Medien: Fast alle Kirchenasylfälle abgelehnt
8. Juni 2019Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gab von Januar bis Ende April 2019 in nur zwei von 147 Fällen dem Ersuchen von Kirchengemeinden statt, ein Asylverfahren in Deutschland zu führen, obwohl laut EU-Regelung eigentlich ein anderer europäischer Staat zuständig gewesen wäre. Nach einem Bericht der Zeitungen der Funke-Mediengruppe lehnte das Amt demnach 145 Anträge von Menschen in Kirchenasyl ab. Somit seien nur 1,4 Prozent aller Fälle als besondere Härtefälle anerkannt worden, in denen das Asylverfahren dann von Deutschland übernommen worden sei, heißt es in dem Bericht, der sich auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag bezieht.
2018 folgte das Amt nach Angaben der Bundesregierung noch in fast zwölf Prozent der Fälle einem entsprechenden Ersuchen einer Kirchengemeinde. Laut einem Offenen Brief der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft "Asyl in der Kirche" betrug die Quote der anerkannten Fälle von Kirchenasyl durch das BAMF 2015 und 2016 sogar noch bei 80 Prozent.
Insgesamt lag die Zahl der gemeldeten Fälle von Kirchenasyl laut Bundesregierung in den ersten vier Monaten 2019 bei 250. Im gesamten Jahr 2018 waren es 1.521 Fälle. Kirchen wählen Geflüchtete mit besonders brisanten Lebenslagen aus und gewähren ihnen in den Gemeinden Schutz. Mit einer eigenen Stellungnahme zu den "Härtefällen" wendet sich die Kirche dann an das BAMF zur erneuten Übernahmeprüfung.
Linke rügt den "Abschiebewahn"
Die Innenexpertin der Linken, Ulla Jelpke, kritisierte die Entscheidungspraxis des Amtes und sagte: "Diese Hartherzigkeit ist unerträglich. Ich fordere das BAMF auf, zu einem verständigen und sorgsamen Verfahren zurückzukehren", sagte Jelpke. "Es kann nicht sein, dass humanitäre Grundsätze dem um sich greifenden Abschiebewahn geopfert werden."
Beim Kirchenasyl werden Flüchtlinge ohne legalen Aufenthaltsstatus von Kirchengemeinden zeitlich befristet beherbergt. Ziel ist, in Härtefällen eine unmittelbar drohende Abschiebung in eine gefährliche oder sozial unzumutbare Situation zu verhindern und eine erneute Prüfung des Falles zu erreichen. Der Aufenthaltsort der Flüchtlinge wird den Behörden gemeldet. Meistens soll beim Kirchenasyl die Rückführung in ein anderes EU-Land verhindert werden, das für das Asylverfahren zuständig wäre, in dem den Betroffenen aber Obdachlosigkeit, mangelnde Versorgung oder die Abschiebung in ihr Herkunftsland drohen.
Kirchenasylgemeinden sehen die Hilfe für Flüchtlinge als christliche Beistandspflicht an, die in der Bibel geboten werde. Von den Behörden wird die Praxis des Kirchenasyls als Ausnahme in seltenen Fällen weitgehend geduldet. Die Kirchen sind aber kein rechtsfreier Raum, der Staat kann also jederzeit die Abschiebung vollziehen.
kle/ml (epd, kna, dpa)