Zum ersten Mal in seiner Karriere gewinnt Max Verstappen in der Formel 1 die Fahrer-Weltmeisterschaft. Der Niederländer ist hinter dem Lenkrad gereift, dabei aber alles andere als handzahm geworden.
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Formel-1-Weltmeister Max Verstappen
Sechseinhalb Jahre nach seinem Debüt als jüngster Formel-1-Fahrer aller Zeiten krönt sich Max Verstappen zum Weltmeister. Der einstige "junge Wilde" hat sich zum herausragenden Fahrer entwickelt.
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Milchgesicht
Jünger als er ist keiner bei seinem Formel-1-Debüt gewesen. Mit 17 Jahren und 166 Tagen bestreitet Max Verstappen am 15. März 2015 in Melbourne seinen ersten Grand Prix - damals noch im Toro Rosso, dem Nachwuchsteam des Red-Bull-Rennstalls.
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Jüngster Sieger
Lange dauert es nicht, bis Verstappen erstmals ganz oben auf dem Podium landet. Nachdem sich die beiden Mercedes-Fahrer, Nico Rosberg und Lewis Hamilton, 2016 in Barcelona gegenseitig von der Strecke schießen, ist der Weg für den Niederländer frei. Mit 18 Jahren und 228 Tagen trägt er sich in die Geschichtsbücher ein.
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Psychopath?
In seiner Anfangszeit fällt Verstappen immer wieder durch kompromisslose Aktionen auf, die ihm den Spitznamen "Mad Max" einbringen. 2016 drängelt er sich in der ersten Kurve an den beiden Ferraris von Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen vorbei (Foto). Nicht nur hier sind Blechschäden und verärgerte Konkurrenten die Folge. "Der gehört in die Psychiatrie", sagt Formel-1-Legende Niki Lauda damals.
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Wie auf Schienen
Neben aller Kritik gibt es aber stets auch großes Lob für das fahrerische Können Verstappens. Besonders beeindruckend ist seine Regenfahrt beim Großen Preis von Brasilien in Sao Paulo im November 2016. Während die Konkurrenz vorsichtig um die Kurven fährt, macht Verstappen, der zwischenzeitlich auf Rang 16 zurückfällt, Platz um Platz gut und wird am Ende Dritter.
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Schubser für den "Idioten"
Keinen Spaß versteht Verstappen, wenn er selbst abgeräumt wird. 2018 kommt es in Brasilien zur Kollision mit dem überrundeten Esteban Ocon (l.). Verstappen dreht sich, sein Auto ist beschädigt, die Führung ist futsch. "Was für ein Idiot", schimpft er noch im Auto. Nach dem Rennen attackiert Verstappen Ocon in der Box und schubst den Franzosen mehrfach. Anschließend muss er Sozialstunden ableisten.
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Ein Meer in Oranje
Unabhängig vom Verhalten auf der Strecke: Verstappen begeistert die Massen. Die niederländischen Fans reisen ihm in Heerscharen nach und sorgen bei vielen Rennen mit ganzen Tribünen in Orange für Gänsehaut-Atmosphäre. Die Formel 1 belohnt das, indem sie seit dieser Saison - nach 36 Jahren Pause - den Großen Preis der Niederlande wieder in den Rennkalender aufnimmt.
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Eingespieltes Team
Bei Red Bull hat Verstappen "Vorgesetzte", denen er vertraut. Neben Teamchef Christian Horner (l.) ist Motorsport-Berater Helmut Marko (2.v.l.) eine wichtige Bezugsperson. Marko holt Verstappen im August 2014 aus der Formel 3 ins F1-Programm von Red Bull und fördert ihn, wo es geht. "Er sagt, was er denkt, ist immer geradeaus und erzählt dir keinen Bullshit", sagt Verstappen über den 78-Jährigen.
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Kompetenter Berater
Immer an der Seite von Max Verstappen ist sein Vater Jos, der zwischen 1994 und 2003 selbst 107 Formel-1-Rennen bestreitet. "Wir reden über alles, was ich während des Wochenendes mache. Das betrifft auch die Arbeit am Set-up", wird Max auf redbull.com zitiert. "Es ist toll, seinen Vater dabeizuhaben, vor allem wenn er selbst die gleichen Erfahrungen gemacht hat und den Rennsport versteht."
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Weltmeisterliche Freundin
Nachdem Verstappen seine Freundinnen früher öfter in kurzen Abständen wechselt, ist nun seit über einem Jahr Kelly Piquet an seiner Seite. Die Tochter des ehemaligen Formel-1-Weltmeisters Nelson Piquet ist acht Jahre älter als Verstappen und hat eine Tochter aus der früheren Beziehung mit Ex-Formel-1-Fahrer Daniil Kwijat. Verstappen spricht von Nelson Piquet bereits als "Schwiegervater in spe".
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Auf Augenhöhe
Vielleicht auch wegen seines stabilen Umfelds fährt Verstappen in diesem Jahr so gut wie nie zuvor. Viele Formel-1-Fans sind begeistert, dass es erstmals seit dem Duell zwischen Hamilton und Rosberg 2016 in der Fahrer-WM wieder bis zum Schluss spannend ist. Verstappen und Kontrahent Hamilton respektieren sich und schätzen den anderen als fähigen Gegner. Sie schenken sich aber nichts.
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Mit harten Bandagen
Dass noch ein Funke "Mad Max" in ihm glimmt, zeigt Verstappen, je länger die Saison dauert. In Silverstone lässt ihm Hamilton zu wenig Platz, Verstappen rutscht von der Strecke und scheidet aus. In Monza "revanchiert" sich der Niederländer: Er zieht nicht zurück und endet mit seinem Red Bull oben auf Hamiltons Mercedes. Auch in Brasilien gibt er nicht nach und drängt Hamilton von der Strecke.
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Am Ziel der Träume angekommen
Insgesamt 20 Formel-1-Rennen hat Verstappen in seiner Karriere gewonnen. Mit dem Erfolg in Abu Dhabi, seinem zehnten Grand-Prix-Sieg in dieser Saison, hat er sich nun seinen großen Traum erfüllt: die Weltmeisterschaft in der Königsklasse des Motorsports.
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Es gab Zeiten, da hat so mancher Formel-1-Grande über Max Verstappen und dessen Verhalten auf der Rennstrecke nur fassungslos den Kopf geschüttelt. Nachdem der Niederländer im März 2015 mit nur 17 Jahren als jüngster Formel-1-Fahrer aller Zeiten in der Königsklasse des Motorsports aufgetaucht war, fiel er zwar mit großem Talent, aber immer wieder auch durch halsbrecherische Aktionen auf.
"Der gehört zurück in die Schule. So kann man keine Formel 1 fahren", schnaubte zum Beispiel Ex-Weltmeister Niki Lauda, nachdem Verstappen 2016 beim Großen Preis von Belgien in Spa gleich nach dem Start zunächst beide Ferraris abgeräumt und später, um ein Überholmanöver zu verhindern, vor dem heranrasenden Kimi Räikkönen bei Höchstgeschwindigkeit Zick-Zack gefahren war.
Kritik und Anerkennung
Es half wenig, dass Verstappen sich hinterher keines eigenen Fehlverhaltens bewusst war. "Der gehört in die Psychiatrie, wenn er jetzt sagt, der Kimi sei schuldig", wetterte Lauda damals. Da es nicht der einzige derartige Zwischenfall blieb, hatte der Youngster bald den Spitznamen "Mad Max" weg. Auf der anderen Seite erntete der junge Verstappen für sein von Anfang an forsches Auftreten aber auch Anerkennung. "Ich mag den Jungen gern. Ich finde, er trägt zu einer Riesenshow bei", sagte damals Mercedes-Sportchef Toto Wolff. "Er fährt unheimlich aggressiv und hat sich schon einen relativ guten Eindruck bei seinen Gegnern verschafft."
Was Verstappen bei all seinen Harakiri-Aktionen und dem Ärger, den es anschließend gab, auch stets genoss, war der Respekt für sein fahrerisches Können. "Das Limit des Autos ist nicht das Limit von Max Verstappen", sagte Formel-1-Sportdirektor Ross Brawn über Verstappen. Schon früh habe man sehen können, welchen Speed der Junge habe. "Nun ist er gereift zu einem außergewöhnlichen Rennfahrer."
Schneller Aufstieg
Der Weg des neuen Weltmeisters in die Königsklasse war im Grunde von Kindesbeinen an vorgezeichnet. Vater Jos, zwischen 1994 und 2003 selbst Formel-1-Fahrer, brachte seinen Sohn früh zum Kartsport und hatte auch die nötigen finanziellen Möglichkeiten und Beziehungen, die man braucht, um im Motorsport weiterzukommen. Außerdem war Klein-Max schnell. "Ich erinnere mich, dass er nach ein paar Runden die ganze Strecke mit Vollgas fuhr", erinnert sich der Vater. "Ich ging sofort los, um ihm ein größeres Kart zu kaufen."
Verstappen gewann Rennen und Meisterschaften, erst kleinere Serien in Belgien, später wurde er Welt- und Europameister im Kart. 2014 kam der Wechsel in die Formel 3, nur ein Jahr später der Schritt in die Formel 1. Helmut Marko, Motorsport-Berater von Red Bull, nahm das Ausnahmetalent 2014 ins F1-Programm des Brauseherstellers auf und gab dem erst 17-jährigen Verstappen im folgenden Jahr ein Cockpit bei Toro Rosso, dem Nachwuchsteam der "Roten Bullen". Im März, beim Saisonauftakt in Melbourne, wurde Max Verstappen mit 17 Jahren und 166 Tagen jüngster Rennteilnehmer der Formel-1-Geschichte, ein Jahr später jüngster Rennsieger mit 18 Jahren und 228 Tagen.
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Mit ausgefahrenen Ellenbogen
Nach zwei dritten Plätzen in der WM-Endabrechnung 2019 und 2020 ist Verstappen in diesem Jahr endgültig vom "jungen Wilden" zum Top-Fahrer gereift. Dabei konnte er sich stets auf sein hervorragendes Auto verlassen, profitierte aber auch von der Erfahrung aus seinen "Bully-Jahren" am Anfang der Karriere. Spätestens nachdem Lewis Hamilton ihn beim Großen Preis von Großbritannien in Silverstone kurz nach dem Start anstubste und Verstappen daraufhin mit Kräften von 51G in die Streckenbegrenzung krachte, waren beim Niederländer die Ellenbogen ausgefahren.
Beim nächsten Rad-an-Rad-Duell mit Hamilton in Monza zog Verstappen nicht zurück. Es kam zur Kollision, Verstappens Red Bull landete am Ende oben auf dem Auto von Hamilton, der - nur dank des Halo-Bügels - ohne schwere Kopfverletzung davonkam. "Lewis ging es gut", sagte Verstappen damals lapidar auf die Frage, warum er sich nach dem Unfall nicht nach dem Wohlbefinden des Kontrahenten erkundigt habe. "Er hat sogar noch versucht, rückwärts zu fahren, als ich schon aus dem Auto war. Wenn es dir nicht gut geht, machst du das nicht." In Brasilien drängte Verstappen Hamilton, als dieser außen überholen wollte, von der Strecke und kam nur mit Glück ohne Strafe davon. Der Gipfel und eine Rückkehr zu "Mad Max" war dann die Aktion in Saudi-Arabien, als Verstappen Hamilton vorbeilassen sollte und abrupt so langsam wurde, dass der Brite in ihn hineinkrachte und sich den Frontflügel zerstörte. Nicht unbedingt sympathisch, aber am Ende erfolgreich.
Anfang einer Ära?
Und der Erfolg gibt Verstappen Recht, schließlich beschert ihm seine kämpferische Fahrweise den ersten Weltmeistertitel. Es könnte der erste von mehreren sein. Vielleicht folgt auf die Ära Hamilton, der zwischen 2014 und 2020 sechs von sieben Weltmeisterschaften gewann, die Ära Verstappen?
Der Niederländer ist zwölf Jahre jünger als der Brite und mit seinem starken Red Bull gut genug, auch in den kommenden Jahren der Fahrer zu sein, den es im Kampf um den WM-Titel zu schlagen gilt. So lange, bis irgendwann der nächste Verstappen, der nächste junge Wilde, kommt und ihn, den Arrivierten, frech herausfordert.