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Politik

Mazedonen und Griechen - Im Namensstreit vereint

3. Februar 2018

An diesem Sonntag wollen Hunderttausende vor dem Parlament in Athen gegen einen Kompromiss in der "Mazedonien-Frage" demonstrieren. Kehrt der Nationalismus nach Griechenland zurück?

Flaggen von Griechenland und Mazedonien
Der Namensstreit zwischen Griechenland und Mazedonien dauert schon Jahrzehnte anBild: Colourbox

Es war die größte Demonstration der griechischen Nachkriegsgeschichte: Über eine Million Menschen kamen im Februar 1992 in Thessaloniki zusammen, um gegen einen bevorstehenden Kompromiss im Namensstreit mit der Republik Mazedonien zu protestieren. Daraufhin kam es zu einer Regierungskrise in Athen: Der damalige konservative Premier Konstantin Mitsotakis entließ seinen als Hardliner bekannten Außenminister Antonis Samaras, musste aber auch selbst zurücktreten.

Sein Nachfolger Andreas Papandreou zeigte sich unnachgiebig und verhängte vorübergehend ein Handelsembargo gegen die Nachbarn. Heute noch pocht Athen auf der Forderung, der Nachbarstaat müsse seinen verfassungsrechtlich verankerten Namen "Republik Mazedonien" ändern. Die Griechen beanspruchen den Namen Mazedonien als Teil ihres eigenen historischen Erbes und befürchten außerdem Gebietsansprüche auf ihre gleichnamige Provinz.

Auf der Suche nach einem Kompromiss

Von der starren Ablehnung sind die Griechen inzwischen abgerückt. Seit einiger Zeit wird akzeptiert, dass der Nachbarstaat einen Namen pflegt, der das Adjektiv "mazedonisch" enthält. Daran will der linke Premier Alexis Tsipras anknüpfen. Nach einer Verhandlungsrunde unter UN-Vermittlung wurde bekannt, dass die Regierenden in Athen dem Kompromiss-Namen "Gorna Makedonija" (Oberes Mazedonien) zustimmen.

Großkonflikt um einen Namen: Nationalistische Griechen demonstrieren in Thessaloniki im Namensstreit mit MazedonienBild: Reuters/A. Avramidis

Doch nun melden sich die Demonstranten zurück: Ende Januar kam es zu einer Protestkundgebung in Thessaloniki, am Sonntag ist die Hauptstadt Athen an der Reihe. Als Veranstalter fungiert eine Initiative namens "Makedonische Verbände", die für sich reklamiert, das Brauchtum der griechischen Region Makedonien zu pflegen. "Es wird eine patriotische Kundgebung, der Name Makedonien steht nicht zur Verhandlung", mahnt deren Vertreterin Georgia Bitakou im TV-Interview.

Nationalisten werden toleriert

Politikwissenschaftler Levteris Koussoulis glaubt, dass Wiederaufflammen der Demonstrationen sei typisch für einen Teil der griechischen Gesellschaft, der zwischen Stillstand und Leidenschaft erstarrt sei. "So manche in diesem Land fühlen sich mit der Geschichte in sonderbar rückständiger Weise verbunden. Sie bleiben in der Vergangenheit verhaftet und verstehen nicht, dass die Welt weitergeht", moniert Koussoulis im Gespräch mit der DW.

Kopfzerbrechen bereitet nicht zuletzt die mögliche Teilnahme von Rechtspopulisten und Nationalisten an der Kundgebung. Abgeordnete der rechtsextremen Partei Goldene Morgenröte gingen bereits in Thessaloniki auf die Straße, hielten sich jedoch mit politischen Äußerungen zurück. Auf die Frage, ob die Goldene Morgenröte auch in Athen toleriert würde, erklärte Veranstalterin Bitakou, die Kundgebung sei für alle offen, die ihre Heimat "verteidigen" wollen.

Mehr noch als die Nazi-Partei suchen diverse Rechtspopulisten und selbsternannte Patrioten das Rampenlicht. Wie etwa Kyriakos Velopoulos, einst Abgeordneter der rechtspopulistischen LAOS-Partei und seit kurzem Chef der russlandfreundlichen Bewegung "Griechische Lösung". Auch er geht am Sonntag auf die Straße. Begründung: "Die Amerikaner wollen ein Protektorat nördlich von Griechenland, nur um die russischen Interessen in Schach zu halten", sagte er im TV-Sender Skai. Im Streit mit dem Nachbarland gäbe es nur zwei mögliche Lösungen, fügte er hinzu: Entweder werde kein Kompromissname akzeptiert oder Griechenland strebe nach einer gemeinsamen Grenze mit Serbien. Auf die Frage der Journalisten, ob er tatsächlich deswegen Krieg führen wolle, antwortete Velopoulos: "Natürlich nicht, es gibt ja auch den Wirtschaftskrieg".

Für Irritationen sorgt der rechtspopulistische Verteidigungsminister Panos Kamenos, der einen Kompromiss im Namensstreit ablehnt, aber derzeit die Ereignisse ungewöhnlich schweigsam verfolgt. Er selbst sei außer Landes am Sonntag und könne bei der Demo nicht mitmachen, doch er habe seine Familie ermutigt hinzugehen, sagte er. Seine Parteianhänger würden als "einfache Bürger" mitmachen, fügte er hinzu. Als Juniorpartner unter Tsipras steckt Kamenos in der Zwickmühle: Bleibt er unnachgiebig, wird die knappe Parlamentsmehrheit der Koalition gefährdet. Setzt er auf Kompromiss, wird sein eigenes Publikum enttäuscht sein.    

Unter der Vermittlung der UNO: Matthew Nimetz ist der UNO-Sonderbeauftragte im Namensstreit zwischen Mazedonien und GriechenlandBild: DW/Petr Stojanovski

Ventil für den Volkszorn

Immerhin sind die Veranstalter darauf bedacht, am Sonntag keinen bekennenden Rechten ans Podium zu lassen. Bisher angekündigte Hauptredner sind der Verfassungsrechtler Jorgos Kassimatis, sowie Komponist Mikis Theodorakis. In einer öffentlichen Stellungnahme warnte das Linken-Idol neulich vor einem Zurückrudern im Namensstreit. "Die Erinnerung an Jugoslawien ist frisch, unser Land wird das nächste Opfer sein", erklärte Theodorakis, der in jüngster Zeit nicht zuletzt durch antisemitische Äußerungen aufgefallen war. Dass er mit 92 Jahren bei einer patriotischen Kundgebung eingespannt wird, nehmen einige Kommentatoren mit Befremden zur Kenntnis.

Politikwissenschaftler Koussoulis glaubt jedenfalls nicht, dass am Sonntag eine rein nationalistische Veranstaltung zustande kommt. "Diese Protestbewegung hat eine nationalistische Wurzel, doch sie wird von vielen Menschen auf verschiedene Weise unterstützt und interpretiert - nicht zuletzt auch als ein Vehikel des Protestes gegen die Regierungspolitik insgesamt", meint der Analyst. Die Mazedonien-Frage als Ventil für den Volkszorn gegen Linkspremier Tsipras? Auch das scheint es zu geben. "Am Sonntag bin ich dabei, weil ich gegen die Regierungspolitik protestieren will", erklärt der konservative Radiomoderator Ares Portosalte. Oppositionsführer Kyriakos Mitsotakis lehnt sich nicht so weit aus dem Fenster und erklärt, jeder solle selbst entscheiden, ob er am Sonntag demonstrieren geht oder nicht. Ob er selbst mitmache, lässt der Konservativen-Chef offen.

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