Ein Jahr lang Wohnen auf engstem Raum, minimaler Kontakt zur Außenwelt, Essen aus der Dose: Auf dem Berghang Mauna Loa, einem der größten Vulkane, begann für sechs Forscher das Training für eine bemannte Mars-Mission.
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Die Teilnehmer des Experiments, drei Männer und drei Frauen, darunter die deutsche Physikerin Christiane Heinicke, ließen sich unter einer Kuppel auf der größten Insel des US-Bundesstaates Hawaii einschließen (Artikelbild). Mit dem einjährigen Projekt, dem vierten und mit Abstand längsten dieser Art auf Hawaii, soll erforscht werden, ob Leben unter Abriegelung möglich ist.
Gibt es Streit?
Wichtig sind dabei nicht nur die biologischen und ökologischen Faktoren, sondern auch die sozialen: Ist Streit programmiert, übernimmt ein Einzelner die Führung, bilden sich Gruppen? Für einen langen Mars-Flug oder das Leben auf einer abgeschlossenen Station könnten diese Fragen ähnlich existenziell sein wie die Versorgung mit Sauerstoff und Nahrung.
Das neue Zuhause der sechs jungen Weltraum-Enthusiasten ist sechs Meter hoch und hat einen Durchmesser von elf Metern. Jeder hat ein eigenes, kleines "Zimmer" mit Bett und Schreibtisch. Auf dem Speiseplan der Wissenschaftler werden in den kommenden Monaten etwa Thunfisch aus der Dose sowie Käsepulver und andere gefriergetrocknete Lebensmittel stehen.
Fast wie auf dem Mars
Der rote Planet ist weit weg, und dort zu leben birgt viele Gefahren. Daher erproben Forscher eine Marsreise schon mal hier, auf der sicheren Erde. Damit irgendwann die erste Marsmission gut vorbereitet starten kann.
Bild: R. Dückerhoff
Eine Deutsche auf dem "Mars"
Am 28. August wird die deutsche Physikerin Christiane Heinicke zum roten Planeten aufbrechen - naja, nicht ganz. Sie wird so tun als ob und in ein kuppelförmiges Zelt auf dem Hang eines hawaiianischen Vulkans einziehen. Da bleibt sie ein ganzes Jahr. Sie simuliert eine Forschungsmission auf dem Mars.
Bild: picture-alliance/dpa/H. Schmidt
Hervorragende Aussichten
Hier wird Christiane Heinicke ein ganzes Jahr leben: auf 2500 Meter Höhe auf dem Vulkan Mauna Loa auf Hawaiis Insel Big Island. Viel mehr als Steine gibt es hier nicht, aber zumindest ist die Aussicht gut.
Bild: R. Dückerhoff
Gemütliche Unterkunft
Mit Heinicke werden noch fünf andere Forscher in dieses kuppelförmige Zelt ziehen - in Raumfahrtsprache "Habitat" genannt. Das Habitat ist einige Meter hoch und etwa elf Meter im Durchmesser. Es hat nur ein Fenster. Etwa zweimal die Woche darf die Crew das Zelt verlassen und auf "Außeneinsatz" gehen.
Bild: R. Dückerhoff
Roter Planet = toter Planet
Der Vulkan Mauna Loa sei besonders gut für eine Marssimulation geeignet, sagen die zuständigen Forscher der Universität von Hawaii. Es gibt kaum Pflanzen, kaum Tiere und man kann von hier nicht mal das Meer sehen. Fast wie auf dem Mars eben. Selbst das Gestein auf Mauna Loa ähnelt dem auf dem Mars (Foto).
Bild: NASA/JPL-Caltech/MSSS
Der Mars lockt
Wissenschaftler wollen auf den Mars, aber diese Reise will gut vorbereitet sein. Der Flug dauert lange - geht etwas schief, kann niemand den Astronauten rechtzeitig zu Hilfe kommen. Daher erproben Forscher die Reise zum Mars und das Leben auf dem Mars ausführlich auf der Erde. Zum Beispiel wollen sie wissen, wie Menschen mit dem Leben in Isolation umgehen und wie sie Konflikte meistern.
Bild: imago/United Archives
Eingesperrt sein muss man aushalten können
Ein Marsreisender darf keine Platzangst haben, denn in den Unterkünften auf dem Mars wird es eng werden. So wie auch bei der Marssimulation Mars-500 im Jahr 2010/2011. Sie fand in der Nähe von Moskau statt und dauerte mit 520 Tagen länger als jede andere Simulation. So lange würde eine Marsmission inklusive Hin- und Rückflug mindestens dauern.
Bild: picture-alliance/dpa/ESA
Auf einem Alpengletscher
Die Teilnehmer der Marssimulation Amadee-15 fuhren mit einer Gondel zu ihrem Ersatzmars. Die zweiwöchige Mission fand auf dem Kaunertaler Gletscher in den österreichischen Alpen statt. Weil der sommerliche Gletscher mit seinen Geröll- und Eismassen in etwa so unwegsam ist wie der Rote Planet, testeten die Forscher hier vor allem mögliche Marsrover.
Bild: picture-alliance/dpa/M. Röder
Wir sind schon da
Menschen sind bereits auf dem Mars unterwegs, allerdings nicht persönlich. Stattdessen fahren Marsrover dort herum und messen, was die Menschen interessiert. Der Marsrover Curiosity landete vor drei Jahren auf dem roten Planeten und untersucht dort seitdem Gestein, Atmosphäre und Strahlung.
Bild: NASA/JPL-Caltech/Malin Space Science Systems
Alles testen, bevor es losgeht
Auch das Envihab, eine Forschungsanlage des Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin des DLR, bereitet die erste Marsmission mit vor. Im Labor testen Forscher die Wirkung anderer Umweltbedingungen auf fremden Planeten auf den menschlichen Körper - wie hier zum Beispiel mit einem Elektroenzephalogramm die Veränderung der Hirnströme.
Bild: DW/F. Schmidt
Eine Frage des Essens
Was werden Astronauten auf dem Mars essen? In Marssimulationen bekommen sie ihr Essen regelmäßig gebracht - bei einer echten Marsmission wäre das natürlich nicht machbar. Im Envihab in Köln experimentieren Forscher daher mit Pflanzen: welche lassen sich einfach im Glas auf einer Marsmission züchten? Tomaten zum Beispiel.
Bild: DW/F.Schmidt
Warum zurückkehren?
Eine Marsmission muss nicht unbedingt mit einem Rückflug zur Erde enden, dachte sich die niederländische Stiftung Mars One. Warum nicht dort eine Siedlung errichten und den Lebensabend auf dem Mars verbringen? Mars One rekrutiert derzeit 40 Astronauten und will sie spätestens im Jahr 2027 auf den Mars schicken. Finanziert werden soll das alles über eine Art Reality-Show im Fernsehen.
Bild: Bryan Versteeg/Mars One
Auf Nummer sicher
Sollte irgendwann einmal eine Marsmission stattfinden, kann jedenfalls niemand sagen, sie sei nicht gut vorbereitet. Da bleibt nur zu hoffen, dass nicht irgendwelche unerwarteten Überraschungen dazwischen kommen...
Die Station ist hermetisch abgeriegelt. Verlassen können die Forscher sie nur kurzzeitig und in Raumanzügen. Zum Internet haben die Experiment-Teilnehmer begrenzten Zugang.
Die deutsche Teilnehmerin Heinicke, Absolventin der Technischen Universität Ilmenau, schilderte ihre Motivation vorab in ihrem Blog: "Wir wollen dabei mithelfen, die ersten Menschen auf den Mars zu bringen. Während jedem sofort einleuchtet, dass man dafür Raumfähren entwickeln muss und Marsstationen und Raumanzüge, unterschätzen viele, dass der wichtigste Faktor der Mensch ist."
Das Projekt "Hawaii Space Exploration Analog and Simulation" (HI-SEAS) auf einem der größten Vulkane der Erde, wird von der US-Weltraumagentur NASA und der Universität Hawaii betrieben. Die NASA ist bislang nur zu unbemannten Mars-Missionen in der Lage. Eine Mars-Sonde an ihr Ziel zu bringen, dauert etwa acht Monate. Bei einer bemannten Mars-Mission, die die NASA für die 2030er Jahre anvisiert, könnte sich die Reisedauer allerdings auf ein bis drei Jahre verlängern.