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Medien zwischen Krieg und Frieden

5. April 2003

Ist Friedensjournalismus, wenn es ihn je gegeben hat, das erste Opfer von Kriegsjournalismus? Sind die Medien willfährige Mittler von Kriegsdenken und Kriegshandeln?

"Wir schalten zu unserem Reporter nach Bagdad - wie ist die Lage?" - Da steht er dann, berichtet von Raketeneinschlägen, der Stimmung im Volke und der Angst vor der nächsten Bombennacht. Im Hintergrund: das irakische Informationsministerium. Dann: ruckelnde Bilder von der Front. Ein amerikanischer Journalist sagt mit atemloser Stimme, er könne zwar nicht sagen, wo er gerade sei, aber es gebe heftige Kämpfe. "Embedded journalist" heißt das neue Schlagwort - Reporter, die die alliierten Truppen begleiten um zu berichten, was sie berichten dürfen.

Ringen um Worte und Bilder

Auch für den Irak-Krieg gilt die ewige Frage: Was darf, soll, muss in den Medien gezeigt werden, was nicht? Und: Wie können die Medien verhindern, dass sie von der einen oder anderen Seite für Propaganda-Zwecke missbraucht werden?

Auch Hörfunk und Zeitungen ringen um Worte: Was die USA und ihre Verbündeten im Irak treiben, ist das eine "militärische Aktion" - das klingt doch zu verharmlosend! - oder ein "völkerrechtswidriger Krieg" - sehr juristisch! - oder eine "Aggression" - ist das nicht irakische Propaganda? - oder gar ein "Kreuzzug", wie George Bush zu sagen pflegt???

Wachsamkeit ist geboten

Auch Personen beim richtigen Namen zu nennen ist schwierig: Wenn man von "Saddam" spricht - ist das nicht schon despektierlich? Ließe es sich Bush gefallen, wenn man ihn nur "George W." nennen würde? Und ist es korrekt, Saddam Hussein ständig als "Diktator" zu titulieren? Ist er nicht ebenso "Präsident" wie auch sein Konterpart in Washington? Sicher, Saddam Hussein ist ein Diktator. Aber muss man dann nicht auch Verteidigungsminister Rumsfeld einen "Kriegsminister" nennen?

"Medien zwischen Krieg und Frieden" - dieses Buch ist nicht nur für grübelnde Redakteure lesenswert. Die Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung richtet sich damit auch an die Medien-Konsumenten: Wer Fernseh-Nachrichten schaut, Radio hört oder Zeitung liest, sollte wachsam sein, sensibel für versteckte Manipulation.

Medien und Friedensforschung

Dass besonders mit Film-Material die Krisen-Berichterstattung manipuliert wird, zeigen die Herausgeber des Kompendiums in zwei Fallstudien: Kosovo-Krieg und 11. September. Im Falle Kosovo haben sich mehrere - ansonsten zu Recht kritische - Autoren dann leider selbst von Propaganda irreführen lassen - und zwar von der Gegenpropaganda zweier deutscher Filmemacher: In ihrem Dokumentar-Streifen "Es begann mit einer Lüge", der dem Verteidigungsministerium in Berlin gezielte Falschdarstellungen nachzuweisen versucht, sind den Autoren selbst Manipulationen nachgewiesen worden. Das aber wird im Buch an keiner Stelle auch nur andeutungsweise erwähnt.

Umso interessanter sind hingegen die Überlegungen, was die Medien aus der Friedensforschung lernen können. Diskussionsstoff bietet hier vor allem der Artikel von Theodor Ebert, der für die Berichterstattung die - wie er es nennt - "poetische Methode" vorschlägt. Fazit: ein wichtiges, hochaktuelles und - abgesehen von einigen wenigen Schwächen - sehr lesenswertes Buch.

Rezension: Klaus Dahmann

Bibliografische Angaben:
Ulrich Albrecht / Jörg Becker (Hrsg.)
Medien zwischen Krieg und Frieden
Nomos, 2002
3-7890-7903-0
25.00 Euro

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