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Medien in Rumänien

11. Dezember 2003

- Weiter Weg zur Demokratie

Bonn, 10.12.2003, DW-RADIO, Petra Tabeling

Rumäniens Medienlandschaft ist noch relativ jung. Erst nach dem Sturz des Diktators Ceausescu im Jahre 1989 hat sich eine Pressevielfalt etablieren können. Gab es unter dem kommunistischen Regime nur drei nationale Zeitungen und einen Staatskanal, so sind heute mehrere hundert Zeitungen, Radio- und Fernsehsender auf dem Markt. Für Rumänen war die plötzliche Medienflut eine der größten Errungenschaften nach 1989. Doch auch unter der derzeitigen sozial-demokratischen Regierung von Ministerpräsident Adrian Nastase ist Pressefreiheit ein dehnbarer Begriff. Denn wer investigativ über Korruption und Wirtschaftskriminalität berichtet, wird nicht selten massiv in seiner Arbeit behindert.

Das Pressehaus in Bukarest ist unübersehbar: Das riesige weiße Gebäude im kommunistischen Zuckerbäckerstil - eine Kopie der Moskauer Lomonossow-Universität - war schon früher Sitz des Zentralorgans der KP und anderer gleichgeschalteter Printmedien. Heute ist immer noch ein großer Teil der rumänischen Presse in dem Haus untergebracht.

Auch die "Allgemeine Deutsche Zeitung" (ADZ) hat hier ihr Büro. Die überregionale deutschsprachige Tageszeitung wurde 1949 unter dem Namen "Neuer Weg" gegründet, um über die deutsche Minderheit in Rumänien zu berichten. Chefredakteur Emmerich Reichrath weiß noch genau, wie es war unter Ceausescus Regime zu arbeiten:

"So wie in der DDR. Es gab die Pressezensur, das heißt der Zensor saß in der Redaktion und hat parallel zum Redakteur im Dienst die Korrekturfahnen gelesen und seine Bemerkungen gemacht. Vor allem aber war die Presse völlig gleichgeschaltet. Sie unterlag den Anweisungen der Presse- und Propagandaabteilung des Zentralkomitees der kommunistischen Partei."

Da die Partei-Funktionäre jedoch nicht immer deutsch beherrschten, wurden nur die Bilder zensiert, denn auch Ceausescu bekam die Zeitung auf seinen Tisch. Und der kommunistische Machthaber war ein eitler Mann:

"Sie können sich nicht vorstellen, was für Kunststücke die Retoucheure damals ohne Computer mit diesen Fotos angestellt haben. Da wurde gezeichnet, und geschnibbelt und kopiert. Es war nämlich so, der Ceausescu war klein von Wuchs, aber er durfte auf dem Foto nicht kleiner sein als de Gaulle."

Heute, 14 Jahre nach dem Tod des rumänischen Diktators, hat sich eine vielfältige Medienszene entwickeln können. Doch eines beunruhigt Reichrath - die Einflussnahme der Wirtschaft über die Verleger und Herausgeber und somit auch auf ihre Redakteure:

"Es kann ihnen hierzulande als Zeitungsverlag viel unverblümter als anderswo in der Welt ins Gesicht gesagt werden: wenn ihr bös schreibt über unser Unternehmen, dann kriegt ihr keinen Werbeauftrag mehr von uns."

Stefan Candea ist einer dieser Journalisten, die über die Verflechtungen berichten. Der 23jährige ehemalige Redakteur verließ seine Zeitung, weil seine Artikel vom Herausgeber zurückgehalten wurden:

"Ich habe an einer großen Geschichte über lokale Korruption in der Regierung recherchiert, aber ich konnte sie nicht veröffentlichen, monatelang. Wir haben später herausgefunden, dass die Zeitung in dieser Sache von der staatlichen Werbung abhängig war."

Um unabhängig arbeiten zu können, gründete Candea Anfang 2002 das rumänische Zentrum für investigativen Journalismus in Bukarest. Für Recherchen über den Menschenhandel auf dem Balkan hat er auch Netzwerke zu anderen osteuropäischen Journalisten geschlossen. Unbequem wird es allerdings auch, wenn kritisch über ranghohe Politiker wie Ministerpräsident Nastase berichtet wird. Wegen eines Artikels über dessen Besitztümer und angebliche Verstrickungen in Korruption wurden zwei Personen festgenommen.

Eine Aktion, die nur möglich war unter einer Strafgesetzgebung, die Mircea Toma sehr beunruhigt. Toma ist Leiter der "Media Monitorring Agency" in Bukarest, eine unabhängige Medieninstitution, die Verstöße und Repressalien gegen Journalisten und ihre Berichterstattung beobachtet und anmahnt:

"Heute arbeiten die Journalisten unter dem latenten Druck einer Strafgesetzgebung, unter der eine Kolumne eine Beleidigung sein kann. Deswegen kann man sogar inhaftiert werden. Das sind Regeln, die schon unter Ceausescu eingeführt wurden und immer noch gelten. Die Politiker werden sich nicht ändern, wenn sie nicht dazu gedrängt werden. Die große Chance für Rumänien ist, dass sich die derzeit regierende Partei in Richtung Westen orientiert. Also muss der Westen diesen Druck ausüben." (fp)