Massives Fehlverhalten von UNRWA-Mitarbeitern
29. Juli 2019In dem internen, vertraulichen Papier, das der Nachrichtenagentur AFP in Kopie vorliegt, ist von Missmanagement und Machtmissbrauch auf höchster Ebene des Hilfswerks der Vereinten Nationen die Rede. Die Vorwürfe der internen Ermittler umfassen "sexuelles Fehlverhalten, Vetternwirtschaft, Diskriminierung und anderen Machtmissbrauch zum eigenen Nutzen, zur Unterdrückung legitimer abweichender Meinungen und zur Erlangung anderweitiger persönlicher Ziele".
Zuschanzen von Jobs
Die Vorwürfe richten sich vor allem gegen eine kleine Anzahl ausländischer Führungskräfte - auch gegen den Schweizer UNRWA-Chef Pierre Krähenbühl. Er soll eine Liebesbeziehung zu einer Kollegin gehabt haben, die nach einem "äußerst schnellen" Auswahlverfahren 2015 auf einen Beraterposten kam, der neu geschaffen und Krähenbühl zugeordnet war. Auf diese Weise habe sie den UNRWA-Chef bei Business-Class-Flügen rund um die Welt begleiten können.
Eine Stellvertreterin Krähenbühls soll ihre Stellung ausgenutzt haben, um ihrem Ehemann einen gut dotierten Job zu verschaffen. Der Mitarbeiterin wird in dem Bericht zudem ein tyrannisches Führungsverhalten vorgeworfen. Sie habe unliebsame Kollegen von Entscheidungsprozessen ferngehalten. Vergangenen Donnerstag habe sie das UN-Hilfswerk aus "persönlichen Gründen" verlassen.
Ähnliche Vorwürfe des Schikanierens von Mitarbeitern werden gegen eine andere Führungskraft erhoben, von der sich das UNRWA wegen "ungebührlichen Verhaltens" ebenfalls getrennt habe. Beide Ex-Mitarbeiter waren laut AFP nicht erreichbar.
Der Untersuchungsbericht wurde bereits im Dezember an das UN-Generalsekretariat gesandt. Seither inspizierten UN-Prüfer die UNRWA-Büros in Jerusalem und Amman. Das Hilfswerk sicherte seine volle Kooperation zur Aufklärung der Vorwürfe zu. Eine Stellungnahme wollte es wegen der laufenden Ermittlungen nicht abgeben.
UNRWA-Chef Krähenbühl erklärte der AFP, falls die laufenden Untersuchungen zu Ergebnissen führen sollten, die "Korrekturmaßnahmen oder andere Managementmaßnahmen erforderlich machen, werden wir nicht zögern, diese zu ergreifen".
Dissens mit den USA
Das UNRWA unterstützt palästinensische Flüchtlinge im Libanon, in Jordanien, Syrien und in den Palästinensergebieten. Es wurde 1948 gegründet. Die Vorwürfe treffen das Hilfswerk inmitten einer stark angespannten Finanzlage und erheblichen politischen Drucks. Die USA - lange der größte Geldgeber - hatten im vergangenen Jahr ihre Zahlungen zunächst ausgesetzt und später gekürzt. Washington wirft dem UNRWA vor, wesentlich zur Verlängerung des Nahost-Konflikts beizutragen.
ust/uh (afp)