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PolitikBelarus

Für ein freies, demokratisches Belarus

19. August 2020

Ihr Kampf um freie Wahlen in Belarus hat Maria Kolesnikowa zu einer führenden Oppositionspolitikerin in Belarus gemacht. Dabei hatte die Kulturmanagerin mit Politik bis vor kurzem nichts zu tun.

Belarus, Minsk I Maria Kolesnikova
Bild: picture-alliance/AP/S. Grits

Als letzte der drei Frauen, die sich im Wahlkampf gegen Machthaber Alexander Lukaschenko positioniert haben, hält sich Maria Kolesnikowa noch in Belarus auf. Ihre prominenteste Mitstreiterin, die Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja, ist bereits vor einer Woche nach Litauen ausgereist - aus Angst um ihre eigene Sicherheit und die ihrer Kinder, wie sie erklärte. Auch Veronika Zepkalo ist ihrem Ehemann Waleri ins Exil nach Moskau gefolgt.

Die beiden Frauen waren nur deshalb in den Wahlkampf gegen Lukaschenko gezogen, weil die Wahlkommission die Kandidatur ihrer jeweiligen Ehemänner untersagt hatte. Anders als der geflohene Zepkalo sitzt Sergej Tichanowskij allerdings in belarussischer Haft. Genau wie Viktor Babariko.

Der Bankmanager galt als aussichtsreichster Gegenkandidat zu Langzeitherrscher Lukaschenko, bis ihn die Zentrale Wahlkommission Mitte Juli von der Wahl ausschloss. Babariko war es, der Kolesnikowa im Juni in die Politik holte.

Internationale Kunstmanagerin

Maria Kolesnikowa hat Musik studiert - in Minsk und Stuttgart. Zwölf Jahre lang hat sie in Deutschland gelebt, spricht ausgezeichnet Deutsch und hat in verschiedenen Kulturprojekten in beiden Ländern gearbeitet.

Über die Kunstszene lernte sie auch Viktor Babariko kennen. Als Vorstandsvorsitzender der Belgazprombank, einer Tochtergesellschaft des russischen Gaskonzerns Gazprom, hatte Babariko verschiedene Kunstprojekte gesponsert. Gegenüber russischen Medien gab Kolesnikowa an, sie habe den Mäzen 2017 über Facebook kontaktiert, um mit seiner Hilfe ein Austauschprogramm zwischen Belarus und Deutschland zu organisieren.

Als sich die beiden 2018 persönlich kennenlernten, sagt Kolesnikowa im weißrussischen Webportal Tut.by, sei schnell klar geworden, dass sie "gemeinsame Werte im Leben" hätten. Die Liebe zur Kunst, aber auch eine gewisse Affinität zum Westen werden beiden nachgesagt.

Beruflich fanden die beiden zusammen, als Kolesnikowa im August 2019 die künstlerische Leitung des Minsker Kulturhubs "OK16" übernahm, das von der Belgazprombank mitfinanziert wird.

Drei Frauen fordern Lukaschenko heraus: Veronika Zepkalo, Swetlana Tichanowskaja und Maria KolesnikowaBild: DW/A. Boguslwaskaja

Härten im Wahlkampf

Als Babariko seinen Managerposten im Mai 2020 aufgab, um für die Präsidentschaft zu kandidieren, sagt Kolesnikowa, habe sie keinen Moment gezögert, sich seinem Wahlkampfteam anzuschließen. Dabei sei ihr bewusst gewesen, was auf sie zukommen könnte: "Ich habe mir niemals Illusionen darüber gemacht, wozu diese Regierung bereit ist und was passieren könnte", sagte sie der DW.

Im Juni wurden Viktor Babariko und sein Sohn Eduard, der den Wahlkampf geleitet hatte, unter dem Vorwurf verschiedener Finanzdelikte festgenommen. Die Kandidatur war damit vom Tisch. Doch die 38-Jährige gab nicht auf, übernahm die Leitung von Babarikos Wahlkampfteam und schloss sich mit Tichanowskaja und Zepkalo zusammen. Einen Tag vor der Wahl dann wurde auch Kolesnikowa festgenommen, allerdings schnell wieder freigelassen. Es habe sich um eine Verwechslung gehandelt, hieß es von den Behörden.

Forderung nach freien Wahlen bleibt

Die willkürlichen Festnahmen von Demonstranten, die gegen die mutmaßlich manipulierte Präsidentschaftswahl protestieren, bedauert Kolesnikowa immer wieder. Dass sie die einzige aus dem Oppositionstrio ist, die in Belarus die Stellung hält auch - aber nicht, weil sie sich im Stich gelassen fühlt, sondern weil der Druck der Regierung ihre Mitstreiterinnen ins Exil getrieben habe: "Ich stehe voll auf Swetlanas Seite. Sie ist eine Heldin", sagte sie der DW. Mittlerweile hat Tichanowskaja wiederholt, sie sei bereit die Politik des Landes für eine gewisse Zeit zu übernehmen.

An ihren politischen Zielen halten die Frauen allerdings fest: Es geht darum, Lukaschenko loszuwerden und freie Wahlen abzuhalten. Genau dafür haben sie Anfang der Woche einen Koordinierungsrat gegründet, in dem neben Politikern auch Menschenrechtler und bekannte Persönlichkeiten sitzen sollen.

Bild: picture-alliance/AP/D. Lovetsky

Unterstützung willkommen

Auch Kolesnikowa sitzt in dem Gremium, dem es zunächst einmal um Verhandlungen mit der Lukaschenko geht: "Wir brauchen jetzt den Dialog mit der Regierung. Wenn es die Möglichkeit gibt, dass die EU-Partner, die Russische Föderation oder die Ukraine uns gemeinsam helfen können, diesen Dialog zu starten, wären wir dafür sehr dankbar."

Dass der Wunsch nach Unterstützung auch Richtung Russland geht, ist enorm wichtig - nicht nur, weil belarussische Staatsmedien behaupten, das Oppositionstrio und die Demonstrationen seien von westlichen Agenten gesteuert, die Belarus an EU und NATO binden wollten. Sondern auch, weil - anders als in anderen ehemaligen Sowjetrepubliken - die enge Bindung des Landes an Russland in Belarus nicht zur Diskussion steht.

Überhaupt gehe es in Belarus nicht um die Frage der geopolitischen Ausrichtung des Landes. Das machte Maria Kolesnikowa am Mittwoch im Interview mit der DW noch einmal deutlich: "Das ist die Bewegung Richtung Belarus, das ist die Bewegung für unsere Unabhängigkeit."

Proteste in Belarus: Wie reagiert Putin?

42:36

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Jan D. Walter Jan ist Redakteur und Reporter der deutschen Redaktion für internationale Politik und Gesellschaft.
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