Maulkorb für indonesische Medien
19. September 2002War's das schon? Pressefreiheit in Indonesien, Öffnung der Medien für kontroverse Diskussionen, eine vielfältige Palette neuer Zeitungen und Zeitschriften: Diese Entwicklungen nach dem Sturz des Diktators Suharto im Mai 1998 wurden weltweit gelobt. Vieles an überfälligen Reformen ist seither nicht in Gang gekommen. Aber gerade die Medienlandschaft blühte auf, weil es neue Gesetze erlaubten. Unter dem Präsidenten Abdulrahman Wahid durfte öffentlich gestritten, kritisiert, polemisiert werden. Die verhassten Zensoren wurden arbeitslos und aufs Altenteil geschickt.
Das scheint jetzt wieder der Vergangenheit anzugehören. Alle Zeichen deuten darauf hin. Unter der jetzigen Präsidentin Megawati Sukarnoputri werden offenkundig die Restriktionen von gestern wieder eingeführt. Einige Kritiker verweisen auf die Praktiken der holländischen Kolonialzeit und der japanischen Besatzung während des Zweiten Weltkrieges. Wahrheit darf nur das sein, was der Obrigkeit gefällt - Zuwiderhandlung wird mit Gefängnis bestraft.
Zensur wird wieder eingeführt
Dem indonesischen Parlament liegt ein Gesetzentwurf vor, der die Zensur wieder aktiviert und den Medien erneut einen Maulkorb verpasst, den sie in den vergangenen Jahren erfolgreich abgestreift hatten. Ein paar Beispiele illustrieren diese Tendenz: In Paragraf 10 wird der Präsidentin und den Regionalregierungen das Recht eingeräumt, direkt in die Medien einzuwirken, wenn sie sich nicht im erwünschten Lichte dargestellt sehen. Paragraf 22 regelt die Lizenzen, deren Vergabe einzig vom Wohlwollen der Regierung abhängt. Und Paragraf 54 beziffert die Sanktionen: bis zu fünf Jahre Gefängnis und sehr hohe Geldstrafen.
Auch Auslandssender sind betroffen: Paragraf 27 zielt auf das Einstellen des bisher praktizierten Rebroadcastings ausländischer Sender ab. Ob Deutsche Welle, BBC, Voice of America oder zahlreiche andere Stationen: Kein indonesischer Radio- oder TV-Sender darf mehr die von ausländischen Sendern produzierten Beiträge übernehmen, sofern sie auch nur entfernt politischen Inhalts sein könnten.
Kritik unerwünscht
Die Absicht der Regierung Megawati kann man sich folgendermaßen erklären: Gegenwärtig rüsten sich Parteien, Militär und Politiker für die Präsidentschaftswahlen 2004. Da will man unter sich bleiben. Kritiker im Lande sind ebenso unerwünscht wie kritische Stimmen aus dem Ausland. Die gegenwärtige Protestwelle indonesischer Journalisten zeigt allerdings, dass die Repressionen nicht mehr so einfach durchzusetzen sein werden wie früher.
Angesichts der Mehrheitsverhältnisse und Machtinteressen im Parlament wird das neue Mediengesetz wahrscheinlich trotzdem verabschiedet werden. Eine folgenreiche Entscheidung für den südostasiatischen Inselsstaat, denn sie ist ein weiterer Schritt, mit dem sich Indonesien vom zaghaft betretenen Demokratie-Pfad brüsk wieder rückwärts bewegt.