Nach Konzert-Massenpanik: Polizei warnte
8. November 2021
Der Polizeichef in Houston hat nach der Massenpanik bei einem Rap-Konzert in Texas mit acht Todesopfern verlauten lassen, er habe den Rapper Travis Scott vor seinem Auftritt vor der labilen Sicherheitslage gewarnt. Während die polizeilichen Ermittlungen begonnen haben, hat ein Konzertbesucher Klage gegen die beiden Stars des Abends eingereicht, die Rapper Travis Scott und Drake , wegen "Anstiftung zum Chaos". Das bestätigte die Anwaltskanzlei Thomas J. Henry Law. Kläger ist der 23-jährige Kristian Paredes. Er ist einer der 25 Festivalbesucher, die am vergangenen Freitag in Houston im Gedränge vor der Bühne beim Auftritt von Travis Scott teilweise schwer verletzt wurden. Einige von ihnen waren mit einem Herzstillstand ins Krankenhaus eingeliefert worden. Der Polizeichef in Houston ließ am Dienstag nach dem Unglück verlauten, er habe die Rapper vor ihrem Auftritt gewarnt und Sicherheitsbedenken geäußert.
Laut Klageschrift habe Scott bereits bei früheren Veranstaltungen Chaos gestiftet. Drake wird vorgeworfen, er habe die Stimmung in Houston noch weiter aufgeheizt, als er auf die Bühne gekommen sei. Er habe seine Show fortgesetzt, obwohl die Menge außer Kontrolle gewesen sei. Auch der Konzertveranstalter Live Nation wurde von Paredes verklagt.
"Todesfalle" vor der Bühne
In den US-Medien gibt es mittlerweile zahlreiche Augenzeugenberichte von Festivalbesuchern. "Es war die Hölle", sagte der 17-jährige Nick Johnson der "New York Times". Die Menge habe sich von hinten zur Bühne gedrängt. "Der Druck war so stark, dass ich nicht mehr atmen konnte", beschrieb Emily Munguia dem Nachrichtensender CNN das Chaos. Sie habe um Hilfe geschrien. Sie dachte, sie würde sterben, sagte die 22-jährige Konzertgängerin. Um ihn herum seien Leute zusammengebrochen, sagte Billy Nasser der CNN. "Menschen wurden zu Boden getrampelt", das Gelände vor der Bühne sei eine "Todesfalle" gewesen.
Travis Scott äußerte sich am Samstagvormittag (Ortszeit) auf Twitter zu dem Unglück. "In bin völlig am Boden zerstört von dem, was letzte Nacht passiert ist", schrieb er. Er werde für die Betroffenen und deren Angehörige beten. Die Polizei in Houston habe seine volle Unterstützung, den "tragischen Verlust von Leben" aufzuklären. Sein Tweet erntete tausende von Kommentaren mit der Frage, warum er seinen Auftritt nicht abgebrochen habe. Augenzeugen stellten schockierende Videos unter Scotts Tweet. Darin sind Fans zu sehen, die hilfesuchend auf eine Plattform für Kameraleute klettern und verzweifelt versuchen darauf aufmerksam zu machen, dass vor der Bühne Menschen sterben.
Teenager und ein Kind unter den Opfern
Zwar unterbricht Travis Scott sein Konzert, unter anderem als ein Krankenwagen auf dem Gelände eintrifft und der Rapper Sicherheitskräfte um Hilfe bittet. Doch erst kurz nach 22 Uhr, eine halbe Stunde, nachdem die ersten Menschen vor der Bühne zusammengebrochen sind, wird die Show abgebrochen. Für acht Menschen kommt jede Hilfe zu spät.
Die beiden jüngsten Opfer waren 14 Jahre und 16 Jahre alt, weitere fünf 21 bis 27 Jahre, gab der Bürgermeister von Houston, Sylvester Turner, am Samstagnachmittag (Ortszeit) bekannt. Das Alter des achten Todesopfers war zu dem Zeitpunkt noch nicht bekannt. 25 Menschen wurden in Krankenhäuser eingeliefert, darunter ein zehn Jahre altes Kind, sagte Feuerwehrchef Samuel Peña. Hunderte suchten ein Feldhospital am Festivalgelände auf. Es gebe viele offene Fragen, wie es zu dem Unglück kommen konnte, betont Turner.
Gewalt gegen Rettungskräfte und Polizei
Laut Konzertbesuchern hatten die Rettungskräfte große Probleme, zu den Verletzten zu gelangen. Die Tanzenden ließen Polizei- und Rettungswagen teilweise nicht passieren. Auf den Videos, die in den sozialen Medien kursieren, sind tanzende Menschen auf Rettungswagen zu sehen. Laut "TMZ.com" gab es Augenzeugenberichte, dass jemand in der Menge Menschen ein Mittel eingespritzt habe. Houstons Polizeichef Troy Finner sagte gegenüber der Presse, dass einer der Sicherheitskräfte einen Stich im Nacken gefühlt habe und ohnmächtig geworden sei. Sanitäter mussten ihn mit einem Notfallmedikament für eine Opiatüberdosierung wiederbeleben.
In den sozialen Medien verbreiten sich derweil Berichte über angeblich unzulängliche Sicherheitsvorkehrungen und Nothelfer, die der Lage nicht gewachsen waren. Die Polizei in Houston sagte am Samstag, dass es eine gründliche Untersuchung geben werde. Der Polizeichef ließ am Dienstag verlauten, er habe sich sogar vor dem Konzert mit dem Rapper Travis Scott getroffen und dabei Sicherheitsbedenken geäußert. Sowohl die örtliche Polizei als auch die Feuerwehr waren an den Sicherheitsmaßnahmen der Veranstaltung maßgeblich beteiligt, die Untersuchung läuft bereits.
Auf einigen Videoaufnahmen ist zu sehen, wie Fans das Festivalgelände noch vor Beginn des Konzerts stürmten und dabei Zäune niederrissen und einen V.I.P.-Eingang zerstörten. Das Sicherheitspersonal und die wenigen anwesenden Polizisten waren offensichtlich überfordert. Mutmaßlich gelangten so wesentlich mehr Menschen auf das Gelände als vorgesehen. Dabei war das Astroworld-Festival nach Informationen der Veranstalter mit einem Publikum von etwa 50.000 Menschen ausverkauft.
Travis Scott hatte das erste Astroworld-Festival 2018 in seiner Heimatstadt Houston organisiert. Bei dem zweitägigen Festival sollten dieses Jahr laut Veranstalter auch Künstler wie Earth, Wind & Fire, SZA und Bad Bunny auftreten. Die für Samstag geplanten Konzerte wurden abgesagt.
pj/ka (mit dpa und AFP)