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Marshallplan für Afrika

Jan Friedmann26. Juni 2002

Auf dem G8-Gipfel sollen die Weichen für eine bessere Zukunft Afrikas gestellt werden. Hinter dem Kürzel "NePAD" verbirgt sich ein umfangreiches Aufbauprogramm - hohe Handelschranken bleiben bestehen.

Textilfabrik in Asmara, EritreaBild: africa-photo

Am 27. Juni ist Afrika-Tag in Kananaskis: Einen Tag lang steht der schwarze Kontinent ganz oben auf der Agenda des Weltwirtschaftsgipfels in Kananaskis. NePAD heißt die Zauberformel, sie bezeichnet die bisher ehrgeizigste Wirtschaftsinitiative Afrikas. NePAD steht für "Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung". Mit dem Programm will sich Afrika selbst aus der Spirale von Armut, Unterentwicklung und Bürgerkrieg befreien - enthusiastische Stimmen vergleichen es schon mit dem Marshallplan, der Europa nach dem Zweiten Weltkrieg auf die Beine half.

Ölraffinerie in NigeriaBild: AP

Die Initiative stammt aus Afrika selbst; die Regierungen von Südafrika, Nigeria, Algerien, Senegal und Ägypten sind federführend. Sie brachten NePAD im Juli 2001 auf dem Gipfel der Organisation Afrikanische Einheit (OAU) in Lusaka auf den Weg. Die G8-Länder beschlossen auf ihrem letzten Gipfel in Genua, die Initiative der afrikanischen Staaten zu unterstützen. Der Aktionsplan für Afrika soll nun in Anwesenheit der Regierungschefs der Initiatoren-Länder verabschiedet werden.

Hilfe zur Selbsthilfe

NePAD mahnt internationale Hilfe an, sagt aber zugleich, dass die Afrikaner für die Zukunft ihres Kontinents selbst verantwortlich seien. Mit dem Plan soll die Zahl der in Armut lebenden Afrikaner bis 2015 halbiert werden, indem ausländische Investoren die afrikanische Wirtschaft ankurbeln. Im Gegenzug wollen die NePAD-Länder eine Art Gütesiegel für demokratische Verhältnisse und die Einhaltung der Menschenrechte in einzelnen afrikanischen Staaten schaffen. Außerdem sollen die nationalen Erziehungs- und Gesundheitssysteme gestärkt werden. Die hierfür benötigten Investitionen werden auf 64 Milliarden US-Dollar pro Jahr geschätzt.

EU als Vorbild

Auch organisatorisch wollen die NePAD-Auguren ein neues Kapitel aufschlagen: Am 8. Juli 2002 findet in Durban die erste Konferenz der Afrikanischen Union (AU) statt. Sie löst die OAU ab, die zunehmend zum ineffizienten Diskussionsorgan verkommen war. Die AU orientiert sich am Vorbild der Europäischen Union. Ein eigenes Parlament, ein Gerichtshof und eine eigene Zentralbank sind geplant. Die Vereinigung von 700 Millionen Afrikanern unter einem Dach soll das Image des Kontinents verbessern.

Gegengipfel in Mali

Die NePAD-Initiative ist in Afrika selbst umstritten. Parallel zum Weltwirtschaftsgipfel in Kanada findet in Mali ein "Gipfel der Armen" statt. Veranstalter des Gegengipfels ist der malische Zweig der Initiative "Jubilee 2000". Sie setzt sich für eine Entschuldung armer Länder ein. Die Globalisierungskritiker bemängeln die Teilnahme afrikanischer Politiker am G8-Gipfel in Kanada als bloße "Statisterie". "Wir wollen das Feld nicht allein den Reichen überlassen", sagt Doantié Dao, Generalsekretär von Jubilee 2000 in Mali. Die Veranstalter des Gegengipfels glauben, dass die NEPAD-Initiative von "multinationalen Unternehmen gesteuert" sei, die ihre Absatzchancen in Afrika verbessern wollten.

Handelsschranken für Produkte aus Afrika

Der Erfolg von NePAD wird entscheidend davon abhängen, ob die Industrienationen Handelsbarrieren abbauen und ihre Märkte für afrikanische Produkte öffnen. Nach Handelstatistiken sinkt der Anteil Afrikas am weltweiten Exportvolumen kontinuierlich. Durch den Agrarprotektionismus Europas, Nordamerikas und Japans verlieren die Subsahara-Staaten pro ungefähr 20 Milliarden Dollar an Exporteinnahmen. Das ist exakt die doppelte Summe dessen, was jährlich als Entwicklungshilfe nach Afrika fließt.

So könnte etwa Uganda große Mengen von Erdnüssen in die USA exportieren, stünden dem nicht amerikanische Importaufschläge von 146 Prozent entgegen. Ein Ende des Handelsprotektionismus würde den afrikanischen Ländern viel mehr nützen als alle Entwicklungshilfe, meinen einhellig die Afrika-Experten. So schimpfte Äthiopiens Premierminister Meles Zenawi: "Die reichen Nationen spielen sich als Samariter auf, doch sie zementieren de facto Afrikas Armut."