Endlich, werden manche sagen, endlich bekommt auch Maria Magdalena ihren großen Auftritt im Kino. Bisher stand die Figur der Maria Magdalena in den Bibelverfilmungen stets im Schatten von Jesus von Nazareth.
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Bibelfilm aus weiblicher Perspektive: Maria Magdalena
Nicht Jesus ist Hauptfigur in dem neuen Bibelfilm mit den Hollywoodstars Rooney Mara und Joaquin Phoenix, sondern Maria Magdalena. Damit tritt sie nun auch filmisch aus dem Schatten der ausschließlich männlichen Apostel.
Bild: 2018 Universal Studios
Zwei Hollywood-Stars begegnen sich
Maria Magdalena, gespielt von Rooney Mara, wird von Jesus von Nazareth (Joaquin Phoenix) getauft. Was auf den ersten Blick wie die soundsovielte Wiederauflage einer kitschigen Hollywood-Bibelverfilmung erscheinen mag, verblüfft durch eine zurückhaltende Inszenierung und den Verzicht auf allzuviel Hollywood-Bombast. "Maria Magdalena" gehört zweifellos zu den besseren Bibel-Verfilmungen.
Die Schauplätze des Films "Maria Magdalena", der in Italien gedreht wurde, sind vor allem eins: karg und menschenleer, staubig und öde. Die Protagonisten bewegen sich vor großartiger Landschaftskulisse, was dem Charakter des Films gut tut. Schließlich geht es um eine Passionsgeschichte - diesmal aus weiblicher Sicht. Erzählt wird das Leben Maria Magdalenas und ihre Begegnung mit Jesus.
Bild: 2018 Universal Studios/Jonathan Olley
Historie und Fiktion
"Maria Magdalena" hält sich weitgehend an vielfach transportierte Geschichten, die man aus der Bibel kennt. Erzählt wird die Geschichte von Jesus und seinen Jüngern - hier eine Szene mit Judas (Tahar Rahim). Aber natürlich haben Drehbuchautoren und Regisseur ihre Geschichte auch ausgeschmückt. Zum Beispiel wird die Persönlichkeit des Judas neu interpretiert.
Bild: 2018 Universal Studios
Maria Magdalena in der Filmgeschichte
In dem jetzt weltweit in den Kinos anlaufenden Film von Regisseur Garth Davis ist Maria Magdalena die Hauptfigur. In den bisherigen Bibelfilmen stand sie stets im Schatten der männlichen Protagonisten - wie hier in dem wegen seiner Gewaltdarstellungen umstrittenen Film "Die Passion Christi" des australischen Schauspielers und Regisseurs Mel Gibson von 2004 - hier gespielt von Monica Bellucci.
Bild: imago/United Archives
Bibelfilme - Männerbünde
Auch Martin Scorsese setzte in seiner Bibelverfilmung "Die letzte Versuchung Christi" (1988) vor allem auf ein männliches Schauspielerensemble. Maria Magdalena wird in Scorseses Film zur Ehefrau von Jesus umgedeutet. Bei der Geburt eines gemeinsamen Kindes stirbt Maria.
Bild: picture-alliance/dpa
Pasolini verzichtete auf Maria Magdalena
Der große italienische Regisseur Pier Paolo Pasolini verzichtete 1964 in seinem bis heute vielgelobten Bibelfilm "Das 1. Evangelium - Matthäus" ganz auf die Figur Maria Magdalenas. Pasolini setzte zwar auf Realismus und Laiendarsteller, verzichtete auf pompöse Musikuntermalung und üppige Ausstattung, doch die Figur der Maria Magdalena tauchte in seiner Filmhandlung nicht auf.
Bild: Imago/United Archives
Jesus in Hollywood
Bibelfilme wurden in Hollywood schon zu Stummfilmzeiten produziert. Vor allem in den 1950er und 1960er Jahren drehten Produzenten und Regisseure biblische Ausstattungsopern mit großem Budget. 1961 entstand der fast dreistündige Film "König der Könige" von Nicholas Ray mit Jeffrey Hunter in der Hauptrolle. In einer Nebenrolle war Carmen Sevilla als Maria Magdalena zu sehen.
Bild: picture-alliance/KPA
Jesus als Nebenfigur
Zuletzt wurde 2016, zumindest am Rande, die Geschichte von Jesus und seinen Jüngern in der Neuverfilmung von "Ben-Hur" erzählt. Dabei war der Brasilianer Rodrigo Santoro als Jesus zu sehen. Auch in "Ben Hur" spielte die Figur der Maria Magdalena keine Rolle.
Bild: picture-alliance/dpa/Paramount Pictures
Die Bibel zum Lachen
Und auch in der erfolgreichen Komödie "Leben des Brian" des britischen Komikerensembles Monty Python taucht Maria Magdalena nicht auf. Die Spaßtruppe aus England setzte wie die allermeisten Filmemacher zuvor auf die männlichen Charaktere und Protagonisten.
Bild: picture-alliance/United Archives/IFTN
Rehabilitierung einer historischen Figur
Insofern bietet der neue Film "Maria Magdalena", der jetzt in die Kinos kommt, auch die Chance auf eine Neubewertung der biblischen Figur. Man darf den Film sicher aus mehreren Gründen kritisieren, doch verfügt er über einen Vorteil gegenüber den allermeisten früheren Bibelverfilmungen: Er bezieht die weibliche Perspektive mit ein.
Bild: 2018 Universal Studios
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Maria Magdalena ist schön, sehr schön sogar. In der neuen Bibelverfilmung "Maria Magdalena" wird die Titelfigur von der US-Schauspielerin Rooney Mara gespielt, eine der attraktivsten und derzeit erfolgreichsten Hollywood-Darstellerinnen. Sie gibt im Film von Regisseur Garth Davis eine zarte, dunkeläugige, fast elfenhaft schön wirkende Maria Magdalena, die in manchen Szenen an Audrey Hepburn erinnert. Ist das nun Hollywood-Kitsch?
Auch Jesus sah auf der Leinwand immer gut aus...
Manche Zuschauer dürften das so sehen. Andere werden sich betören lassen vom Auftritt Maras. Aber: War Jesus von Nazareth in all den Bibelfilmen, die man seit Jahrzehnten aus Film und Fernsehen kennt, nicht auch stets ein gutaussehender junger Mann, mit perfekt gestutztem Bart und durchdringendem Blick? Die Bibel und das Kino, das war und ist schon immer ein ganz eigenes Kapitel in der Filmhistorie gewesen. Über Authentizität und die Darstellung der biblischen Figuren auf der Leinwand lässt sich trefflich streiten - vor allem, wenn sich Hollywood des Themas annimmt.
Johann Hinrich Claussen, evangelischer Theologe und Kulturbeauftragter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, schreibt in einem aktuellen Aufsatz zum Kinostart von "Maria Magdalena": Bibelfilme verlängern "ihre Vorlagen, malen die oft nur skizzierten Protagonisten mit breitem Pinsel aus, fügen Figuren hinzu, erfinden zusätzliche Szenen, konstruieren neue Konflikte, die für mehr Dramatik sorgen, legen vor allem den Handelnden erheblich längere Dialoge in den Mund, die ihre Gefühle und Gedanken einem modernen Publikum verständlich machen sollen." (epd Film)
Katholischer Theologe: "Versuch der Rehabilitation der Maria Magdalena."
Vor diesem Hintergrund sollte man Bibelfilme stets betrachten: Regie, Kamera, Musik und Darstellerensemble machen aus dem historisch-religiösen Stoff immer etwas eigenes, artifizielles. Das war auch bei großen Filmkünstlern wie Pier Paolo Pasolini nicht anders, der 1964 seine biblische Geschichte in dem Film "Das 1. Evangelium Matthäus" in kargem Schwarz-Weiß und mit Laiendarstellern in die Kinos brachte. Die Person Maria Magdalena hatte darin übrigens keinen Platz.
So ist auch der neue Maria Magdalena-Film in erster Linie ein (Kunst-)Werk mit all den Stärken und Schwächen eines Bibelfilms - wobei die Stärken überwiegen. Man kann sich durchaus dem Urteil des katholischen Filmexperten Peter Hasenberg anschließen, der den Versuch von Garth Davis und seines Teams lobt, die weibliche Perspektive einzubringen: Der Film von Davis verstehe sich bewusst als "Versuch der Rehabilitation der Maria Magdalena als eine den Aposteln gleichgestellte Begleiterin Jesu." In früheren Bibelfilmen, in den Maria Magdalena auftauchte, geriet die Figur nicht selten in den Dunstkreis von sexuellen Anspielungen oder gar Prostitution.
Maria Magdalena erste Zeugin der Auferstehung Jesu
Das ist in dem neuen Film nicht so: "'Maria Magdalena' (ist) eine um viele fiktive Erweiterungen erzählte Geschichte dieser Frau, die keinerlei sensationsheischende Umdeutungen sucht, sondern das unterstreicht, was in der Bibel den Kern ausmacht, nämlich, dass Maria Magdalena die erste Zeugin am Grab (Jesu) und die erste Verkündigerin der Auferstehung war", so Peter Hasenberg.
Mehr zu den zahlreichen Bibelfilmen in der Kino-Historie bietet das gerade erschienene Buch "Leid-Bilder - Die Passionsgeschichte in der Kultur", herausgegeben von Natalie Fritz, Marie-Therese Mäder, Daria Pezzoli-Olgiati und Baldessare Scolari, Schüren Verlag, 598 Seiten, ISBN 978-3-3894-727154.