Massenproteste gegen Sparpläne in Frankreich gestartet
18. September 2025
Mit landesweiten Streiks und Protesten haben in Frankreich zahlreiche Beschäftigte gegen geplante Kürzungen im Staatshaushalt demonstriert. Lehrer, Lokführer, Apotheker und Krankenhausmitarbeiter legten ihre Arbeit nieder, vielerorts blockierten auch Schüler die Eingänge zu ihren Schulen.
Besonders betroffen war der öffentliche Verkehr: Rund die Hälfte aller Regionalzüge fiel aus, bei den TGV-Fernverbindungen waren es etwa zehn Prozent. In Paris kam es zu massiven Störungen, zahlreiche Metro-Linien verkehrten lediglich während der Hauptverkehrszeiten - ausgenommen waren nur einige automatisierte Strecken. Auch der regionale Zugverkehr war stark eingeschränkt. Die Behörden rechnen mit bis zu 800.000 Protestteilnehmern. Innenminister Bruno Retailleau kündigte den Einsatz von rund 80.000 Polizisten an.
Forderungen der Gewerkschaften
Die Gewerkschaften verlangen höhere Investitionen im öffentlichen Dienst, stärkere Steuerbelastungen für Vermögende sowie eine Abkehr von der umstrittenen Rentenreform. "Die von uns vertretenen Arbeiter sind wütend", erklärten die großen Gewerkschaften in einem gemeinsamen Statement.
Nach Angaben der Lehrergewerkschaft beteiligten sich rund 45 Prozent der Lehrkräfte an den Streiks. Die Apothekergewerkschaft USPO erklärte, 98 Prozent der Apotheken blieben geschlossen. "Wir werden so lange mobilisieren, bis es eine angemessene Antwort gibt", sagte Sophie Binet, Chefin des Allgemeinen Gewerkschaftsverbunds CGT, nach einem Treffen mit dem neuen Ministerpräsidenten Sébastien Lecornu.
Neuer Premier berät mit Parteien
Auslöser der Proteste waren die Sparpläne des inzwischen gestürzten Premierministers François Bayrou, der Einsparungen von 44 Milliarden Euro vorgesehen hatte - unter anderem durch die Streichung von zwei Feiertagen. Sein Nachfolger Lecornu, der noch keine neue Regierung ernannt hat, berät derzeit mit Vertretern der Parteien über einen Haushaltskompromiss für das hoch verschuldete Land. Am Mittwoch traf er Vertreter sowohl der linksgrünen als auch der rechtspopulistischen Opposition. Ein Kompromiss zeichnet sich bislang nicht ab. Mit der Vorstellung einer neuen Regierung wird frühestens Ende kommender Woche gerechnet.
Der geplanten Abschaffung von Feiertagen erteilte Lecornu bereits eine Absage. Stattdessen stellte er Einschränkungen bei Privilegien für ehemalige Premierminister in Aussicht.
Wiederkehrende Protestwelle
Bereits am 10. September hatte es landesweite Aktionen gegeben. Diese gingen allerdings nicht von den Gewerkschaften aus, sondern folgten einem Blockadeaufruf, der sich in sozialen Netzwerken verbreitet hatte.
Frankreich ist derzeit mit etwa 114 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts verschuldet. Das Haushaltsdefizit lag im vergangenen Jahr bei 5,8 Prozent - fast doppelt so hoch wie die von der EU erlaubte Obergrenze von drei Prozent. Die US-Ratingagentur Fitch bewertete die Kreditwürdigkeit des Landes zuletzt so schlecht wie nie zuvor, unter anderem wegen der politischen Krise und steigender Staatsschulden.
pgr/jj (afp, rtr)
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