Mao-Oper in Hongkong sorgt für Aufsehen
7. Oktober 2016Ausgerechnet am chinesischen Nationalfeiertag, dem 1. Oktober, hatte die Kanton-Oper "Mao Zedong" im Hongkonger Sunbeam Theater Premiere. Auch vier Tage später, am vergangenen Mittwoch, war die Vorstellung in dem Theater auf Hongkong Island ausverkauft. Der Pächter und Regisseur der Oper, Li Kui-Ming, hatte Opernliebhaber und Sponsoren vor Beginn der Aufführung zu einem Empfang eingeladen. "Ich habe eine Oper über den Menschen Mao Zedong geschrieben", sagt Li, "er ist eine starke Persönlichkeit und hat so viele Geschichten erlebt, die man auf der Bühne darstellen kann."
In den vergangenen fünf Jahren hat Li sage und schreibe 26 Opernlibretti verfasst. Für ihn sind das Leben und die Person Maos faszinierender Stoff für künstlerische Gestaltung. Manche Kritiker sahen den Zeitpunkt der Aufführung und die Oper an sich als Liebedienerei gegenüber der Pekinger Führung. Im Gegenteil, konterte Li: "In Hongkong darf man über Mao schreiben, ohne eine behördliche Genehmigung holen zu müssen. Auf dem Festland geht das nicht."
Absage eines Solisten
Seine Oper behandelt das Leben und die Zeit des jungen Mao, seinen politischen Werdegang und seine Jugendliebe Yang Kaihui. Mao hatte mit Yang drei gemeinsame Söhne, musste nach einem gescheiterten Aufstand ohne Familie flüchten. Ein Jahr später heiratete er eine andere Frau. "Ich bin fest überzeugt, dass Mao seine Frau Yang Kaihui geliebt hat", sagt Maos Darsteller Loong Koon-Tin, ein Star der Kanton-Oper. Er fügte hinzu: "Es ist schwierig, eine reale Person der Geschichte darzustellen, wenn man bisher immer nur traditionelle Rollen gespielt hat."
Doch nicht alle Solisten wollten sich mit dem Thema und dem Protagonisten identifizieren. Gregory Charles Rivers, der die Rolle des amerikanischen Journalisten Edgar Snow spielen sollte, sagte seinen Auftritt kurzerhand ab. Snow war in den 30er Jahren eine Art Hofberichterstatter von Mao und schrieb 1937 das einflussreiche Buch "Roter Stern über China". Seine Entscheidung begründete Rivers, der aus Australien stammt und fließend Kantonesisch spricht, gegenüber der DW so: "Viele meiner Fans waren in den 80er Jahren vom Festland nach Hongkong geflüchtet. Viele von ihnen hatten unter Mao gelitten. Alle waren sehr enttäuscht, dass ich in dieser Oper mitwirken sollte."
Nur für Opern-Fans
Ansonsten wird das Thema in Hongkong außerhalb der Oper-Szene kaum wahrgenommen. Im Sunbeam-Thater geht pünktlich um halb acht der Vorhang hoch. Unter den Zuschauern sind auch die Geschwister Yang. Die Ältere ist 71 Jahre alt und ein Fan des Hauptdarstellers Loong. Bei jeder Aufführung sei sie dabei, sagt sie. "Mao ist heute für mich eine Figur in der Oper. Politik ist nicht mein Thema". Ihre Schwester ergänzt: "Jeder Held der Vergangenheit macht Fehler, Mao auch." Ihr Resümee: empfehlenswerte Inszenierung.