1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Medien: Riad bereitet Erklärung vor

15. Oktober 2018

Laut CNN arbeitet Saudi-Arabien an einem Bericht, in dem vom Tod des Journalisten Khashoggi bei einem Verhör die Rede ist. Trump hält nach einem "sehr, sehr starken" Dementi aus Riad eine "Mörderbande" für schuldig.

Türkei Istanbul Konsulat Saudi-Arabien | Untersuchungen Jamal Khashoggi
Bislang war Saudi-Arabiens Konsulat in Istanbul für türkische Ermittler verschlossenBild: Getty Images/AFP/Y. Akgul

Der US-amerikanische Fernsehsender CNN beruft sich auf zwei nicht näher genannte Quellen mit der Aussage, dass Jamal Khashoggi bei einem entgleisten Verhör ums Leben kam. So soll es in der vorläufigen Fassung eines saudischen Berichts stehen. Eine Quelle wies darauf hin, dass der Bericht noch nicht fertiggestellt sei und sich noch ändern könne. Die andere Quelle sagte, der Bericht käme wahrscheinlich zu dem Schluss, dass die Operation ohne Erlaubnis von oben durchgeführt worden sei und dass die Beteiligten zur Rechenschaft gezogen würden. Die Nachrichtenagentur AP berichtete, gleichlautende Gerüchte würden in der Türkei die Runde machen.

Ob die Geschichte sich tatsächlich so zugetragen hat, kann bislang nicht bestätigt werden - sie ist jedoch vereinbar mit der Zusammenfassung, die US-Präsident Donald Trump zuletzt in Washington gegeben hatte. Nach einem Telefonat mit dem saudischen König Salman hatte Trump vor Journalisten gesagt: "Der König hat irgendeine Kenntnis davon stark zurückgewiesen." Er könne zwar Salmans Gedanken nicht lesen, aber "es klang für mich so, als ob das eine Mörderbande gewesen sein könnte. Ich meine, wer weiß das schon?", sagte Trump. "Wir werden der Sache bald auf den Grund gehen, aber das war ein glattes Dementi." Trump sagte, er habe Kenntnis vom CNN-Bericht, aber niemand wisse, ob darin von einem offiziellen Bericht gesprochen werde. Er sandte seinen Außenminister Mike Pompeo in das Königreich. Pompeo traf am Morgen in Riad ein, um Gespräche mit König Salman zu führen.

Jamal Khashoggi auf dem Weltwirtschaftsforum 2011 im schweizerischen DavosBild: picture-alliance/AP Photo/V. Mayo

Dass Khashoggi tatsächlich tot ist, ist bislang nicht offiziell bestätigt. Es gilt jedoch als höchst wahrscheinlich, und auch der US-Präsident scheint dieser Auffassung zu sein. Der regierungskritische Journalist Khashoggi hatte am 2. Oktober das Konsulat seines Heimatlands in Istanbul betreten und ist seither verschollen. Trump hatte am Wochenende angekündigt, dessen Familie treffen zu wollen und den Schuldigen an Khashoggis Tod mit "schwerer Bestrafung" gedroht. Saudi-Arabien antwortete, dass jede Handlung gegen das Königreich mit einer größeren Handlung vergolten werde.

Kanada fordert transparente Untersuchung

In den Chor der westlichen Länder, die auf die gründliche Aufklärung des Falles dringen, stimmt nun auch Kanada ein: Außenministerin Chrystia Freeland sagte nach einem Telefonat mit ihrem saudischen Amtskollegen Adel al-Jubeir: "Ich habe Kanadas tiefe Besorgnis ausgedrückt und um eine gründliche, transparente und glaubhafte Untersuchung ersucht. Ich habe betont, dass die Täter zur Verantwortung gezogen werden müssen." Sie habe sich eng mit den Partnern in G7 und NATO abgestimmt. Am Sonntag hatten Deutschland, Frankreich und Großbritannien in einer gemeinsamen Erklärung Saudi-Arabien zur Aufklärung aufgefordert.

Chrystia Freeland hatte im August schon einmal Standfestigkeit gegenüber Saudi-Arabien bewiesen, als sie nicht bereit war, einen Tweet zurückzunehmen, in dem sie zunehmende Inhaftierungen von Frauenrechtlern in dem Golfstaat kritisiert hatte. Zwischenzeitlich strich Saudi-Arabien Flugverbindungen nach Kanada, schränkte Handelsbeziehungen ein und wies den kanadischen Botschafter aus. Auch mit Deutschland lagen die Saudis ein knappes Jahr lang im Clinch, bis Außenminister Heiko Maas und sein Kollege al-Jubeir den Streit bei der UN-Vollversammlung beilegten.

Türkische Polizei-Forensiker bei ihrer Ankunft im saudi-arabischen Konsulat in IstanbulBild: Reuters/M. Sezer

Konsulat durchsucht

In Istanbul durfte derweil erstmals ein türkisches Forensik-Spezialteam das saudische Konsulat betreten. Damit löste das Königreich ein Versprechen ein, das es bereits vergangene Woche gegeben hatte. Staatsnahe türkische Medien hatten zuvor mehrfach Details aus Geheimdienstermittlungen öffentlich gemacht, die Saudi-Arabien unter Zugzwang brachten: Sie zeigten ein angebliches saudisches Killerkommando, das am 2. Oktober, dem Tag von Khashoggis Verschwinden, mutmaßlich für wenige Stunden in Istanbul war. Wenige Tage später war die Rede von Audio- und möglicherweise auch Videoaufnahmen, die bewiesen, dass Khashoggi im Konsulat gefoltert worden sei. Der saudische Journalist, der in mehreren Kolumnen Kritik am saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman geübt hatte, wollte am 2. Oktober Unterlagen für seine bevorstehende Hochzeit auf dem Konsulat seines Heimatlandes abholen.

Absagen fürs "Wüsten-Davos"

Die schweren Vorwürfe gegen Saudi-Arabien gefährden zunehmend die Wirtschaftspolitik des Kronprinzen Mohammed bin Salman, der das Königreich als attraktives Ziel für ausländische Investitionen anpreist. Die Landeswährung ist auf dem tiefsten Stand seit zwei Jahren angelangt. Auch die Börse war zwischenzeitlich auf einer rasanten Talfahrt, fing sich jedoch am Montag, als der wichtigste Index, der Tadawul All-Shares Index, wieder um vier Prozent zulegte und so annähernd die Verluste des Vortags ausglich.

Der Fall Khashoggi belastet auch das für Ende Oktober geplante Wirtschaftstreffen "Wüsten-Davos", zu dem bin Salman eingeladen hatte. Nach mehreren Sponsoren und Medienpartnern sagen nun zunehmend auch Konzernchefs ab: Der Internetgigant Google teilte mit, dass Diane Greene, Geschäftsführerin des Online-Speicherdiensts "Google Cloud" nicht nach Riad reisen wolle. Auch BlackRock-Chef Larry Fink und Blackstone-Chef Stephen Schwarzman gaben am Montag bekannt, dem Treffen fernzubleiben. Zuvor hatte der Chef des Fahrdienst-Vermittlers Uber, Dara Khosrowshahi seine Teilnahme an den Treffen vorläufig abgesagt - obwohl der saudische Staatsfonds sein Unternehmen mit finanziert. US-Finanzminister Steven Mnuchin hat seine Pläne "bisher" nicht geändert, gerät jedoch innerhalb der republikanischen Partei unter Druck, die Teilnahme zu überdenken. IWF-Chefin Christine Lagarde und Siemens-Chef Joe Kaeser beobachten zwar die Entwicklungen, haben ihre Teilnahme bislang jedoch bekräftigt.

ehl/qu (rtr, afp, ap, cnn, dpa)