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Politik

Masken bringen Spahn in Erklärungsnot

6. Juni 2021

Die Aufregung ist groß in Deutschland - und Dementis können die Wogen nicht glätten. Hat Jens Spahns Ministerium tatsächlich versucht, benachteiligten Menschen minderwertige Corona-Schutzmasken zur Verfügung zu stellen?

Deutschland Jens Spahn
Unter Druck : Bundesgesundheitsminister Jens SpahnBild: John Macdougall/AFP/Getty Images

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) steht nach einem Pressebericht über den Umgang mit angeblich minderwertigen Corona-Schutzmasken im Kreuzfeuer: Empört zeigten sich nicht nur führende Vertreter der Opposition. Auch der Koalitionspartner SPD sparte nicht mit scharfer Kritik, die sich auch an den Chef der Christdemokraten richtete.

"Armin Laschet muss sich jetzt der Frage stellen, ob dieses skandalöse Vorgehen von Jens Spahn für eine Partei mit einem christlichen Etikett noch tragbar ist", sagte der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans der Zeitung "Bild am Sonntag". "Die Öffentlichkeit hat das Recht auf eine schnelle Antwort." Lars Klingbeil, der Generalsekretär der Sozialdemokraten, stieß ins gleiche Horn: Die Vorgänge müssten "umgehend aufgeklärt werden, aber es muss dann auch klar sein, wenn das stimmt (...), dann muss es Konsequenzen im Gesundheitsministerium geben", betonte Klingbeil bei einem Wahlkampfauftritt. Es sei "unmenschlich, was passiert ist".

"Nicht verkehrsfähig"

Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hatte zuvor berichtet, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) im Frühjahr 2020 für schätzungsweise eine Milliarde Euro unbrauchbare Masken gekauft habe. Diese seien - auch nach den damals geltenden Sonderregeln der EU - nicht frei verkehrsfähig gewesen und hätten daher vor ihrem Einsatz im Labor überprüft werden müssen. Zwischenzeitlich habe Spahns Ministerium vorgehabt, die Masken an Obdachlose, Behinderte oder Hartz-IV-Empfänger zu verteilen, so das Magazin. Das für die Maskensicherheit zuständige Arbeitsministerium habe jedoch seine Zustimmung verweigert.

Unter Hochdruck: Masken-Produktion in China (Archiv)Bild: picture-alliance/dpa/Maxppp/Kyodo

Nunmehr sollten die Masken in der "Nationalen Reserve Gesundheitsschutz" eingelagert und nur in einem Katastrophenfall ausgegeben werden, berichtete der "Spiegel" weiter. Mit Eintritt des Verfallsdatums sollten die Masken dann vernichtet werden.

"Nicht tragbar"

"Die Linke"-Vorsitzende Janine Wissler erklärte, ein Minister, der bereit sei, vulnerable Gruppen bewusst zu gefährden, "ist nicht tragbar". "Und wieder einmal scheint es unbedeutend zu sein, dass eine Milliardensumme verbrannt wird", ergänzte der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag, Jan Korte. 

Wenn Menschen mit Behinderung und benachteiligen Menschen tatsächlich minderwertige Masken angedreht werden sollten, trage Spahn dafür die Verantwortung, meinte auch die Grünen-Gesundheitsexpertin Maria Klein-Schmeink.

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer forderte eine "lückenlose und schonungslose" Aufklärung. "Spätestens jetzt muss ein Sonderermittler vom Bundesrechnungshof ran", sagte der liberale Politiker dem "Handelsblatt". Die Koalitionsfraktionen forderte er auf, sie sollten verhindern, "dass mangelhafte Masken in der Nationalen Reserve Gesundheitsschutz eingelagert werden".

"Nicht bezahlt"

Das Bundesgesundheitsministerium bemühte sich derweil, die Vorwürfe zu zerstreuen. Bei der Beschaffung von medizinischem Material "in der damaligen Notlage" sei "strikt auf Qualität geachtet" worden. Soweit bei Testverfahren die "Mangelhaftigkeit" festgestellt worden sei, habe das Ministerium die Ware nicht abgenommen und nicht bezahlt. "Bei der kostenlosen Verteilung bzw. Lieferung von Masken an Einrichtungen der Obdachlosen- und Eingliederungshilfe stand jederzeit der bestmögliche Schutz der dort lebenden Bürgerinnen und Bürger und der Beschäftigten im Vordergrund", unterstrich das Ministerium außerdem. "Andere Erwägungen haben seitens des BMG keine Rolle gespielt."

Unter Beschuss: Gesundheitsministerium in BerlinBild: dapd

Zur angeblich geplanten Vernichtung der Masken erklärte das Ressort, Entscheidungen über die Vernichtung von Warenbeständen habe die Bundesregierung nicht getroffen. "Insofern trifft die entsprechende Berichterstattung nicht zu, uns ist auch die Grundlage dieser Berichterstattung nicht bekannt."

wa/ml (dpa, afp, epd)

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