Wurde Fußball-Legende Diego Maradona angemessen medikamentiert? Die argentinische Justiz ermittelt gegen den Leibarzt. Offenbar waren die Töchter Maradonas mit dessen Behandlung nicht einverstanden.
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Vier Tage nach dem Tod von Diego Maradona sind laut der Nachrichtenagentur Télam Ermittlungen gegen den Leibarzt der argentinischen Fußball-Legende wegen "fahrlässiger Tötung" aufgenommen worden. Am Sonntag wurden die Arztpraxis und die Wohnung von Leopoldo Luque durchsucht: Entsprechende Bilder wurden im argentinischen Fernsehen gezeigt, zudem gab es eine Bestätigung aus Justizkreisen gegenüber Télam. Ausschlaggebend für die Ermittler sollen Aussagen der drei Töchter Maradonas gewesen sein.
Den Angaben zufolge waren sie mit der Art und Weise, wie Maradona zuletzt in seiner Residenz behandelt wurde, nicht einverstanden. Offenbar haben die Töchter um eine Überprüfung der Medikamente gebeten haben, die ihr Vater in den zurückliegenden Monaten und in Zusammenhang mit einer Gehirn-OP verordnet bekommen hatte.
Offizielle Todesursache: Herzinfarkt
"Die Ermittlungen und die Beweissicherung sind noch im Gange, wobei einige Zeugenaussagen auch von direkten Verwandten gemacht werden", erklärte die zuständige Generalstaatsanwaltschaft in San Isidro. Luque bestätigte die Durchsuchungen am Sonntag vor Journalisten. Er kooperiere mit der Staatsanwaltschaft, die medizinische Unterlagen zu Maradona sowie elektronische Geräte beschlagnahmt habe. Unter Tränen sagte er, er habe sich nichts vorzuwerfen. "Ich bin stolz auf alles, was ich für Diego gemacht habe." Dieser sei wie ein Vater für ihn gewesen.
Der Arzt hatte Maradona Anfang des Monats in einer Klinik in La Plata wegen eines Blutgerinnsels im Gehirn operiert. Acht Tage nach dem Eingriff konnte der Weltmeister von 1986 wieder entlassen werden. Zwei Wochen später war Maradona am vergangenen Mittwoch laut offiziellen Angaben an den Folgen eines Herzinfarktes gestorben. Mittlerweile wurde er unter großer Anteilnahme seiner Fans in der Familiengruft beigesetzt.
asz/og (SID, AFP)
Argentinien nimmt Abschied von Diego Maradona
Argentinien weint. Zehntausende Menschen standen in Buenos Aires Schlange, um ihrer Fußball-Legende Diego Maradona Lebewohl zu sagen.
Bild: Agustin Marcarian/REUTERS
Tränen für den Unsterblichen
Die Welt schaut gebannt nach Argentinien und manche fragen sich, wie der Tod eines Fußballers eine ganze Nation so mitnehmen kann? Ganz einfach: Weil er für seine Landsleute viel mehr war als der wohl beste Fußballer, den es je gegeben hat. Argentinien ist Maradona und Maradona ist Argentinien. Sehen sie Diego, sehen sie sich selbst: Nirgendwo lagen Genie und Wahnsinn so eng beieinander.
Bild: Ricardo Moraes/Reuters
Lange Schlangen auf der Prachtstraße
Schon in den frühen Morgenstunden reihte sich ganz Buenos Aires in die kilometerlange Schlange auf der Avenida de Mayo ein, die zum Sarg Maradonas im Regierungspalast führt. Anhänger von Maradonas Lieblingsclub Boca Juniors, von dem verhassten Rivalen River Plate und selbst Menschen, die in ihrem ganzen Leben kein einziges Mal im Stadion waren: Alle eint die Trauer um ihr Idol Maradona.
Bild: Ivan Pisarenko/AFP/Getty Images
86 - Maradonas Triumph in Mexiko bleibt für ewig
Viele Argentinier sind mit dem Trikot der "Selección", der argentinischen Nationalmannschaft von 1986 unterwegs. Bei der Weltmeisterschaft in Mexiko machte sich Maradona unsterblich und führte eine allemal mittelmäßige Mannschaft zum Titel. Unvergessen das Viertelfinale gegen England mit der "Hand Gottes" und dem Tor des Jahrhunderts - vier Jahre nach dem schmachvoll verlorenen Falkland-Krieg.
Bild: Ronaldo Schemidt/AFP/Getty Images
Totenwache im Präsidentenpalast
Die Casa Rosada, das rosa Haus, ist in normalen Zeiten Amtssitz von Alberto Fernández, dem Präsidenten von Argentinien. Aber was ist schon normal, wenn Diego Armando Maradona stirbt? Der Staatschef ordnete zunächst drei Tage Staatstrauer an und verfügte dann, dass die Totenwache für Maradona im selben Raum, in dem auch Präsident Nestor Kirchner Oktober 2010 aufgebahrt wurde, stattfindet.
Bild: Martin Villar/REUTERS
Kongress leuchtet himmelblau
Natürlich in himmelblau, der Farbe der argentinischen Nationalflagge, wird in der Nacht der Kongress zu Ehren von Maradona illuminiert. Eine Hommage an den Mann, der das südamerikanische Land weltberühmt machte. Was hört ein Argentinier im Ausland, wenn er sagt, aus welchem Land er kommt? Ah, Evita Perón? Selten. Ah, der Papst? Vielleicht. Ah, Maradona? Natürlich - auch im letzten Winkel der Erde.
Bild: Juan Mabromata/AFP/Getty Images
Auch das Präsidentenpaar nimmt Abschied
Alberto Fernández und die First Lady Fabiola Yanez geben Maradona die letzte Ehre. Der Staatschef legt sichtlich bewegt die Hand auf den Sarg, seine Frau einen Strauß rote Rosen. "Du hast uns an die Weltspitze geführt. Du hast uns sehr glücklich gemacht. Du warst der Größte von allen. Danke, dass es dich gab, Diego. Wir werden dich ein Leben lang vermissen", so Fernández.
Bild: Argentina Presidency/picture alliance/dpa
Ende der Totenwache sorgt für Chaos
Zum letzten Akt der Geschichte von Diego Maradona gehört natürlich auch das "Quilombo", wie es die Argentinier nennen, das Tohuwabohu, logisch. Weil der Regierungspalast nur bis zum späten Nachmittag für die Totenwache geöffnet ist, aber Tausende immer noch auf der Straße anstehen, kommt es zu Tumulten. Im Vorfeld war appelliert worden, die Abstandsregeln einzuhalten. Am Ende "Quilombo", klar.
Wenn Maradona im Himmel zuschauen könnte, würde er wahrscheinlich den Kopf schütteln. Oder aber schmunzeln. Was macht ein intensives Fußballspiel in Argentinien hin und wieder aus? Wenn die Polizei Tränengas gegen die Fans einsetzt und die Anhänger wiederum die Sicherheitskräfte mit Steinen und Flaschen bewerfen. Kein Wunder, dass seit 2013 Auswärtsfans nur ganz selten ins Stadion dürfen.
Bild: Matias Baglietto/Reuters
Von der Casa Rosada zum Friedhof
Weil auch Menschen mit Gewalt in den Regierungspalast eindringen, die sich nicht später vorwerfen lassen wollen, sie hätten den Abschied von Maradona verpasst, wird der Sarg zunächst in einem anderen Raum in Sicherheit gebracht. Anschließend geht Diego Maradona auf seine letzte Reise: von der Casa Rosada zum Friedhof Jardín Bella Vista, in einem Vorort 40 Kilometer von Buenos Aires entfernt.
Diego Maradona findet endlich Ruhe, begleitet nur von den engsten Familienangehörigen, begraben neben seinen geliebten Eltern. Wirklich Ruhe? Nur 300 Meter entfernt skandieren 200 seiner Anhänger, lautstark mit Trommeln untermalt: "Olé, olé, olé, Diego, Diego". Bild Nummer 10 von Maradonas letztem Dribbling, natürlich muss es die 10 sein. Ciao, Diego, so einen wie Dich wird es nie wieder geben!