Luft

7. Februar 2019

Schon lange werden in Deutschland die Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid in vielen Städten gerissen. Die Firma Mann+Hummel arbeitet daran, wie man solche Schadstoffe aus der Luft filtern könnte.

Feinstaub-Filter von Mann+Hummel (Mann + Hummel)
Am Neckartor in Stuttgart sieben die Feinstaub-Filter von Mann+Hummel Feinstaub aus der LuftBild: Mann + Hummel

Es muss nur die Wetterlage ungünstig sein, und schon versinken überall auf der Welt Megastädte in trüben Nebelschwaden. Weltweit sterben im Jahr etwa sieben Millionen Menschen, weil sie zu schmutzige Luft einatmen, gibt die Weltgesundheitsorganisation an. Einer der großen Verursacher der dicken Luft ist der Verkehr. So setzen viele Länder auf eine Verkehrswende hin zur Elektromobilität als die heilsbringende Lösung. Denn E-Autos haben keine Auspuffrohre, aus denen Stickoxide, Feinstaub und andere giftige Emissionen quellen.

Aber gerade das Problem Feinstaub lässt sich mit Stromern nicht in den Griff bekommen. "Unabhängig von der Antriebsart eines Fahrzeuges erzeugt ein Fahrzeug immer sehr viel Feinstaub," erklärt Jan-Eric Raschke. Er leitet den Bereich Feinstaub-Filtration bei Mann+Hummel. "Der Antriebsstrang bei Verbrennern wie Benziner oder Diesel trägt heute eigentlich weniger als zehn Prozent zur Feinstaub Emissionen bei." In erster Linie würden Fahrzeuge den Feinstaub über ihre Reifen erzeugen, über Bremsen, über Asphalt- Abrieb und ihn dann aufwirbeln, so Raschke.

In dem firmeneigenen Prüfanlagen werden die verschiedenen Filter Belastungstests ausgesetztBild: DW/Insa Wrede

Feinstaub-Filter sollen neuer Geschäftszweig werden

Mann+Hummel ist Weltmarktführer für Filtersysteme. Bislang macht das Familienunternehmen 93 Prozent seines Umsatzes von insgesamt knapp vier Milliarden Euro mit der Autoindustrie. Statistisch findet man in jedem Pkw auf der Welt einen Filter von Mann+Hummel. Die Palette reicht von Luftfiltern, Kraftstofffiltern, Ölfiltern und Filter, die die Luft im Auto verbessern.

Künftig soll das Thema saubere Luft bedeutender für die Firma werden, so das Ziel von Werner Lieberherr, seit etwas mehr als vier Monaten Geschäftsführer bei Mann+Hummel. Er sieht in dem Bereich auch Potenzial für neues Wachstum, nachdem es im vergangenen Jahr nicht mehr so rund lief. "Wir bauen die Bereich Life Science und Environment zur Zeit auf", so Lieberherr, und, "da wollen wir weiter wachsen." Dafür wurde vor rund eineinhalb Jahren ein internes Startup gegründet, das sich damit beschäftigt, wie Feinstaub aus der Luft gefiltert werden kann.

Der Schweizer Werner Lieberherr ist seit Herbst 2018 Geschäftsführer von Mann+HummelBild: Michael Fuchs

Das erste emissionsneutrale Fahrzeug

Hinten, unter dem Elektro-Lieferwagen, da wo bei anderen Autos der Auspuff sitzt, wurde der sogenannte Feinstaubfresser von Mann+Hummel montiert. Er siebt ungefähr die Menge an Feinstaub aus der Luft, die vom sogenannten Streetscooter während des Fahrens verursacht wird. Dieser unscheinbare grüne Kasten macht den E-Lieferwagen der Deutschen Post zum ersten emissionsneutralen Fahrzeug der Welt.

Der Feinstaubfilter unter dem Streetscooter der Deutsche Post fängt soviel Feinstaub aus der Luft wie das e-Auto erzeugtBild: Mann+Hummel

Filter-Säulen sollen Feinstaub aus der Luft sieben

Neben solchen mobilen Feinstaubfiltern hat Mann+Hummel auch Filter entwickelt, die an den Straßen aufgebaut werden: Drei aufeinandergestapelte weiße Würfel mit einer Seitenlänge von einem Meter. Feinstaubexperte Raschke erklärt den inneren Aufbau: "Wir haben mehrstufige Filter, das bedeutet einen Vorfilter, der groben Partikel aus der Luft filtert. Dann haben wir einen sehr großen Hauptfilter, der speziell darauf ausgelegt ist, möglichst energetisch optimal kleine Partikel zu fangen."

Lüfter hinter den Filtern sorgen dafür, dass die Luft durch die Filter gesogen wird - rund 10.000 Kubikmeter jede Stunde. Das entspricht circa der Menge Luft, die in zwei Metern Höhe auf ein Fußballfeld passt. 17 Prototypen der Filtersäulen stehen bereits am Neckartor, einer sehr stark befahrenen Straße in Stuttgart. Hier werden immer wieder Grenzwerte für Stickoxide und Feinstaub überschritten. In den kommenden Wochen werden die Daten der Feinstaubfilter ausgewertet, um zu schauen, wie erfolgreich sie beim Reinigen der Luft waren.

"Außerdem haben wir in der indischen Stadt Bangalore auch schon Piloten aufgebaut," sagt Raschke. "Wir werden das Gleiche in Delhi tun und sind gerade in der Planung für China, Korea, Singapur, die Vereinigten Staaten, Mexiko und auch Richtung Kolumbien."

In der indischen Stadt Bangalore stehen erste Feinstaub-Filter von Mann+Hummel Bild: Mann + Hummel

Parallel zu den Feinstaubfiltern habe man verschiedene Technologien in der Entwicklung, die auch Stickstoffdioxid aus der Luft filtern sollen, sagt Raschke. Ziel sei es Systeme anzubieten, die beide Schadstoffe aus der Luft filtern.

Mit Forschungsarbeit Platz auf dem chinesischen Markt sichern

Nicht nur in diesem ganz neuen Geschäftsbereich, bei den Feinstaubfiltern, plant der Geschäftsführer Lieberherr Wachstum, sondern auch bei anderen Filtern für die Autoindustrie. Dabei blickt er in dieselbe Richtung wie die Autobauer - nach China. Die Firma sei in den USA sehr gut aufgestellt, erklärt der Geschäftsführer. Dort sei Mann+Hummel mit großen Autobauern sehr gut vernetzt. In China aber habe man Nachholbedarf, so Lieberherr. "Das ist für uns ganz klar ein Schwerpunkthema."

Und die Konkurrenz? Gerade China will Hightech-Produkte nicht länger nur aus dem Ausland beziehen, sondern lieber selber entwickeln. Um sich trotzdem zu behaupten, sorgt die Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Unternehmens dafür, das Mann+Hummel die Nase vorn behält. Das ist der Firma jedes Jahr rund vier Prozent des Umsatzes wert. Von den rund 20.000 Mitarbeitern sind mehr als 1000 Forscher und Entwickler. 

Ein Mitarbeiter von Mann+Hummel beim Aufbau einer TestanlageBild: DW/Insa Wrede

Stolz führt Thomas Haubold durch die Prüfanlagen des Konzerns in der Zentrale in Ludwigsburg. Weißes Neonlicht beleuchtet die Kästen, in denen die Filter getestet werden. In einigen der vielen Räume riecht es streng nach verbrannten Ölen. In den Prüfanlagen werden die Filter auf Herz und Niere getestet, denn sie sollen beispielsweise unter Druckluft, bei sehr tiefen und sehr hohen Temperaturen oder in Bewegung funktionieren.

Vor allem dank der hohen Qualität kann sich Mann+Hummel seit 77 Jahren am Markt behaupten. Allerdings müsse man künftig regionale Unterschiede mehr berücksichtigen, meint Firmenchef Lieberherr. "Die deutsche Qualität ist sehr gut, aber im chinesischen Markt wird das nicht bezahlt. Da müssen wir uns entsprechend anpassen, damit wir da wettbewerbsfähig sind."

In einem firmeneigenen Reinraum werden ebenfalls Tests durchgeführtBild: DW/Insa Wrede

Filter werden unabhängig von der Antriebsart gebraucht

Anpassen muss sich das Unternehmen auch, wenn die Verkehrswende immer mehr E-Autos auf die Straße bringt. Denn das wird den Bereich, der bislang das meiste Geld bringt - das Geschäft mit der konventionellen Autoindustrie - völlig umkrempeln. Firmenchef Lieberherr gibt sich optimistisch. Der Verbrennungsmotor werde noch bis 2025 wachsen, meint er. Danach will Mann+Hummel so aufgestellt sein, dass man Filter für die E-Fahrzeuge anbieten kann. "Wir rechnen nicht unbedingt mit einem Umsatzrückgang", so Lieberherr.

Denn auch künftige technische Innovationen rund ums Automobil würden saubere Betriebs-Fluide brauchen, also saubere Luft oder sauberes Wasser, freut sich Gunnar-Marcel Klein. Er leitet den Bereich Entwicklung Filterelemente. Ohne solch saubere Betriebsfluide würden keine Brennstoffzelle, kein modernes Getriebe, keine technische Komponente funktionieren. "Für all diese Produkte liefern wir neue Filter", so Klein.

Die Konzernzentrale von Mann+Hummel in LudwigsburgBild: Mann + Hummel/Benjamin Stollenberg
Insa Wrede Redakteurin in der Wirtschaftsredaktion
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