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Politik

Brexit-Frage: May und Barnier unversöhnlich

2. September 2018

Je näher der EU-Austritt Großbritanniens rückt, desto mehr redet man dort über ein zweites Brexit-Referendum. Premierministerin May sieht sich zur Klarstellung gezwungen. EU-Unterhändler Barnier erhöht derweil den Druck.

Symbolbild Brexit
Bild: Reuters/F. Lenoir

Im Schlussspurt der Austrittsverhandlungen mit der Europäischen Union hat die britische Premierministerin Theresa May den immer lauter werdenden Forderungen in ihrem Land nach einem zweiten Brexit-Referendum eine klare Absage erteilt. "Die Frage noch mal komplett neu zu stellen wäre ein Betrug im großen Stil an unserer Demokratie", schrieb May in einem Gastbeitrag in der Zeitung "Sunday Telegraph". Zuletzt hatten sich selbst Abgeordnete aus Mays Conservative Party für ein erneutes Referendum ausgesprochen, sollte das britische Parlament das Ergebnis der Austrittsverhandlungen mit Brüssel ablehnen.

Eine Gruppe proeuropäischer Oppositionspolitiker versucht, das Thema beim Labour-Parteitag Ende September auf die Tagesordnung zu bringen. Bislang lehnen die Spitzen beider großer Parteien eine zweite Volksabstimmung grundsätzlich ab. Umfragen deuten aber darauf hin, dass es in der Bevölkerung unter Umständen eine Mehrheit für ein weiteres Referendum geben könnte.

Bisher ist nicht einmal klar, ob rechtzeitig bis zum EU-Austritt am 29. März 2019 ein Abkommen zustande kommt, über das abgestimmt werden könnte. Die Verhandlungen gehen nur schleppend voran. Damit droht ein Austritt ohne Abkommen - mit schwerwiegenden Konsequenzen.

Notfallplan für No-Deal Brexit

02:18

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Kein Terminaufschub

Das Austrittsdatum noch einmal zu verschieben, kommt für den EU-Chefunterhändler Michel Barnier aber nicht in Frage. "Wir brauchen nicht mehr Zeit. Was wir brauchen, sind politische Entscheidungen", sagte der frühere französische Außenminister und EU-Kommissar der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Die Gespräche müssten bis Mitte November abgeschlossen werden. Ursprünglich hatten beide Seiten eine Einigung bis zum regulären Europäischen Rat angestrebt, der Mitte Oktober stattfinden soll, damit genug Zeit bleibt, ein Abkommen zu ratifizieren. Sollten die Gespräche bis Mitte November verlängert werden, wird ein EU-Sondergipfel nötig, damit das Abkommen termingerecht wirksam wird.

Sollte Großbritannien ohne Abkommen ausscheiden, würden für den Warenverkehr von und nach Großbritannien Zölle anfallen. Die Kontrollen könnten den Grenzverkehr am Ärmelkanal lahmlegen. Besonders heikel wären Schlagbäume zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Republik Irland. Die Spannungen in der Ex-Bürgerkriegsregion könnten wieder aufflammen. Auch die rechtlichen Grundlagen zum Beispiel für Flüge zwischen Großbritannien und dem Kontinent oder die Auszahlung privater Renten würden wegfallen.

Gibt sich kämpferisch: Theresa May (Archivbild)Bild: Getty Images/I. Forsyth

Wertschöpfungsketten brexitsicher machen

Angesichts der schleppenden Verhandlungen forderte Barnier Unternehmen in der EU auf, ihre Vorbereitungen für den Brexit zu beschleunigen, einen geordneten wie einen ungeordneten. "Im Transportsektor und bei den Wertschöpfungsketten zwischen dem Vereinigten Königreich und der restlichen Europäischen Union muss noch mehr getan werden."

Auch May betonte, es sei wichtig, für einen Brexit ohne Abkommen Vorsorge zu treffen. Dennoch sei sie optimistisch, dass es auf Grundlage der britischen Vorschläge zu einer Einigung kommen werde. "Wir wollen mit einem guten Abkommen austreten und wir sind zuversichtlich, dass wir eines erreichen können", betonte sie.

Vorbild Norwegen?

Die britische Regierung fordert ein für ihr Land maßgeschneidertes Abkommen mit privilegiertem Zugang zum EU-Binnenmarkt für einzelne Branchen. Die EU bietet dagegen nur ein herkömmliches Freihandelsabkommen an. Barnier erteilte Mays Plänen eine Absage. Er sagte, die EU biete Großbritannien einen Freihandelsvertrag an, wie er mit Kanada oder Südkorea geschlossen worden sei. Auch eine weitergehende wirtschaftliche Bindung sei möglich: "Sie könnten im Binnenmarkt bleiben, wie Norwegen, das auch kein EU-Mitglied ist - allerdings müssten sie dann auch alle damit verbundenen Regeln und Beitrittszahlungen zur europäischen Solidarität übernehmen."

Er verstärkt den Druck auf London: EU-Unterhändler Michel BarnierBild: Reuters/Y. Herman

Barnier erklärte weiter, würde man den Briten einen privilegierten Zugang zum Binnenmarkt gewähren, führe dies zu einem "unfairen Wettbewerb". Er lehnte es auch ab, dass sich London nur einzelne Teile des Marktes herauspicken wolle. "Das wäre das Ende des Binnenmarkts und des europäischen Projekts", unterstrich Barnier.

May machte deutlich, sie werde bei ihrem Plan keine Kompromisse eingehen, die nicht im nationalen Interesse ihres Landes lägen. Der auf dem Landsitz Chequers von ihrem Kabinett vereinbarte Plan sei "ein guter Deal für Großbritannien". Einer der zentralen Punkte der Einigung von Chequers ist die Forderung nach einer Freihandelszone für Güter und Agrarprodukte. Ein freier Personenverkehr wird dagegen abgelehnt. Auch im Dienstleistungs- und Finanzsektor will London ausscheren.

kle/ie (dpa, rtr, afp)

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