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Politik

Massiver Bauernprotest an Indiens Festtag

26. Januar 2021

Zusammenstöße zwischen Landwirten und der Polizei haben die Parade zum indischen Nationalfeiertag überschattet. Hintergrund ist eine geplante Agrarreform.

Bauer in Indien stürmen von der Polizei errichtete Barrikaden, mit Schilden und Helmen ausgerüstete Sicherheitskräfte weichen vor den Angreifern zurück
Die Kraft der Wut: Sicherheitskräfte versuchten vergeblich, die Bauern mit Barrikaden aufzuhaltenBild: Imtiyaz Khan/AA/picture alliance

Tausende Bauern durchbrachen mit ihren Traktoren Polizeibarrikaden vor den Toren Neu Delhis. Die Polizei setzte Tränengas und Schlagstöcke gegen die Demonstranten ein. Mehrere Menschen wurden verletzt. Laut Zeugen wurde ein Protestteilnehmer erschossen. Die Behörden widersprachen dieser Darstellung und teilten mit, der Mann sei von einem umstürzenden Traktor getroffen worden.

Auf die Barrikaden: Bauern am Roten Fort, das am Rande der Altadt von Delhi liegtBild: Sajjad Hussain/AFP/Getty Images

Unter anderem stürmte die Menge das Rote Fort, eine historische Palastanlage. Einigen Landwirten gelang es, auf eine wichtige Straßenkreuzung in der indischen Hauptstadt zu fahren - ganz in der Nähe einer Tribüne, von der aus Premierminister Narendra Modi die Militärparade zum Nationalfeiertag verfolgte. Viele Demonstranten schwenkten dabei die Nationalflagge. Unterstützung erhielten sie von Anwohnern, die den Landwirten zujubelten oder Blütenblätter von den Dächern ihrer Häuser warfen. Sicherheitskräfte brachten Modi zu seiner Residenz zurück, bevor es zu einer direkten Konfrontation mit den Landwirten kommen konnte.

Vor den Toren in Stellung gebracht

Am Montag hatten sich mehr als 10.000 Bauern vor den Toren Neu Delhis in Stellung gebracht. Die Behörden in der Hauptstadt gestatteten den Protest unter der Bedingung, dass die eigentliche Kundgebung erst nach der Militärparade an diesem Dienstag beginnen dürfe. Schon seit November formiert sich unter indischen Landwirten Widerstand gegen eine von Modi geplante Agrarreform, die aus Sicht der Kritiker eine zunehmende Dominanz von Großunternehmen in der Landwirtschaft zur Folge hätte.

Auf dem Rücken von Kamelen: Parade zum Nationalfeiertag in Neu DelhiBild: Jewel Samad/AFP/Getty Images

Bisher wurde Getreide auf staatlich organisierten Großmärkten zu garantierten Mindestpreisen gehandelt. Nach der Reform sollen die Bauern ihre Ware ohne Zwischenhändler auch direkt an Privatfirmen verkaufen können. Die Regierung argumentiert, die Erzeuger könnten so höhere Gewinne erzielen. Landwirte fürchten dagegen einen Preisverfall, da sie bei Verhandlungen mit Agrarkonzernen in einer schwächeren Position wären.

Landwirtschaft als Lebensgrundlage: Bauernprotest nahe Neu DelhiBild: Anushree Fadnavis/REUTERS

Viele Bauern in Indien sind in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Zwar steuert die Landwirtschaft nur noch rund 15 Prozent zur Wirtschaftsleistung des Landes mit seinen 1,3 Milliarden Einwohnern bei. Sie bildet aber die Lebensgrundlage für etwa 60 Prozent der Erwerbstätigen. Bei Verhandlungen zwischen der Regierung und Bauernvertretern konnte bislang keine Einigung erzielt werden.

Hammer und Sichel: Auch in Mumbai gingen - wie hier am Montag - scharenweise Menschen auf die StraßeBild: Ashish Vaishnav/SOPA Images/picture alliance

In einer Twitter-Botschaft anlässlich des Nationalfeiertags äußerte sich Modi nicht zu den Protesten, die auch in Mumbai und Bangalore stattfanden. In Indien wird am 26. Januar das Inkrafttreten der indischen Verfassung nach der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1950 gefeiert.

jj/ww (dpa, afp, rtr, epd, ap)