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Politik

Mazedonien vor "historischer Entscheidung"

30. September 2018

Mazedonien stimmt in einem umstrittenen Referendum über einen neuen Landesnamen ab. Dabei geht es auch um Fragen der nationalen Identität und die Mitgliedschaft in NATO und EU. Aus Skopje berichtet Boris Georgievski.

Reportage Mazedonisches Referendum
Bild: DW/D. Tosidis

Risto Mijakovski sitzt in einem Zelt in einem kleinen Park vor dem mazedonischen Parlamentsgebäude in Skopje. Er ist eigentlich Maler. Im Moment setzt er sich als Mitglied der Bewegung Bojkotiram (Boykott) dafür ein, dass die "Republik Mazedonien" erhalten bleibt, wie er sagt. "Indem sie unseren Namen ändern, wollen sie die mazedonische Nation komplett auslöschen. Wir verlieren unsere Identität, unsere Sprache, einfach alles", sagt er der DW.

Die Debatte darüber, welchen Namen das Land tragen soll, schwelt schon seit der Unabhängigkeit im Jahr 1991. Jetzt erreicht sie ihren Höhepunkt: Die Bürger Mazedoniens, eines der jüngsten Länder Europas, stimmen darüber ab, den Namen der früheren jugoslawischen Teilrepublik in "Nord-Mazedonien" zu ändern.

Jahrzehntelanger Streit

Umfragen zeigen, dass die Mehrheit der Mazedonier für eine Änderung des Namens stimmen wollen. Aber so wie Risto Mijakovski versuchen immer mehr Wähler, die Abstimmung zu stören, und boykottieren das Referendum. Sie hoffen, dass die nötige Beteiligung von 50 Prozent nicht erreicht wird und die Abstimmung für ungültig erklärt wird.

Risto Mijakovski vor seinem Protestzelt am Parlament in SkopjeBild: DW/BGeorgievski

Sollten die Wähler sich dafür entscheiden, ein "Nord" an ihren Landesnamen zu hängen, könnte das Türen öffnen zur Mitgliedschaft in der NATO und der EU. Sollten sie die Änderung ablehnen, hätte das verheerende Folgen für Mazedonien, eines der ärmesten Länder Europas.

Griechenland und Mazedonien haben im Juni ein Abkommen unterzeichnet. Damit beendeten die beiden Länder einen langanhaltenden Streit, Anlass dafür ist eine Region im Norden Griechenlands, die ebenfalls den Namen "Mazedonien" trägt. Griechenland befürchtete, das kleine Nachbarland könne wegen des identischen Namens eines Tages Gebietsansprüche stellen. Mazedoniens Premierminister stimmte zu, den Namen seines Landes in "Nord-Mazedonien" zu ändern. Im Gegenzug versprach sein griechischer Kollege Alexis Tsipras, nicht länger gegen eine Mitgliedschaft Mazedonies in NATO und EU zu stimmen.

Eine historische Chance

Die Regierung in Skopje betont, das Abkommen würde nicht die Identität Mazedonies bedrohen. Vielmehr würde es das Land auf internationaler Ebene stärken. Führende Politiker aus Europa und den USA haben Mazedonien besucht, um die Regierung zu unterstützen - darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Verteidigungsminister James Mattis. "Historische Chancen" würden sich nicht alle Tage ergeben, sagte Kanzlerin Merkel bei einer Pressekonferenz mit dem mazedonischen Premierminister Zoran Zaev. Das Referendum sei eine Gelegenheit, die es in jeder Generation nur einmal gebe.

Der mazedonische Premier Zaev und sein griechischer Kollege Tsipras nach der Unterzeichnung des AbkommensBild: DW/D. Tosidis

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte bei seinem Besuch in Skopje, der mazedonische Verteidigungsminister könne im Falle eines positiven Ausgangs des Referendums schon im Februar an einem Tisch mit den anderen NATO-Mitgliedern sitzen. Johannes Hahn, Erweiterungskommissar der EU, warnte, Mazedonien würde diese Möglichkeit über Jahrzehnte oder sogar nie wieder erhalten, sollte das Land sie jetzt nicht nutzen.

Risiko Wahlbeteiligung

Ein Diplomat, der im Gespräch mit der Deutschen Welle anonym bleiben wollte, sagt, die EU und die USA würden Zaev und die Regierung unterstützen - aber nur solange das Referendum eine klare Mehrheit für das Abkommen mit Griechenland bringe. Die Haltung von Premierminister Zaev und anderen Ministern zu einer möglichen niedrigen Wahlbeteiligung hatte sich zuletzt geändert. "Ob das Referendum Erfolg hat, entscheiden die, die wählen gehen. Wer nicht wählt, hat keine Bedeutung", sagte Zaev bei einer Pressekonferenz. 

Hristijan Mickoski, Anführer der größten Oppositionspartei VMRO-DPMNE hat das Abkommen als "Verrat" bezeichnet. Aber aus Angst, die Unterstützung der EU und der USA zu verlieren, möchte Mickoski offiziell kein Teil der Boykott-Bewegung sein. "Das Abkommen über die Änderung unseres Landesnamens ist schädlich und sollte abgelehnt werden. Es steht gegen die nationalen Interessen Mazedonies und gegen den Staat selbst", sagte er bei einer Wahlkampfveranstaltung.

Mazedonien: Neuer Name?

03:32

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Die letzte Hürde

Auch nach der Abstimmung müssen die Befürworter des Referendums noch eine große Hürde überwinden. Die Regierung braucht eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament, um das Abkommen mit Griechenland anzuerkennen und die Verfassung zu ändern. Das wird ohne die Unterstützung der VMRO-DPMNE nicht möglich sein.

Eine Quelle innerhalb der mazedonischen Regierung sagte im Gespräch mit der DW, die Regierung hoffe auf eine Kombination aus einem positiven Referendum und internationalem Druck. So könnten eventuell einige Abgeordnete der Opposition umgestimmt werden.

Für Risto Mijakovski und die Boykott-Kampagne wäre das nicht zumutbar: "Nur das Volk kann über diese Frage entscheiden", sagt er der DW. Mijakovski habt bereits entschieden, das er nicht abstimmen wird und hofft, dass das Referendum scheitern wird. Er will erst einmal in seinem Zelt bleiben - solange, bis "Mazedoniens Name sicher ist."

Boris Georgievski Boris Georgievski leitet die mazedonische Redaktion von Deutsche Welle.
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